Erst die Fristsetzung zur Nachbesserung, dann der Rücktritt vom Kaufvertrag ("Montagsauto")

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In einem Rechtsstreit über einen Autokauf eines Neuwagens hatte das OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2011, Az. I-3 U 47/10, die Frage zu klären, ob die Fristsetzung zur Nachbesserung als Voraussetzung des Rücktritts beim Kauf eines Neufahrzeugs entbehrlich ist, „wenn das Fahrzeug wegen seiner auf Qualitätsmängeln - hier schlechte Verarbeitung - beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und von dem zu erwarten steht, dass es den Zustand der Mangelfreiheit nie über längere Zeit erreichen wird ("Montagsauto")."

Zum Sachverhalt: Die Parteien schlossen 2005 einen Kaufvertrag über ein Neufahrzeug Mercedes „Viano". Ein halbes Jahr später zeigten sich aus der Sicht des Käufers am Fahrzeug diverse Mängel. Das Fahrzeug wurde im Rahmen der Nachbesserung in der Werkstatt des Verkäufers verbracht. Mitte 2007 erklärte der Käufer unter Bezugnahme auf die bis dahin sachverständig festgestellten Mängel den Rücktritt vom Kaufvertrag. Im Klageverfahren war die Frage zu klären, ob der Käufer dem Verkäufer vor der Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag die Gelegenheit zur Nachbesserung des jeweiligen Mangels hätte geben müssen. Der Käufer vertrat die Ansicht, dass er dazu nicht verpflichtet gewesen sei, da es sich bei dem Fahrzeug um ein „Montagsauto" („Zitronenwagen") handele.

Entscheidung: Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass in dem vorliegenden Fall die Fristsetzung zur Nachbesserung wegen eines „Montagsautos" nicht entbehrlich war.

„Mit dem Begriff des ‚Montagsautos' sollen Fälle erfasst und einer sachgerechten Lösung zugeführt werden, in denen einem Käufer eine Nachbesserung von vornherein unzumutbar ist, weil das Auto als solches eine ‚Zumutung' für ihn darstellt. Allerdings kann diese Erkenntnis immer erst im Nachhinein, d.h. nach Eintritt eines bestimmten Geschehensablaufs gewonnen werden. Deshalb kommt es praktisch darauf an, ab welchem Erkenntnisstand, mithin aufgrund welcher Beurteilungsgrundlage, die Qualifizierung als ‚Montagsauto' gerechtfertigt ist.

Das ist zumindest bei einem Neuwagen dann der Fall, wenn das bisherige Geschehen die wertende und prognostische Elemente enthaltende Beurteilung zulässt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf Qualitätsmängeln - namentlich auf schlechter Verarbeitung - beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und von dem zu erwarten steht, dass es den Zustand der Mangelfreiheit nie über längere Zeit erreichen werde. Eine so verstandene ‚Gesamt-Mangelhaftigkeit' ist zwar irreparabel, doch wird die hierdurch begründete Unmöglichkeit der Nachbesserung nach der Interessenlage durch den bereits aufgezeigten Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit überlagert. Dies betrifft jedoch allein die Seite der Rechtsfolge, die Mangelhaftigkeit kraft Fehleranfälligkeit selbst ist ohne Rückgriff auf Gesichtspunkte der Zumutbarkeit, eben streng ‚mangelbezogen', festzustellen.

Im Einzelnen ist dabei ohne Belang, ob, kaum dass ein Mangel beseitigt ist, der nächste auftritt oder ob sich ein schon behoben geglaubter Mangel erneut bemerkbar macht. Auch spielt die Anzahl der Nachbesserungsversuche, praktisch also der Werkstattaufenthalte, keine ausschlaggebende Rolle. Wohl aber bedarf es einer Vielzahl zumindest mehr oder minder kleinerer, in jedem Fall aber herstellerbedingter Defekte. Alle sonstige Umstände sind im Rahmen einer umfassenden Prüfung des einzelnen Falles zu bewerten und abzuwägen, wobei zu berücksichtigen ist, dass das ‚Montagsauto' einen Typus darstellt. Durch Zahlen festgelegte Abgrenzungen nach Fehlerhäufigkeit, zeitlicher Begrenzung oder Umfang absolvierter Laufleistung würden dem nach Ansicht des Senats zuwiderlaufen. Indes wird es umso weniger für das Vorliegen des Typus sprechen, wenn sich die - relevanten - Mängel nur auf einen einzelnen Bereich des Fahrzeugs erstrecken sowie in ihrer Gesamtzahl erst über einen längeren Zeitraum und eine größere Laufleistung auftreten. ..."

 http://www.kanzlei-bussler.de/autokauf/

Rechtsanwalt Bußler


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