Europäischer Führerschein oder Führerscheintourismus

  • 3 Minuten Lesezeit

                                               

                                                                                                                                                                                                                                       

       Fachanwalt für Verkehrsrecht in Dortmund 

Europäische Fahrerlaubnis und MPU        

                                                         Führerscheintourismus

Immer wieder werde ich als Fachanwalt im Verkehrsrecht in Dortmund von Mandanten gefragt, ob ein in einem der EU-Mitgliedstaaten erworbener Führerschein in Deutschland benutzt werden darf. Diese Frage hat die Verwaltungsgerichte und den Europäischen Gerichtshof in zahlreichen Entscheidungen in den letzten Jahren  beschäftigt. Er musste immer wieder eingreifen, weil die Verwaltungsbehörden und ihnen teilweise die Verwaltungsgerichte folgend, Rechtsauffassungen vertraten, die nicht europarechtskonform waren. Sie wollten erreichen, dass die im EU-Mitgliedsstaat erworbene Fahrerlaubnis in Deutschland nicht anerkannt werden müsse.

   Wo liegt das Problem?

Nur in Deutschland und in Österreich gibt es die medizinische psychologische Untersuchung oder kurz MPU.

   DIE MPU!

Diese Untersuchung, die im Volksmund auch gerne so unschön mit "Idiotentest" bezeichnet wird, wird von den Behörden angeordnet, wenn es um die Überprüfung der sogenannten charakterlichen Eignung geht. Wer mit 1,6‰ oder mehrmalig mit  Alkohol im Straßenverkehr z.B. mit dem für eine Ordnungswidrigkeit wichtigen Wert von 0,5‰ erwischt wird, hat regelmäßig die Forderung der Führerscheinstelle zu erfüllen und vor der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine MPU zu bestehen. 

Die Kosten für eine derartige Untersuchung sind hoch und für viele "Führerscheinanwärter" nicht zu schaffen, so dass sie nach Wegen suchen, diese Hürde zu umgehen.

Andere Länder im Umfeld von Deutschland, kennen die MPU nicht, so dass die Ausstellung eines Führerscheins in diesen Ländern erheblich leichter zu erreichen ist. Wenn dann der Verkehrsteilnehmer mit diesem neuen Führerschein in Deutschland unterwegs ist und kontrolliert wird stellt sich die Frage, ob dies legal oder illegal ist, oder ob zumindest nachträglich die MPU angeordnet werden darf.

Wie so oft kommt es auf vermeintliche "Kleingkeiten" an, die beachtet werden müssen.

   Wohnsitzerfordernis

Die erste immer wieder mißachtete Voraussetzung besteht in der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses in dem EU-Mitgliedstaat. Der Begriff "Wohnsitzerfordernis" darf wörtlich genommen werden. Es ist erforderlich, dass der "Führerscheinsuchende" in dem anderen Mitgliedstaat seinen Wohnsitz nimmt.

Dies nicht auf unbestimmte Zeit. Es reichen 185 Tage. Diese Zeitspanne ist vor der Erteilung der Fahrerlaubnis einzuhalten. 

Dabei muss der Wohnsitz der ordentliche Wohnsitz sein und nicht nur eine Ferienwohnung oder gar nur eine förmliche Anmeldung ohne Anwesenheit vorliegen. 

Dies ist von den deutschen Behörden mit Einschränkungen überprüfbar. Mit Einschränkung deshalb, weil grundsätzlich ein Vertrauensvorschuss besteht, dass ein anderer EU-Mitgliedstaat vor Erteilung der Fahrerlaubnis alles sorgfältig geprüft hat, also auch die Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses.

Dann darf eine deutsche Behörde oder ein deutsches Gericht die Gültigkeit der durch einen anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Fahrerlaubnis nicht  bestreiten und die Anerkennung verweigern.

Ausnahmsweise gilt dies nicht, wenn sich schon aus dem Führerschein selbst ergibt, dass ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vorliegt, weil z.B. in dem Führerschein die sonst übliche deutsche Wohnanschrift eingetragen ist. Dann steht fest, dass das  Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt wurde.

Unabhängig von dem Führerschein kann es auch andere sogenannte "unbestreitbare Tatsachen" aus dem Ausstellerstaat geben. Das war in dem am 30. Mai 2013 vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall (BVerwG Urt. v. 30.5.2013 – 3 C 18.12) gegeben. Dort lag eine Meldebescheinigung von dem Ausstellerstaat vor, aus welcher sich nur ein Auslandsaufenthalt von 92 Tagen ergab. Deshalb durfte die Anerkennung versagt werden, weil urkundlich belegt mindestens 93 Tage fehlten. Wenn dann der Führerscheininhaber nicht anders beweisen kann, dass er doch z.B. in einer anderen Stadt den "fehlenden" Zeitraum verbracht hat und dort seinen ordentlichen Wohnsitz hatte, ist der Führerschein in Deutschland nicht gültig.

So war es in dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall, so dass die  polnische Fahrerlaubnis in Deutschland ungültig war.

Fazit:

Von dem Führerscheintourismus ist ebenso wie von den blumigen Versprechungen leicht und vor allem schnell im Ausland den Führerschein zu bekommen abzuraten. Dies kostet nur viel Geld und führt geradewegs in die Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG.

Lassen Sie sich lieber beraten und erwerben dann legal einen hier in Deutschland verwendbaren ausländischen Europäischen Führerschein.


Rechtsanwalt Ulrich Bambor, Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht,

 

Foto(s): RA Ulrich Bambor

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Beiträge zum Thema