Eigenbedarfskündigung – Was tun? Kündigungsgründe und Widerspruch vom Rechtsanwalt erklärt

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In Zeiten des angespannten Wohnungsmarkts und immer weiter steigender Immobilienpreise ist die Sorge vieler Mieter groß. Bei Verkauf eines Objekts, befürchten betroffene Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs des neuen Eigentümers. Doch gänzlich machtlos stehen Mieter einer solchen Kündigung nicht gegenüber. Ob ein Auszug tatsächlich nötig ist, hängt davon ab, ob der Vermieter seinen Eigenbedarf nachweisen kann und die gesetzlichen Kündigungsfristen beachtet werden. Als letzte Maßnahme können Mieter der (berechtigten) Eigenbedarfskündigung widersprechen.

Welche Frist gilt bei einer Eigenbedarfskündigung?

Nach der Vorschrift des § 573 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis dann kündigen, wenn dieser die Räume als Wohnung für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.

Die Kündigungsfrist beträgt dabei grundsätzlich drei Monate - bzw. lt. Gesetzestext "bei Kündigung bis zum dritten Werktag eines Monats mit Ablauf des übernächsten Monats". Besteht das Mietverhältnis schon länger als fünf Jahre, verlängert sich diese Frist weitere 3 Monate, bei Mietverhältnissen über acht Jahren, nochmals um weitere 3 Monate, so dass die Kündigungsfrist bis zu 9 Monaten betragen kann.

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung unwirksam?

Unter Umständen kann eine Eigenbedarfskündigung jedoch unwirksam sein und das Mietverhältnis bleibt bestehen. Dies zum Beispiel wegen fehlender Unterschrift - welche handschriftlich erfolgen muss - der Fall. Aber auch wegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht, falls die Kündigungserklärung von einem Vertreter des neuen Eigentümers unterschrieben wurde - außerdem müssen selbstverständlich auch die vorgenannten Voraussetzungen zur Begründung der Kündigung vorliegen und dies auch bis zum Beendigungszeitpunkt. Sollte also bis zum Ende der Kündigungsfrist der Eigenbedarf nicht mehr bestehen, so ist auch die Kündigung unwirksam. 

Gründe die zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen können sind außerdem:

  • der Nutzungswunsch ist weit überhöht und der Wohnbedarf steht außer Verhältnis (benötigen)

Beispiel: großzügiges Einfamilienhaus mit Garten für angehende Studentin

  • eine vorhandene Alternativwohnung wird nicht angeboten oder in Anspruch genommen

Beispiel: ist der Vermieter Eigentümer einer anderen, vergleichbaren Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, so kann er möglicherweise zunächst zur Inanspruchnahme einer anderen Wohnung verpflichtet sein

  • der Vermieter täuscht den Eigenbedarf lediglich vor und  verfolgt in Wirklichkeit andere Absichten, z.B. höhere Miete / Weiterverkauf
  • die Eigenbedarfskündigung im Mietvertrag ausgeschlossen wurde

Beispiel: es besteht im Mietvertrag ein wirksamer beidseitiger Kündigungsausschluss (z.B. 3 Jahre) für ordentliche Kündigungen, dies gilt dann auch für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs für den neuen Erwerber der Wohnung

  • der Vermieter im Kündigungsschreiben den Eigenbedarf nicht begründet

Ob eine Eigenbedarfskündigung im Einzelfall unwirksam ist, lässt sich für Mieter nicht immer auf Anhieb und ohne Weiteres feststellen. Unsere Anwälte für Mietrecht können Ihnen hierbei helfen und Sie vor einer unrechtmäßigen Eigenbedarfskündigung schützen und die von Ihnen erhaltene Kündigung überprüfen.

Widerspruch nach Kündigung wegen Eigenbedarfs

Aber auch bei Wirksamkeit einer Kündigung wegen Eigenbedarfs, ist der Mieter nicht schutzlos gestellt. Es besteht nämlich ein gesetzliches Widerspruchsrecht, so dass der Mieter bei Vorliegen einer besonderen Härte, ebenfalls nicht oder zumindest nicht gleich ausziehen muss.

Gemäß § 574 BGB steht dem Mieter das Recht zu, gegen eine Eigenbedarfskündigung Widerspruch einzulegen. Ein solcher Widerspruch ist möglich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine besondere Härte begründen würde. Die Norm des § 574 BGB wird aus diesem Grund auch „Härte-“ bzw. „Sozialklausel“ genannt.

