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EuGH: Keine SGB II-Leistungen für arbeitssuchende EU-Ausländer

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Der Leistungsausschluss im SGB-II für EU-Ausländer verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ganz aktuell entschieden.

Nach Ansicht des EuGH kann ein Mitgliedstaat, hier D, EU-Bürger, die nach Deutschland zum Zweck der Arbeitssuche eingereist sind und sich nur aufgrund des europarechtlich geschützten Grundrechts auf Arbeitnehmerfreizügigkeit hier aufhalten, von beitragsunabhängigen Sozialleistungen wie Leistungen nach dem SGB II (HARTZ IV) ausschließen. Ein solcher Ausschluss verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Geklagt hatte eine aus Bosnien stammende Mutter und ihre drei in Deutschland geborenen Kinder, die alle die schwedische Staatsangehörigkeit besitzen. Im Jahr 1999 zog die Familie von Deutschland nach Schweden und im Juni 2010 kehrten sie nach Deutschland zurück. Die Mutter und ihre älteste Tochter waren nach ihrer Rückkehr in kürzeren Beschäftigungen/Arbeitsgelegenheiten tätig, insgesamt jedoch weniger als ein Jahr.

Das Jobcenter bewilligte für den Zeitraum vom 01.12.2011 bis zum 31.05.2012 SGB II-Leistungen. 2012 stellte das Jobcenter die Zahlung der Leistungen mit der Begründung ein, dass die Mutter und ihre älteste Tochter als ausländische Arbeitsuchende, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, keinen Leistungsanspruch hätten. Infolge des Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen für die Mutter und die älteste Tochter entfielen auch die Leistungen für die beiden anderen Kinder. Das Bundessozialgericht (BSG) wandte sich mit der Frage an den EuGH, ob ein solcher Leistungausschluss auch für Unionsbürger zulässig sei, die sich rechtmäßig infolge der europäisch garantierten Arbeitnehmerfreizügigkeit zur Arbeitsuche nach Deutschland begeben haben und hier schon eine bestimmte Zeit gearbeitet haben, wenn deutsche Staatsangehörige, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten.

Der EuGH hat diesen Ausschluss nunmehr als rechtmäßig, also mit dem Europarecht für vereinbar, angesehen. Der Leistungsausschluss für bestimmte beitragsunabhängige Geldleistungen für Unionsbürgern, deren Aufenthaltsrecht in einem Aufnahmemitgliedstaat, hier D, sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Zur Begründung führte der EuGH aus, dass die Leistungen des Jobcenters, auch wenn sie auch zur Erleichterung der Arbeitsuche dienen, ebenso als „Sozialhilfe“ anzusehen sind. Ein Unionsbürger könne hinsichtlich des Zugangs zu solchen Sozialleistungen nur dann eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats verlangen, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats die Voraussetzungen der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38 EG erfülle.

Folglich gibt es zwei Konstellationen für Arbeitsuchende – wie im vorliegenden Fall – um ein Aufenthaltsrecht und die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu erlangen:

a) Eine Unionsbürger, der in D bereits berufstätig war und dem somit ein Aufenthaltsrecht als Erwerbstätiger zustand, wurde nach weniger als einem Jahr unfreiwillig arbeitslos und stelle er sich dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung. Ein solcher Unionsbürger behält für mindestens weitere 6 Monate seinen Erwerbsfähigenstatus sowie sein Aufenthaltsrecht. Während dieser Zeit kann er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und hat Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.

b) Hat ein Unionsbürger bisher im Aufnahmemitgliedstaat noch nicht gearbeitet oder ist der unter Pkt. a) genannte Zeitraum von 6 Monaten abgelaufen, darf der Arbeitsuchende nicht ausgewiesen werden, solange er nachweist, dass er weiterhin auf Arbeitsuche ist und eine begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden.

Es wird abzuwarten sein, welche Anforderungen künftig an den „Nachweis der Arbeitssuche“ und an die „begründete Aussicht“ eingestellt zu werden. Klar dürfte jetzt schon sein, dass die Jobcenter hieran sehr hohe Anforderungen stellen werden. Ob diese haltbar sind, wird sich erst in den anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren zeigen.

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