Die außerordentliche Kündigung – was steckt dahinter?

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Allgemeines

Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung, kann bei einer außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB auf eine Kündigungsfrist verzichtet werden.

Zu beachten ist allerdings, dass eine Kündigung grundsätzlich immer nur das letzte anzuwendende Mittel darstellen sollte. Zuvor ist im Regelfall eine Abmahnung seitens des Arbeitgebers oder eine Anmahnung seitens des Arbeitnehmers erforderlich. Zweck der Ab- oder Anmahnung ist ein bestimmtes Verhalten zu rügen oder darauf hinzuweisen, dass bei Wiederholung eine Kündigung folgen wird. Dies entfällt, soweit es für eine der Parteien unzumutbar ist länger am Arbeitsvertrag festzuhalten, beispielsweise bei schweren Vertrauensbrüchen aufgrund Straftaten oder schwerer Beleidigungen.  

Im Einzelfall ist darüber hinaus immer eine Interessenabwägung erforderlich. So wird die Schwere des Pflichtverstoßes gegen die Dauer der Betriebszugehörigkeit, bestehende Unterhaltspflichten, die bisherige Gestaltung des Arbeitsverhältnisses sowie für den Arbeitnehmer entlastende Umstände gegeneinander abgewogen. Sollte der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten bereits eingestanden und sich dafür angemessen beim Arbeitsgeber (oder anders herum) entschuldigt haben, kann eine außerordentliche Kündigung mangels wichtigem Grund unzulässig sein.

Daneben gibt es die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist, diese erfolgt dann nicht fristlos. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Arbeitnehmer an sich unkündbar ist und somit nur außerordentlich unter Einhaltung einer Auslauffrist gekündigt werden kann. Ebenso bieten einige Tarifverträge einen besonderen Schutz des Arbeitnehmers aufgrund des Alters oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit. So können Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nach § 34 Abs. 2 TVöD nach 15 Jahren nicht mehr ordentlich gekündigt werden. Hier bedarf es dann nur noch einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund.

Kündigungsgründe des Arbeitgebers

Wichtige Kündigungsgründe seitens des Arbeitgebers sind unter anderem Betrug, Diebstahl, sexuelle Belästigung, Mobbing, Drogenkonsum oder Veruntreuung. Zu beachten ist hierbei, dass im Einzelfall je nach Höhe des Schadens eine vorherige Abmahnung erforderlich sein kann. Ebenso zu berücksichtigen ist, dass ein Arbeitnehmer ab einer gewissen Dauer an Betriebszugehörigkeit bereits Vertrauenskapital aufgebaut hat.

Auch geschäftsschädigendes Verhalten z.B. in Form von negativen Äußerungen über den Arbeitgeber im Internet oder Beleidigungen des Arbeitgebers als erheblicher Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hier ist jedoch erneut nach dem Einzelfall zu beurteilen, ob eine Abmahnung z.B. aufgrund langer Betriebszugehörigkeit erforderlich ist.

Darüber hinaus können auch Arbeitsverweigerung, das Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit und damit das unberechtigte Beziehen von Gehalt in Form eines Betrugs, angedrohtes Krankfeiern, eigenmächtiger Urlaubsantritt, unerlaubte Konkurrenztätigkeit, Arbeitszeitbetrug, private Telefonate sowie private PC-, Internet- und E-Mail-Nutzung, wie auch das unerlaubte Löschen und Kopieren von Daten gegeben falls inklusive vorheriger Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Dazu zählt auch das häufige Vorkommen von verhaltensbedingten Kleinigkeiten, wie beispielsweise wiederholtes Zuspätkommen, Unzuverlässigkeit, mangelnde Sorgfältigkeit oder das Missachten von Dienstanweisungen, bei denen eine vorherige Abmahnung an den Arbeitgeber erfolglos blieb.

Ein weiterer „wichtiger Grund“ kann auch ein schwerwiegender Verdacht einer Straftat eines Arbeitnehmers oder eines Auszubildenden sein. Allerdings muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Kündigung anhören und darf sich nicht auf eine bloße Vermutung stützen.

