Elterliche Sorge – beabsichtigte Übersiedlung eines Elternteils ins Ausland

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Oberlandesgericht Koblenz, 4.05.2010, 11 UF 149/10

Vor dem Amtsgericht Mainz stritten Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge, beide italienische Staatsbürger, um die gemeinsame Tochter, genauer gesagt um die alleinige elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht selbige betreffend. Das Kind lebte bei der Kindesmutter. Der Umgang des Vaters mit seiner Tochter gestaltete sich nach Trennung von der Kindesmutter aus verschiedentlichen Gründen zunächst schwierig, wurde aber schließlich auf Basis eines gerichtlichen Umgangsvergleichs praktiziert.

Die Kindesmutter lernte in der Folge einen neuen Mann kennen und fasste den Entschluss, zu diesem nach Italien zu ziehen. Die gemeinsame Tochter beabsichtigte sie mitzunehmen.

Sie beantragte daher, ihr die elterliche Sorge zur alleinigen Ausübung zu übertragen, scheiterte damit jedoch beim Amtsgericht.

Gegen den amtsgerichtlichen Beschluss legte sie Beschwerde ein und begehrte weiterhin die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihre Person, hilfsweise die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

§ 1671 Abs. 1., Abs. 2 Nr. 2 BGB als maßgeblich Norm

Gemäß § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nach der Trennung der Eltern die elterliche Sorge ganz oder teilweise auf Antrag einem Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder eines Teilbereichs davon sowie die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Sich gegenüberstehende Grundrechte

Der Senat hielt fest, dass durch einen Wegzug des Kindes die persönlichen Beziehungen zum verbleibenden Elternteil beeinträchtigt würden. Dem Elternrecht des einen Elternteils auf möglichst freien Umgang mit dem Kind aus Art. 6 GG stehe das Recht des anderen Elternteils auf örtlich freizügige Lebensgestaltung und Freizügigkeit aus Art. 2 GG gegenüber. Beide Grundrechte müssten gegenübergestellt und in Einklang gebracht werden.

Angabe triftiger Gründe für Übersiedlungswunsch

Dem folgend müsse man verlangen, dass der Sorgerechtsinhaber für seinen Wegzug triftige Gründe darlegt, die schwerer wiegen als das Umgangsinteresse von Kind und anderem Elternteil. Es müssen also von dem Elternteil, der ins Ausland verziehen möchte, beachtenswerte Gründe vorgetragen werden, die dies rechtfertigen.

Dies habe die Kindesmutter als Antragstellerin nicht getan. Sie habe triftige persönliche, familiäre oder berufliche Gründe für ihre Übersiedlung nicht überzeugend dargelegt. Der Senat habe nicht die Überzeugung gewinnen können, dass ihr Umzugsplan der einer ernsthaften und wohlbegründeten Planung ihres künftigen Lebens entspringt. Sie habe vielmehr den Eindruck erweckt, dass vorrangiges Ziel einer Übersiedlung nach Italien sei, den Umgang der Tochter mit ihrem Vater zu vereiteln.

Die Richter verwiesen zudem darauf, dass die Kindesmutter in Sizilien aufgewachsen sei. Dort befänden sich ihre familiären und kulturellen Wurzeln. In der Provinz Salerno als Ziel ihres Umzugs beständen keinerlei gefestigte soziale Bindungen, in die die Tochter einbezogen wäre. Bei der Beziehung zu ihrem neuen Lebensgefährten handele es sich ferner bisher im Wesentlichen um eine Fernbeziehung, die nicht gelebt und gefestigt sei. Schließlich habe sie auch keine konkrete berufliche Perspektive in der Provinz Salerno/Italien aufzuzeigen vermocht.

Unter diesen Umständen müsse die Freizügigkeit, die die Antragstellerin genieße, im Hinblick auf das Kindeswohl hinter das Umgangsrecht des Antragsgegners zurücktreten.

Fazit

Die Entscheidung verdeutlicht, dass für den Fall, dass hinter einem geplanten Umzug keine nachvollziehbaren Erwägungen des betreuenden Elternteils stehen, er mit seinem Ansinnen, das gemeinsame Kind mitzunehmen, letztendlich scheitern wird. Als beachtlicher Grund für einen Umzugswunsch kommt beispielsweise in Betracht, dass ein Ausländer in seine Heimat umziehen möchte, wo seine sozialen Bindungen bestehen, in die die Kinder auch einbezogen sind (OLG Köln FamRZ 2006, 1625), ferner wenn der Umzug erfolgt, um die berufliche und wirtschaftliche Existenz zu sichern (OLG München FamRZ 2008, 1774).


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