Der Waffenbesitzer vor Gericht – Praxisferne? Teil I

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Entscheidungen der Waffenbehörden wie aber auch Verwaltungsgerichts- und Strafurteile führen manchmal zu nicht nachvollziehbaren Folgen, die auch einen gesetzestreuen Waffenbesitzer oder Jäger schnell dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit oder strafrechtlichen Verfehlung aussetzen können.

Verantwortlich für solch fragwürdige Entscheidungen sind oft nicht nur die komplizierten rechtlichen Regelungen im Waffengesetz, sondern auch mangelndes Praxisverständnis, teils sogar Lebenserfahrung. Wenn dann noch der eigentliche Sinn des Gesetzes im Rahmen der Auslegung nicht hinreichend beachtet wird, sondern lediglich am oft komplizierten und verwirrenden Wortlaut argumentiert wird, kommt es zu solch seltsamen Auswüchsen oder sachfremden Ergebnissen.

Beispielsfall

Unsicherheiten bei der Frage, wie ein bestimmtes waffenrechtliches Verhalten einzuschätzen ist, besteht zum Beispiel aufgrund der Tatsache, dass gerade die Straf- und Bußgeldtatbestände im Waffengesetz äußerst schwer verständlich sind. Folgender Fall soll dies verdeutlichen: Ein Waffenbesitzer wurde im Wald angetroffen, als er mit einem mit einem Fünfeck gekennzeichneten Luftgewehr schoss. Die zuständige Staatsanwaltschaft wertete dies als Straftatbestand, die zuständige Ordnungsbehörde als bloße Ordnungswidrigkeit. Eigentlich sollte der Blick ins Gesetz ausreichen, um die Frage zu beantworten. Strafvorschriften auch im Waffengesetz unterliegen nämlich dem Klarheits- und Bestimmtheitsgebot, Artikel 103 Abs. 2 GG.

Dies bedeutet, dass sich der Strafvorwurf aus dem Blick in die Strafvorschrift zumindest im Großen und Ganzen für den Bürger ergeben muss. Die Regelung des § 52 Abs. 3 WaffG ergibt jedoch, dass der Strafvorwurf nur durch Lektüre des Waffengesetzes, der Anlage zum Waffengesetz und unter Beiziehung der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu finden ist. Dies führte dazu, dass der zuständige Staatsanwalt und die zuständige Ordnungsbehörde den Beispielsfall völlig unterschiedlich werteten.

Die Lösung des Beispielfalles bedurfte vertiefter juristischer Kenntnisse des Waffengesetzes und führt zu einem äußerst kuriosen Ergebnis: Das Führen der Luftdruckwaffe im Wald, somit außerhalb eines befriedeten Besitztums, ist eine Straftat gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2 a WaffG. Das Schießen mit dem Luftgewehr im Wald dagegen ist „lediglich“ eine Ordnungswidrigkeit nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 WaffG. Dies führt zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis, dass die Tathandlung mit erheblich höherem Gefährdungspotential, nämlich dem Schießen, mit weniger Strafe bedroht ist als die potentiell ungefährlichere Tathandlung, nämlich das Führen des Lufdruckgewehres. Dieses verwunderliche Ergebnis ist Ausdruck der Komplexität der waffenrechtlichen Regelungen, die in der herrschenden Kommentierung als „monströses Gebilde“ bezeichnet oder als „umständliche“ Verweisung auf Anlage 2“ moniert wird.

Philip Keller

Rechtsanwalt, Köln


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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