Fahrerlaubnis und Cannabis - Eignung (wieder-) erlangt auch ohne MPU?

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Am 01.04.2024 trat das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) in Kraft.

Laut Bundesregierung verfolgt das Gesetz die Ziele:

  • den illegalen Cannabis-Markt einzudämmen,
  • die Qualität von Cannabis zu kontrollieren, die Weitergabe von verunreinigten Substanzen zu verhindern und damit zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen,
  • mehr für Aufklärung und Prävention zu tun
  • und den Kinder- und Jugendschutz zu stärken.

Hierzu regelt und legalisiert das Gesetz in vielerlei Hinsicht und mit Auswirkungen auf diverse weitere Gesetze den Umgang mit Cannabis.

Abgesehen von der Relevanz des Umgangs mit Cannabis für die strafrechtliche Bewertung war und ist der Konsum und sogar der Besitz von Cannabis relevant für die Fahreignung.

Besitz und Konsum von Cannabis führten für viele - mit oder ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung - zum Verlust der Fahrerlaubnis oder dazu, dass eine solche gar nicht erst erteilt wurde.

Bis zur Gesetzesänderung regelte § 14 der Fahrerlaubnisverordnung (FEV) die Frage, wie die Fahrerlaubnisbehörde bei Bekanntwerden von Tatsachen rund um das Thema Cannabis vorgehen musste.

Ganz vereinfacht gesagt wurden ärztliche Gutachten eingeholt, wenn es bei begründetem Verdacht um die Feststellung des Konsummusters ging, also einmaliger Konsum, gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum und die Frage von Abhängigkeit und missbräuchlicher Einnahme.

Der einmalige Konsum, der im Wortsinne tatsächlich nur der einmalige Konsum von Cannabis war, war für die Fahrerlaubnis auch dann unschädlich, wenn der Konsum mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs einherging.

Der regelmäßige, also tägliche Konsum, führte zur Ungeeignetheit, völlig unabhängig davon, ob ein Kraftfahrzeug unter aktivem Einfluss von THC, also dem Wirkstoff von Cannabis geführt wurde.

Interessant wurden die Fälle des gelegentlichen Cannabiskonsums, also des mehr als einmaligen Konsums. Während vor einigen Jahren bei gelegentlichen Konsum und gleichzeitigem Führen eines Kraftfahrzeugs sogar sofort Ungeeignetheit angenommen wurde, wurde zuletzt bei gelegentlichen Konsum von Cannabis und einmaligem Führen eines Kraftfahrzeugs ein medizinisch-psychologisches Gutachten angeordnet. Geklärt werden musste in diesen Fällen die Frage des Trennungsvermögens zwischen Konsum und Fahren.

Zu Recht fürchteten viele Inhaber einer Fahrerlaubnis oder diejenigen, die eine solche erwerben wollten, die medizinisch-psychologische Untersuchung. Eine Vielzahl von Anbietern bietet Vorbereitungskurse an. Welcher der richtige ist und zum Erfolg führt oder ob ein solcher Erfolg überhaupt erreicht werden kann, stand für viele in den Sternen. Mit oder ohne Vorbereitung war das Absolvieren einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) auch kostenintensiv.

Mit der Gesetzesänderung wurde nunmehr § 13a der Fahrerlaubnisverordnung (FEV) eingeführt, dessen Inhalt wie folgt lautet:

Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass

1. ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen, oder


2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn    

a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen,


b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden,


c) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder


d) sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.


Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens wird damit beschränkt auf die Überprüfung eines Tatsachenverdachts von Cannabisabhängigkeit.

Die medizinisch-psychologische Untersuchung wird im Wesentlichen zukünftig nur noch in 2 Fallgruppen relevant, nämlich zum einen der Fallgruppe des Cannabismissbrauch und zum anderen der Fallgruppe wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss.

Wann Cannabismissbrauch anzunehmen ist, wird zukünftigen Entscheidungen vorbehalten bleiben. Fest steht, dass Cannabismissbrauch weniger ist als Cannabisabhängigkeit.

Missbrauch wird durch das Gesetz nicht definiert. Die Frage ist, ob Cannabismissbrauch mit regelmäßigem Cannabiskonsum gleichzusetzen sein soll. Die Frage ist anders zu beantworten: Die entscheidende Frage für die Fahreignung war und ist noch heute im Grunde das Trennungsvermögen. Wann fehlendes Trennungsvermögen anzunehmen ist, ist aber abweichend zu beantworten.

In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (Deutscher Bundestag Drucksache 20/10426) heißt es dazu, dass Missbrauch wie bei Alkohol dann anzunehmen sei, wenn die Betroffenen nicht zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum hinreichend sicher trennen können. Aber ist dies bei regelmäßigen Konsumenten zwingend er Fall? Dies dürfte man in Frage stellen können.

Fest dürfte mit der neuen gesetzlichen Regelung jedenfalls stehen, dass gelegentlicher Cannabiskonsum und -einmalig – Fahren unter Einfluss von Cannabis nicht mehr ausreichend ist, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu verlangen. Der gelegentliche Konsum i.V.m. dem Führen eines Kraftfahrzeugs, der in tausenden Fällen Grundlage der Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens war, ist erfüllt gewesen, wenn mehr als einmaliger Konsum vorlag und mindestens in einem Fall ein Fahrzeug unter Einfluss von Cannabis geführt wurde.

Zukünftig sind aber wiederholte Zuwiderhandlungen unter Einfluss von Cannabis erforderlich, um ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzufordern.

Fazit:

Wer also aktuell unter dem Tatbestand des bisher geltenden gelegentlichen Konsums zu einer medizinisch-psychologisches Untersuchung (MPU) aufgefordert wurde oder wem die Fahrerlaubnis auf Basis der vorstehenden Begründung entzogen wurde, sollte sich unbedingt gegen diese zur Wehr setzen.


Rechtlich wird die Frage zu beantworten sein, ob die Entziehung noch mit Rechtsmitteln verhindert werden kann oder ob ein Antrag auf Wiedererteilung alternativlos ist.


Zu diesen und weiteren Fragen stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite.



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