Darf der Arbeitgeber trotz Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen?

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Erst kürzlich hat der Bundestag einer Verlängerung der pandemiebedingten Sonderregelungen zur Kurzarbeit bis zum 30. Juni 2022 zugestimmt. Auch im Jahr 2022 bleibt die arbeitsrechtliche Relevanz der Kurzarbeit somit hoch.

Die Kurzarbeit zielt in erster Linie darauf ab, Arbeitsplätze zu erhalten. Deswegen ist es fraglich, ob ein Arbeitgeber auch während der Nutzung von Kurzarbeitergeld betriebsbedingte Kündigungen aussprechen darf. Schließlich wird durch eine betriebsbedingte Kündigung ein Arbeitsplatz abgebaut, was dem Ziel der Kurzarbeit widerspricht.

Zudem kommt der Bezug von staatlichen Leistungen in Bezug auf Kurzarbeit nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass auf absehbare Zeit wieder eine Rückkehr zur ursprünglichen regelmäßigen Arbeitszeit möglich sein wird. Dies unterscheidet sich erheblich von der Situation bei einer betriebsbedingten Kündigung. Denn eine betriebsbedingte Kündigung ist in der Regel nur dann gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt, wenn der betroffene Arbeitsplatz dauerhaft entfallen wird.

Aus diesen Gründen dürften an eine betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit hohe Anforderungen zu stellen sein. Denn durch die Anordnung von Kurzarbeit hat der Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur von einer vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit auszugehen ist. Auch in der Rechtsprechung wird angeordnete Kurzarbeit daher als ein Indiz gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf angesehen (Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10). In der Praxis bedeutet dies, dass den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess eine erhöhte Darlegungs- und Beweislast trifft.

In Einzelfällen kann jedoch auch eine betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit arbeitsrechtlich zulässig sein. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn während der Kurzarbeit neue Umstände eintreten, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers dauerhaft entgegenstehen. Ebenfalls denkbar ist die Konstellation, dass sich die ursprüngliche Erwartung eines nur vorübergehend verringerten Arbeitsaufkommens als falsch herausgestellt hat. Dies könnte z.B. aktuell dann der Fall sein, wenn sich die Konsumentengewohnheiten während der Corona-Pandemie so verändert haben, dass bestimmte Geschäftsmodelle dauerhaft nicht mehr funktionieren.

Wichtig ist zudem, dass in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen der Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen während Kurzarbeit ausgeschlossen worden sein kann. In derartigen Fällen ist eine betriebsbedingte Kündigung nicht möglich.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


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