Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament –Gemeinsamkeiten und Unterschiede

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Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament –Gemeinsamkeiten und Unterschiede


Erbrechtliche Verfügungen lassen sich nicht nur in einem gemeinschaftlichen Testament, sondern auch in einem Erbvertrag treffen. Diese liegt häufig in der Bestimmung eines oder mehrerer Erben für das eigene Vermögen. Doch wo liegen gerade die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen Erbvertrag und einem gemeinschaftlichen Testament?


Eine Pflicht der testierenden Personen, sich gegenseitig zu bedenken, besteht weder beim Erbvertrag noch beim gemeinschaftlichen Testament. Vielmehr können sie bei beiden Verfügungen von Todes wegen für ihre Vermögen vollkommen unabhängig voneinander Erben bestimmen.


Der signifikanteste Unterschied zwischen Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament ist wohl darin zu sehen, dass, während der Erbvertrag zwischen jedermann geschlossen werden kann, ein gemeinschaftliches Testament ausschließlich zwischen Eheleuten (§ 2265 BGB) oder eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 IV LPartG) in Betracht kommt. Da diese ihr Vermögen regelmäßig als eine Vermögensmasse betrachten, erleichtert ihnen der Gesetzgeber durch eine Lockerung der Formvorschriften die Errichtung eines gemeinsamen Testaments nach den Vorschriften der §§ 2265 ff. BGB. Sie verfügen aber dennoch einseitig über ihr Vermögen.


Die Attraktivität des Erbvertrages kann unter Umständen in seiner Bindungswirkung zu sehen sein, die über die eines gemeinschaftlichen Testaments hinausgeht. Hinsichtlich der Bindungswirkung ist eine Vergleichbarkeit jedoch erst gegeben, wenn beim gemeinschaftlichen Testament einer der Ehegatten bereits verstorben ist und voneinander abhängige, also wechselbezügliche, Verfügungen der Ehegatten im Sinne des § 2270 BGB vorliegen. Diese kann der Längstlebende gemäß § 2271 Abs. 2 S.1 BGB grundsätzlich nicht mehr aufheben. Die Möglichkeit zum Widerruf gemäß §§ 2253 ff. BGB verbleibt ihm lediglich für einseitige Verfügungen. 


Leben die Ehegatten noch, so steht es jedem frei, seine im Rahmen des gemeinschaftlichen Testaments getroffenen Anordnungen zu widerrufen. Der Widerruf ist gemäß § 2271 Abs. 1 i.V.m. § 2296 BGB lediglich insoweit an strengere Anforderungen geknüpft, als dass die Widerrufserklärung der notariellen Beurkundung bedarf. Dies stellt sicher, dass der andere Ehegatte beziehungsweise der Lebenspartner davon erfährt, dass sein Partner nicht mehr an die getroffene Verfügung von Todeswegen gebunden sein will.


Die stärkere Bindungswirkung des Erbvertrages zeigt sich vor allem daran, dass, soweit die Parteien in einem Erbvertrag kein Rücktrittsrecht vereinbart haben, beide Parteien zu Lebzeiten bereits vertraglich an das Vereinbarte gebunden sind.


Markante Unterschiede zeigen sich auch bei Errichtung, also der erforderlichen Form. An den Erbvertrag sind insoweit deutlich strengere Anforderungen gestellt als an das gemeinschaftliche Testament, das von den Ehegatten beziehungsweise Lebenspartnern kostenlos und wirksam auch zu Hause errichten werden kann. Die Errichtung eines Erbvertrages ist wirksam hingegen nur vor einem Notar möglich, § 2276 BGB, und damit zwangsläufig auch mit Kosten verbunden.


Beim gemeinschaftlichen Testament müssen beide Parteien testierfähig im Sinne des § 2229 BGB und damit also mindestens 16 Jahre alt sein. Minderjährige sind damit zwar bereits testierfähig, können jedoch nach § 2247 Abs. 4 BGB kein eigenhändiges Testament errichten. Damit ist ihnen auch die Möglichkeit der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments verwehrt. Ihnen verbleibt insoweit lediglich der Weg zum Notar, § 2233 Abs. 1 BGB. Da die Möglichkeit der Heirat mit 16 Jahren abgeschafft wurde, scheidet ein gemeinschaftliches Testament allerdings auch aus diesem Grund bereits aus. 


Ein Erbvertrag kommt hingegen grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger oder gar Geschäftsunfähiger beteiligt ist. Der volljährige Erblasser kann mit einem beschränkt Geschäftsfähigen kontrahieren, solange es zu keiner vertraglichen Verpflichtung des beschränkt Geschäftsfähigen kommt. Bei Beteiligung eines Geschäftsunfähigen kann dessen gesetzlicher Vertreter unter der gleichen Einschränkung stellvertretend den Erbvertrag abschließen.


Der Erbvertrag und das gemeinschaftliches Testament unterscheiden sich auch in der Anzahl der erforderlichen Verfügungen. Während ein gemeinschaftliches Testament zwingend eine Verfügung von Todes wegen je Ehegatte enthalten muss, ist beim Erbvertrag lediglich eine einzige Verfügung von einem der Kontrahenten erforderlich.


Zudem kann ein Erbvertrag, der beispielsweise mangels Errichtung vor einem Notar, gemäß § 140 BGB bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in ein gemeinschaftliches Testament oder in Einzeltestamente der Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner umgedeutet werden. Umgekehrt ist dies hingegen aufgrund der zwingend vorgeschriebenen Errichtung des Erbvertrages vor einem Notar nicht möglich.

An diesem Beitrag hat wesentlich unsere Berufspraktikantin, Frau Stud. jur. Sonja Layher, mitgewirkt, wofür wir Ihr sehr danken.


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