Coronavirus – Teil 3: Erste-Hilfe für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler

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5. Einnahmen vorziehen, Ausgaben zurückstellen

Unternehmen sollten ihre Kunden hinsichtlich offener Rechnungen kontaktieren und um zeitnahe Zahlung bitten. Umgekehrt sollten Unternehmen auf Skonten verzichten.

6. Kreditlinie erhöhen

Unternehmen sollten auf ihr Kreditinstitut zugehen und weitere Perspektiven bzgl. der Kreditvergabe besprechen. Angesichts der Krise könnte es sein, dass die Banken ihre Kreditlinien sogar kürzen.

7. Kündigung 

In Kleinbetrieben kann eine Kündigung auch ohne Kündigungsgrund ausgesprochen werden. Sofern der Betrieb unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, kann eine Kündigung nur aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen erfolgen.

a.) Kann der Arbeitgeber den infizierten Arbeitnehmer kündigen (personenbedingte Kündigung)?

Nein! Die Krankheit des Arbeitnehmers rechtfertigt grds. keine personenbedingte Kündigung. Eine Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn zusätzlich feststeht, dass der Arbeitnehmer für einen erheblichen Zeitraum leistungsunfähig sein wird und keine Besserung in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Insoweit trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Bei der Viruserkrankung wie Corona ist eine Leistungsunfähigkeit für eine unbestimmte Zeit nicht gegeben.

b.) Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer kündigen, wenn er seine Viruserkrankung verschweigt und weiterhin zur Arbeit kommt (verhaltensbedingte Kündigung)?

Die verhaltensbedingte Kündigung stellt das letzte Mittel (Ultima-Ratio-Prinzip) dar. Der Arbeitgeber sollte bei einem Pflichtverstoß wie diesem zunächst zu milderen Mitteln greifen. Grundsätzlich könnte man daher sagen, eine Abmahnung hat als milderes Mittel der Kündigung vorauszugehen. Einen solchen Fall hat es aber vorliegend noch gar nicht gegeben, sodass Erfahrungswerte und Rechtsprechung fehlen. Sofern der Arbeitnehmer aber in einem engen Arbeitsumfeld mit anderen Kollegen arbeitet, kann von einem erkrankten MA eine erhebliche Gefahr ausgehen. Das könnte eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

c.) Wann darf der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen?

Die betriebsbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn die bestehende Beschäftigungsmöglichkeit dauerhaft wegfällt und keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer bleiben. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitgeber.

Ob die Auswirkungen des Coronavirus zum jetzigen Zeitpunkt bereits zu einer betriebsbedingten Kündigung berechtigen, erscheint zweifelhaft. Anders sieht es aus, wenn die Umstände fortdauern und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht mit staatlichen Hilfen zu überbrücken sind.

8. Welche weiteren Verpflichtungen bestehen für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler?

Muss der Arbeitgeber trotz der Betriebsschließung das Gehalt zahlen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Gehalt des arbeitsfähigen und arbeitsbereiten Arbeitnehmers fortzuzahlen, da er das Betriebsrisiko gem. § 615 S. 3 BGB trägt. Der Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“ findet keine Anwendung. Dies gilt sowohl für den Fall einer behördlichen Anordnung als auch bei eigener Entscheidung des Arbeitgebers.

Ist dem Arbeitnehmer die Quarantäne angeordnet worden, behält er weiterhin seinen Lohnanspruch gem. § 56 Abs. 1 S. 2 IfSG.

Der Lohnanspruch entfällt dann, wenn der Arbeitnehmer selbstständig beschließt, von der Arbeit fernzubleiben.

Freiberufler und Selbstständige müssen sich an das Gesundheitsamt wenden, um eine Entschädigung für ihren Verdienstausfall zu erhalten, § 56 IfSG.

Muss der Arbeitgeber im Falle der Krankheit des Arbeitnehmers das Gehalt zahlen?

Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen, wenn er erkrankt, § 3 EFZG. Danach erhält er Krankengeld von den Krankenkassen.

Wenn der Arbeitnehmer jedoch in den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses erkrankt, zahlt die Krankenkasse für die ersten vier Wochen das Krankengeld. Danach hat der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch nach § 3 EFZG. Sollte er weiterhin erkrankt sein, hat der Arbeitnehmer erneut einen Anspruch gegen die Krankenkasse auf Zahlung des Krankengeldes.

Der Arbeitnehmer hat bei einer persönlichen Arbeitsverhinderung Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn er unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist, § 616 BGB. Allerdings kann der Arbeitgeber diesen Anspruch im Arbeitsvertrag ausschließen.

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu Homeoffice verpflichten?

Der Arbeitgeber kann nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers Homeoffice anordnen. Eine einseitige Anordnung von Homeoffice ist nicht erlaubt (siehe: Entscheidung LAG Berlin-Brandenburg v. 14.11.2018 – 17 Sa 562/18). Weigert sich ein Mitarbeiter, im Homeoffice zu arbeiten, muss der Arbeitgeber ihn von seiner Arbeitspflicht entbinden und bezahlt freistellen.

Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, wenn Mitarbeiter wegen Schul- und Kitaschließung oder Krankheit ausfallen?

Der Arbeitgeber muss die Überstunden vorher mit dem Arbeitnehmer regeln. Sie können im Individualarbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung geregelt werden.

Was wir Arbeitgebern raten: 

Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler sollten Eigeninitiative zeigen und vorausschauende Pläne entwickeln. In jedem Fall sollte Arbeitnehmer und Arbeitgeber offene Gespräche über ihren jeweiligen Bedarf führen.

Sie können über folgende Dinge nachdenken:

  1. Homeoffice erlauben
  2. Urlaubsregelungen treffen
  3. Überstunden abbauen
  4. Regelungen zur Bezahlung und Freistellung treffen
  5. Kurzarbeit einführen
  6. Anträge nach dem IfSG stellen

Gerne sind wir Ihnen als im Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei behilflich, entsprechende Regelungen umzusetzen und individuelle Lösungen in dieser schwierigen Situation zu finden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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