Darf mich mein Arbeitgeber aufgrund einer Straftat im privaten Lebensbereich kündigen?

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Eigentlich sollte es meinen Arbeitgeber doch nichts angehen, was ich in meiner Freizeit so mache, auch wenn es eine Straftat ist, oder? Das Bundesarbeitsgericht hatte hierrüber am 10.4.2014 (Az. 2 AZR 684/13) zu entscheiden.

Sachverhalt:

Der Kl. war seit 2005 bei der beklagten Bundesagentur als Sachbearbeiter „Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ beschäftigt. Im Jahr 2001 war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Beihilfe hierzu verurteilt worden. Die Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt und im Jahr 2003 erlassen worden. Mit Schreiben vom 18.7.2011 teilte die StA der Bekl. unter Beifügung der Anklageschrift mit, der Kl. werde gemeinsam mit einer anderen Person beschuldigt, unerlaubten Handel mit Kokain betrieben zu haben. Am 15.8.2011 kam es zu einem Gespräch der Parteien. Der Kl. bestritt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und behauptete, weder mit Betäubungsmitteln gehandelt noch solche konsumiert zu haben. Aus der früheren Verurteilung habe er seine Lehren gezogen und alle Kontakte zum bisherigen Freundeskreis abgebrochen. Auf Grund eines weitgehenden Geständnisses wurde der Kl. am 26.1.2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Kl. die Bekl. am selben Tag in Kenntnis. Mit Schreiben vom 6.2.2012 kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Personalrats fristlos, mit Schreiben vom 28.2.2012 – nach weiterer Anhörung des Personalrats – ordentlich zum 30.6.2012. [...]

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:

Leitsatz:

Außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers können auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Ein solcher Eignungsmangel kann etwa gegeben sein, wenn das außerdienstliche strafbare Verhalten die konkrete Besorgnis begründet, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten.

Kommentar:

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zuzustimmen, da das Verhalten des Arbeitnehmers eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung (Arbeitsvertrag) in Zukunft nicht mehr erwarten lässt.

Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Er ist danach auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Dies gilt auch für eine außerdienstlich begangene Straftat (BAG 10.04.2014, Az 2 AZR 684/13).

Auch außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann zu einer Verhaltensbedingten Kündigung führen, da der Arbeitnehmer auch in diesem Fall gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat. Eine arbeitsvertragliche Pflicht ist dabei die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 241 Absatz 2 BGB. Auch strafbares außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Sie können dazu führen, dass es ihm – abhängig von seiner Funktion – an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt.

Insoweit ist für Arbeitnehmer auch im außerdienstlichen Bereich Vorsicht geboten. Eine Straftat kann eine Kündigung nach sich ziehen.


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