Härtefälle und Widerspruchsrecht gegen eine Eigenbedarfskündigung?

Folgende Umstände können Gründe für eine besondere Härte darstellen und somit den Widerspruch begründen:

  • Hohes Alter (im Zusammenhang mit körperlicher Verfassung)

Hier muss aber differenziert werden, da sich das Alter bei jedem Menschen unterschiedlich auf die körperliche Verfassung auswirkt, kann erst in Verbindung mit weiteren Umständen eine besondere Härte begründet werden. Dem Mieter muss aufgrund seinen hohen Alters und der damit verbundenen Beschwerden ein Wohnungswechsel nicht mehr zumutbar sein.

  • Krankheit und dadurch zur Räumung nicht in der Lage

Ein Mieter ist räumungsunfähig, wenn er aufgrund seiner körperlichen oder geistigen Erkrankung nicht in der Lage ist, in eine Ersatzwohnung zu ziehen oder wenn ein Umzug die allgemeine Lebenssituation des Mieters erheblich verschlechtern würde.

  • Schwangerschaft

Dies gilt auch für die Zeit unmittelbar nach der Geburt.

  • Anstehende Abschlussprüfungen
  • Lange Mietdauer und Verwurzelung 

Auch hier ist auf den Einzelfall abzustellen. Eine lange Mietdauer wurde bei 40 Jahren (BGH NJW 2019, 2765), aber auch schon bei 24 Jahren (LG Berlin, Urt. v. 25.05.2021 – 67 S 345/18) angenommen.

  • Fehlender Ersatzwohnraum

Ob eine besondere Härte vorliegt, ist immer am konkreten Einzelfall zu beurteilen. So wirkt sich beispielsweise ein hohes Alter bei jedem Menschen anders auf die körperliche und geistige Verfassung aus und kann daher grundsätzlich erst in Verbindung mit weiteren Umständen eine solche Härte begründen.

Wichtig! Widerspruchsfrist gegen Eigenbedarfskündigung beachten

Entscheidet sich der Mieter für die Einlegung eines Widerspruchs gegen die Kündigung wegen Eigenbedarfs, so kann er dies bis spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses tun. Hat der Vermieter im Kündigungsschreiben nicht auf ein solches Widerspruchsrecht hingewiesen, wird diese Frist nicht in Gang gesetzt und der Widerspruch kann noch bis zum gerichtlichen Räumungsverfahren erklärt werden.

Was passiert nach einem Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung?

Sind die Voraussetzungen für ein Widerspruchsrecht erfüllt, besteht ein Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte oder aber auch auf unbestimmte Zeit.

Verklagt der Vermieter/Eigentümer den Mieter dennoch auf Räumung, wird zunächst die Kündigung wegen Eigenbedarfs und bei deren Wirksamkeit, der dagegen eingelegte Widerspruch und die dortigen Gründe und damit das Vorliegen einer besonderen Härte gerichtlich geprüft. Hierbei wird das Interesse des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Interesse des Vermieters an der Vertragsbeendigung abgewogen.

Sollte das Gericht zugunsten des Vermieters entscheiden, hat der Mieter noch die Möglichkeit eine Räumungsfrist zu erreichen. Diese darf maximal 1 Jahr betragen.

Fazit bei Erhalt einer Eigenbedarfskündigung

Ist man von einer Eigenbedarfskündigung betroffen, so gilt es zunächst Ruhe zu bewahren und seine Handlungsmöglichkeiten zu prüfen. Zunächst sollte die Kündigung selbst auf deren Wirksamkeit geprüft werden, dabei u.a. Form und Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (Begründung)

Daneben kann aber auch ein Widerspruch erfolgen, auch hier gilt es zu prüfen, ob dieser erfolgversprechend ist und Härtegründe vorgebracht werden und nachgewiesen werden können. 

Anwalt für Eigenbedarfskündigung bzw. Widerspruch gegen Eigenbedarfskündigung beauftragen

Wir beraten und vertreten sowohl Mieter als auch Vermieter, so dass wir beide Argumente und Sichtweisen kennen und bestmöglich beraten und Empfehlungen aussprechen können. Profitieren Sie von unseren langjährigen auch gerichtlichen Erfahrungen im Mietrecht, insbesondere bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs. Wir stehen Ihnen für eine Beratung aber auch eine notwendig werdende gerichtliche Vertretung zur Verfügung.


Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt für Mietrecht aus Leipzig

Tel. 0341-22522780

Foto(s): @pixabay.com/de/photos/haus-schlüssel-die-tür-schloss-1407562/

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