Ein Tarifvertrag kann rückwirkend für allgemeinverbindlich erklärt werden

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Ein Tarifvertrag wird zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband einer bestimmten Branche geschlossen und regelt einzelne Arbeitsbedingungen (z.B. Kündigungsfristen, Vergütungsgruppen, Vergütungshöhe, Sonderzahlungen etc.). Unmittelbar gilt der Tarifvertrag nur, wenn der konkrete Arbeitgeber Mitglied der Arbeitgeberverbandes ist und der einzelne Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft. Eine Geltung des Tarifvertrags kann auch erfolgen, in dem er im Arbeitsvertrag in Bezug genommen wird.

Darüber hinaus kann das Bundesministerium für Arbeit einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären. Der Tarifvertrag gilt dann in der betroffenen Bracnhe „wie ein Gesetz" für alle Arbeitsverhältnisse.

Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer und/oder der Arbeitgeber dies gar nicht wissen oder den Tarifvertrag gar nicht kennen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jetzt mit Urteil vom 20.03.2013 (Aktenzeichen 10 AZR 744/11) klargestellt, dass die Allgemeinverbindlichkeit auch rückwirkend festgestellt werden kann. Hierzu wird ausgeführt:

„Bei der Rückwirkung von Allgemeinverbindlicherklärungen sind die Grundsätze über die Rückwirkung von Gesetzen, wie sie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt worden sind, entsprechend anzuwenden (BAG 25. September 1996 - 4 AZR 209/95 - zu I 2.6.1 der Gründe mwN, BAGE 84, 147). Die Rückwirkung einer Allgemeinverbindlicherklärung verletzt danach nicht die vom Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) umfassten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, soweit die Betroffenen mit ihr rechnen mussten (BAG 21. August 2007 - 3 AZR 102/06 - Rn. 27, BAGE 124, 1; vgl. auch BVerwG 3. November 1988 - 7 C 115/86 - zu 4 b der Gründe, BVerwGE 80, 355)."

Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Tarifvertrag rückwirkend für allgemeinverbindlich erklärt wird, durch den ein früherer allgemeinverbindlicher Tarifvertrag erneuert oder geändert wird. Bei dieser Sachlage müssen die Tarifgebundenen nicht nur mit einer Allgemeinverbindlicherklärung des Nachfolgetarifvertrags, sondern auch mit der Rückbeziehung der Allgemeinverbindlicherklärung auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens rechnen (st. Rspr., zB BAG 21. August 2007 - 3 AZR 102/06 - Rn. 27, BAGE 124, 1; 21. November 2007 - 10 AZR 782/06 - Rn. 25, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 297 = EzA AEntG § 1 Nr. 11).

Bei der erstmaligen Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags in einer Berufssparte kommt eine Rückwirkung hingegen nur in Betracht, wenn auf diese Möglichkeit bereits bei der Veröffentlichung des Antrags der Tarifvertragsparteien hingewiesen worden ist. Eine Rückwirkung ist in diesen Fällen nur bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Antrags im Bundesanzeiger möglich (BAG 3. November 1982 - 4 AZR 1255/79 - BAGE 40, 288). Dem trägt auch § 7 Satz 3 DVO TVG (im Streitfall idF vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304) Rechnung. Danach liegt der Beginn der Allgemeinverbindlichkeit, ‚sofern es sich nicht um die Erneuerung oder die Änderung eines bereits für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags handelt, in aller Regel nicht vor dem Tag der Bekanntmachung des Antrags'."


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