Corona-Krise und Flüge: Gutscheine statt Rückzahlungen? Unser Tipp

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Unheil für Fluggäste am Horizont: Das „Corona-Kabinett“ will bei annullierten Flügen Gutscheine statt Rückzahlung einführen.

Werden Flüge wegen Corona gestrichen, muss die Airline den Preis erstatten. Doch Kunden laufen mit ihren Forderungen oftmals gegen eine Wand. Zehntausende Anträge bleiben anscheinend unbearbeitet liegen. Bund und EU wollen das Problem lösen – doch das könnte die Verbraucher hart treffen.

Bisher kundenfreundliche Rechtslage bei Flugannullierungen

Bisher konnten sich Fluggäste darauf verlassen, dass sie bei Annullierung ihres Fluges zumindest den Ticketpreis zurückbekommen.

Die sog. EU-Fluggastrechteverordnung sagt klipp und klar, dass bei einer Flugannullierung der volle Ticketpreis innerhalb von sieben Tagen erstattet werden muss. Die Fluggesellschaft kann zwar auch einen Gutschein anbieten, man muss diesen aber nicht akzeptieren.

Das gilt auch dann, wenn Flüge massenhaft wegen Corona abgesagt werden müssen. Und auch dann, wenn eine Welle von Erstattungsanträge über die Airlines hereinbrechen. Dabei wird schon davon berichtet, dass „nahezu alle Fluggesellschaften sehr zurückhaltend agieren und für die Kunden kaum mehr erreichbar sind“. Am Ende werde versucht, „die Rückzahlungsdauer massiv in die Länge zu ziehen“, zuweilen auch mit Verweis auf „technische Probleme“.

Rettungsaktion auf dem Rücken der Kunden

Jetzt aber wackelt dieser Kundenschutz gewaltig. Das sog. „Corona-Kabinett“ der Bundesregierung hat am 02.04.2020 einen Beschluss für eine Gutscheinlösung u. a. für Flugtickets gefasst.

Danach ist geplant, dass Ticketkäufer bei Pandemie-bedingten Absagen von vor dem 08.03.2020 gebuchten Flügen erst einmal nicht das Geld zurückverlangen können, sondern sich mit Gutscheinen zufriedengeben müssen. Wie das Bundesjustizministerium völlig zu Recht sagt, kommt dabei nur eine unionsrechtliche Lösung in Betracht.

Ziel der Bundesregierung ist es, dass die Airlines den Fluggästen anstelle der Erstattung ihres Geldes einen Gutschein geben können.  

Es soll lediglich eine Härtefallklausel geben für Fälle, in denen der Gutschein einem Buchenden unzumutbar ist. Die Gutscheine sollen bis 31.12.2021 gültig sein, danach ist dann der Ticketpreis zu erstatten.

Gravierende Folgen: Ausfallrisiko soll auf Kunden überbürdet werden

Bei diesen Regelungen handelt es sich nicht zuletzt um hart erkämpften Verbraucherschutz! Dass daher ausgerechnet das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, das beim Corona-Kabinett mit am Tisch sitzt, dies so mitträgt, verwundert dann doch.

Schließlich handelt es sich bei diesen Gutscheinen letztlich um nichts anderes als- und zwar zinslose – Kredite für die Airlines. Das Problem ist aber, dass heute noch niemand sagen kann, ob diese Ende 2021 überhaupt noch zahlungsfähig oder möglicherweise pleite sind. Es gibt auch schon Stimmen die, die davor warnen, dass die Airlines ihre Kunden dann praktisch als Hausbank missbrauchen könnten.

Die Gutscheinlösung führt also dazu, dass der Kunde komplett das Risiko trägt, am Ende kein Geld zu sehen. Wenn man dann noch bedenkt, dass just zum 01.01.2022 alle nicht eingelösten Gutscheine auf einen Schlag auszuzahlen wären, kann man sich vorstellen, was dies für die Fluggesellschaften bedeuten würde. Letztlich besteht dann die Gefahr, dass das Problem nur auf die lange Bank geschoben wird und die ohnehin gebeutelten Airlines Anfang 2022 umso mehr in Zahlungsschwierigkeiten kommen.  

Auf den ersten Blick könnte man daher meinen, dass die Gefahr, am Ende auszugehen, nicht besteht, weil im Notfalljahr der Staat einspringt. Der Pferdefuß daran ist aber, dass dieses laut Beschluss des Corona-Kabinetts ausdrücklich nur für Pauschalreisen angedacht ist. Anders als bei Pauschalreisen ist aber bei Flügen von einer Insolvenzabsicherung oder einen staatlichen Rückversicherung keine Rede. Diesen Kunden bliebe dann nicht einmal dieser Rettungsanker.

Unser Rechtstipp:

Derzeit ist die Rechtslage eindeutig: Annulliert die Airline den Flug, bekommt der Kunde sein Geld zurück und muss auch keinen Gutschein akzeptieren.

Erste Signale aus Brüssel deuten schon darauf hin, dass die EU-Kommission den Plänen der Bundesregierung nicht gerade offen gegenübersteht. Der zuständige Verbraucherschutz-Kommissar Didier Reynders hat die Airlines schon am 03.04.2020 an ihre Pflicht erinnert, die Verbraucher zu entschädigen.

Verbraucherschützer lehnen derweil den Gutschein-Zwang ab: Es ist nicht akzeptabel, dass Großkonzerne, wie TUI, Bazooka-Hilfe in Form eines 1,8-Milliarden-Euro-Kredits aus dem Corona-Hilfsprogramm erhalten und gleichzeitig Verbraucher ihre Anzahlungen für ausgefallene Reisen und Flüge nicht zurückerhalten sollen.

Ob so eine Gutscheinlösung tatsächlich kommt und wie diese dann genau aussehen würde, ist also noch völlig offen. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass die Gedankenspiele der Bundesregierung die Zahlungsbereitschaft der betroffenen Airlines nicht gerade fördern. Betroffenen Ticketkäufern kann daher nur geraten werden, nicht weiter abzuwarten und die Erstattung ihres Geldes umgehend aktiv bei ihrer Fluggesellschaft einzufordern.

Über die Kanzlei Mutschke

Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin in Fragen rund um das Coronavirus und deutschlandweit bekannt aus den Medien. Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten engagiert und kompetent u. a. in allen Fragen des Reise- und Veranstaltungsrechts, auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Die Anwälte der Kanzlei sind deutschlandweit tätig und unterstützen auch Sie in dieser schwierigen Zeit.

Gerade in der aktuellen Situation ist für Betroffene wichtig zu wissen:

Die komplette Prüfung Ihrer Angelegenheit erfolgt digital, d. h., eine persönliche Vorsprache in der Kanzlei ist nicht notwendig.

Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, für den fragen wir kostenfrei an, ob diese die Kosten der Beauftragung übernimmt.

Bleiben Sie gesund!



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