Kündigungsgründe des Arbeitnehmers 

Auch seitens des Arbeitgeber kann außerordentlich gekündigt werden. Ein wichtiger Grund kann zum Beispiel sein, dass sich der Arbeitgeber bei der Gehaltszahlung im Verzug befindet und eine größere Summe beim Arbeitnehmer offen hat. Erforderlich ist hier seitens des Arbeitnehmers regelmäßig eine erfolglose Anmahnung vor der Kündigung. Kann der Arbeitgeber beispielsweise aufgrund drohender Insolvenz nicht zahlen, so ist eine vorherige Mahnung entbehrlich.

Weitere Gründe können unter anderem sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, grobe Arbeitsschutzverletzungen, grobe Beleidigungen, körperliche Angriffe oder Mobbing sein.

Betriebsrat und besonderer Kündigungsschutz

Bevor es überhaupt zu einer außerordentlichen Kündigung kommt, müssen einige betriebsinterne Schritte beachtet werden.

So ist es nach § 102 BetrVG vor Ausspruch jeder Kündigung erforderlich, dass, soweit vorhanden, der Betriebsrat angehört wird. Etwaige Bedenken des Betriebsrats müssen dem Arbeitgeber gemäß § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG  innerhalb von 3 Tagen schriftlich mitgeteilt werden.

Die Kündigung von Arbeitnehmern, die Mitglieder des Betriebsrates sind, kann darüber hinaus nach § 103 BetrVG nur mit der Zustimmung des Betriebsrates erfolgen.

Einer Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer geht voran, dass eine Zustimmung des Integrationsamts gemäß § 174 SGB IX vorliegt und die Schwerbehindertenvertretung des Betriebs nach § 178 II SGB IX am Kündigungsprozess beteiligt ist.

Besonders geschützt vor einer Kündigung sind grundsätzlich Schwangere gemäß § 17 MuSchG oder Arbeitnehmer in Elternzeit, frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit nach § 18 BEEG. Diese dürfen nicht gekündigt werden.

Form und Inhalt der Kündigung

Grundsätzlich ist jede Kündigung nach § 623 BGB nur schriftlich, ausgeschlossen von der elektronischen Form, möglich. Die Erklärungsfrist der außerordentlichen Kündigung beträgt nach § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen und beginnt sobald der Kündigungsgrund bekannt ist. Muss der Kündigungsgrund zuerst recherchiert werden, beginnt die Frist nach Abschluss der Recherche.

Der Kündigungsgrund muss in der außerordentlichen Kündigung nicht genannt werden. Allerdings, hat der Kündigungsberechtigte nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB den Kündigungsgrund, auf Verlangen des Gekündigten, diesem schriftlich mitzuteilen.

Sobald es zu einem gerichtlichen Prozess zwischen Arbeitnehmer und -geber bezüglich der Kündigung kommt, ist zu bedenken, dass die Beweispflicht für die Kündigungsgründe im Regelfall beim Arbeitgeber liegt.

Außerordentliche Kündigung erhalten – was tun?

Sollte es soweit kommen, dass einem selbst eine fristlose Kündigung zugegangen ist, kann man nach den §§ 4 S. 1, 13 Abs. 1 S. 2 KSchG innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung über das weitere Vorgehen entscheiden. Versäumt man diese Frist zur Klageerhebung, so ist gemäß § 7 KSchG davon auszugehen, dass es für die Kündigung einen wichtigen Grund gegeben hat und der Kündigungsberechtigte die Zweiwochenfrist eingehalten hat.

Sinnvoll ist weiterhin der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung mit Berufsrechtsschutz. So werden anfallende Anwalts- und Gerichtskosten innerhalb eines Prozesses von der Versicherung übernommen.

Es herrscht allerdings kein Anwaltszwang und die gewünschte Klage kann auch selbst formuliert und schriftlich bei Gericht eingereicht werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Klage bei der Geschäftsstelle- Rechtsantragsstelle -  des zuständigen Gerichts mündlich zu Protokoll aufnehmen zu lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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