Ende der Elternzeit bei Wegfall der Voraussetzungen - Kündigungsverbot - Elternzeit - vorzeitige Beendigung -

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Das LAG Baden Württemberg hat in seinem Urteil vom 17.09.2021 (12 Sa 23/21) entschieden, dass die Elternzeit endet, wenn während der laufenden Elternzeit eine Voraussetzung der Elternzeit entfällt. Damit entfällt dann auch das besondere Kündigungsverbot.


In kurzen Zügen der Sachverhalt:

Die Klägerin befand sich in Elternzeit und wollte während der Elternzeit, in Teilzeit bei ihrem Arbeitgeber, arbeiten. In der ersten Jahreshälfte 2020 verließ der Ehemann der Klägerin mit den drei Kindern auf Anweisung des Jugendamts das Haus der Familie. Die Klägerin war durchgehend für ihre Kinder sorgeberechtigt und hatte regelmäßig Kontakt zu ihnen. Die Klägerin stand unter Betreuung.

Auf dem Facebook-Account der Klägerin veröffentlichte diese zahlreiche unangemessene Posts zu Beschäftigten der Beklagten und einem Vorstandsmitglied. Die Posts waren für jeden einsehbar.

Nachdem die beklagte Arbeitgeberin, wenige Tage nach Veröffentlichung der Posts, Kenntnis von den Posts erlangt hatte, hörte sie den Betriebsrat zu der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin an und kündigte, nach Zustimmung, das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 24. Juli. Dem Betreuer ging das Kündigungsschreiben am 25. Juli 2020 zu, wogegen dieser fristgerecht Kündigungsschutzklage erhob.

In einer Familiensache hatte das Amtsgericht entschieden, der Klägerin eine Wohnung außerhalb des Hauses der Familie  zuzuweisen. Auf Grund dieser Entscheidung verließ die Klägerin am 24. Juli 2020 das Haus der Familie.


Das Gericht entschied, dass die außerordentliche Kündigung wirksam sei.


Ein Verstoß gegen das Kündigungsverbot des § 18 BEEG sei nicht gegeben.

Auf Grund der Posts auf dem Facebook-Account der Klägerin sei es der Beklagten bei Berücksichtigung aller Umstände und der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin stand nicht mehr unter dem besonderen Kündigungsschutz des § 18 BEEG.

Gemäß § 18 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit nicht kündigen. Dies gilt auch während einer Teilzeitbeschäftigung.

Das Gericht war der Auffassung, dass sich die Klägerin, bei Zugang der außerordentlichen Kündigung am 25. Juli 2020 nicht mehr in der Elternzeit befand. Sie war am Vortag aus dem Haus der Familie ausgezogen und betreute ihre Kinder nicht mehr. Damit seien die Voraussetzungen des Anspruchs auf Elternzeit gemäß § 15 BEEG entfallen.

Nach § 15 BEEG haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit ihrem Kind, mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Absatz 3 oder 4 BEEG erfüllen, oder mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufgenommen haben, in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen.

Die Elternzeit endet, wenn eine der Anspruchsvoraussetzungen nachträglich entfällt. Nach dem Gesetzentwurf, besteht der Zweck der Elternzeit darin, dass sich ein Elternteil der Betreuung und Erziehung des Kindes widmen kann. Dieser Zweck entfällt, wenn die Betreuung des Kindes auf eine andere Person übergeht.

Die Elternzeit endet auch ohne Zustimmung der Arbeitgeberin vorzeitig, wenn die Voraussetzungen der Elternzeit nach § 15 BEEG, das Zusammenleben mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und die Betreuung des Kindes, nachträglich entfallen.

Damit endete die Elternzeit der Klägerin spätestens am 24. Juli 2020. Es bestand kein gemeinsamer Haushalt mehr mit den Kindern. Ohne bei den Kindern zu wohnen, konnte die Klägerin diese auch nicht mehr betreuen. Sorgerecht und regelmäßiger Kontakt können nicht mit einer fortdauernden Kindesbetreuung gleichgesetzt werden.

Bei Zugang der Kündigung befand sich die Klägerin nicht mehr in der Elternzeit, das Kündigungsverbot galt nicht mehr.

Die Revision ist beim BAG unter dem AZ 2 AZR 466/21 anhängig. Die Frage, ob bei nachträglichem Wegfall der materiellen Voraussetzungen der Elternzeit diese und damit auch das Kündigungsverbot des § 18 BEEG unmittelbar enden, sei von grundsätzlicher Bedeutung. 


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