Umgang gegen den Willen des Kindes?

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OLG Hamm, Beschluss vom 8.01.2009, II-2 UF 214/08

Die Beteiligten eines vom Oberlandesgericht Hamm zu entscheidenden Falles im Jahr 2009 hatten zwei Kinder. Die Tochter lebte bei der Kindesmutter, der Sohn beim Vater. Ein Umgang zwischen Vater und Tochter hatte seit dem Jahre 1999 unter anderem aufgrund mehrerer familiengerichtlicher Beschlüsse, mit denen der Umgang ausgeschlossen worden war, nicht mehr stattgefunden. 

Im Jahre 2008 befand sich das Kind in stationärer jugendpsychiatrischer Behandlung, weil das Verhältnis zwischen ihm und der Mutter angespannt war. Dort wurde eine emotionale Instabilität des Kindes diagnostiziert. Im Anschluss hatte dieses eine ambulante jugendpsychiatrische Behandlung begonnen. Zur Zeit der obergerichtlichen Entscheidung war das Kind fast 16 Jahre alt und besuchte die 9. Klasse auf einer Gesamtschule, die es wegen schlechter schulischer Leistungen wiederholen musste.

Im August 2008 beantragte der Kindesvater beim Amtsgericht ein umfassendes Umgangsrecht.

Zur Begründung hatte er ausgeführt, der geäußerte Kindeswille, der dahinging, den Vater nicht sehen zu wollen, sei unbeachtlich, da er in einer massiven Beeinflussung durch die Kindesmutter begründet liege. 

Zurückweisung durch Familiengericht

Das Familiengericht folgte dem nicht und ordnete im Gegenteil einen Umgangsausschluss bis zur Volljährigkeit der Tochter im Jahre 2011 an, da eine Umgangsregelung gegen den Willen des Kindes sein seelisches Wohl gefährde.

Gegen die Entscheidung hatte der Vater Rechtsmittel eingelegt.

Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB

Das Oberlandesgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss.

Der Ausschluss des persönlichen Umgangs des Antragstellers mit seiner Tochter für die vom Familiengericht angeordnete Dauer sei alternativlos, um eine Gefährdung der seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden und sein Persönlichkeitsrecht zu wahren.

Das Kind habe wiederholt dargelegt, dass und aus welchen Gründen es einen persönlichen Umgang mit dem Vater ablehnt. Der zum Ausdruck gekommene Kindeswille sei nicht fremdbestimmt, sondern beruhe auf einem autonomen Willensentschluss. Die Tochter habe ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Antragsteller seit dem Abbruch der Umgangskontakte im Jahre 1999 immer wieder verbalisiert, wobei die Gründe für die Verweigerungshaltung objektiv nachvollziehbar seien. 

Ein erzwungener persönlicher Umgang zwischen Vater und Kind würde daher die seelische Entwicklung des Kindes akut gefährden und sei auch nicht mit dessen Persönlichkeitsrecht vereinbar.

Dies gelte bei dem Kind umso mehr, als dass die jugendpsychiatrische Behandlung auf einen komplikationsbehafteten Reifeprozess hindeute und eine emotionale Instabilität vorliege.

Kritik am Antragsteller durch das Obergericht

Für den Antragsteller sei bezeichnend, dass er den möglichen und naheliegenden Zusammenhang zwischen seinem über neun Jahre geführten „Kampf“ um das Kind und dessen zu Tage getretenen psychiatrischen Beeinträchtigungen nicht erkenne und die Schuld für diese Entwicklung einseitig der Antragsgegnerin zuschiebe, obwohl deren Verhältnis zur Tochter zeitweise sogar schwer belastet war.

Fazit:

Der doch recht langfristige Umgangsausschluss (zwei Jahre) dürfte seine Ursache vor allem darin gehabt haben, dass die Volljährigkeit des Kindes nicht mehr in weiter Ferne lag und das Obergericht ihm kein weiteres familiengerichtliches Verfahren zumuten wollte. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters kam seinem Willen zudem entscheidende Bedeutung zu. Gerade auch im Hinblick auf dessen psychische Verfassung ist die Entscheidung konsequent


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