FAQs zur Einführung von Kurzarbeit in der Corona-Krise - die wichtigsten Praxishinweise

  • 4 Minuten Lesezeit

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens-Arne Former

Der Coronavirus hat inzwischen auch erhebliche Teile der deutschen Wirtschaft infiziert. Der Staat stellt wichtige Hilfsinstrumente zur Verfügung, die jeder Firmenlenker jetzt kennen muss. Dazu gehört insbesondere der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld.

Nachfolgend fasse ich für Sie die wichtigsten Punkte samt Anleitung zur Einführung und Umsetzung der Kurzarbeit aus Praktikersicht zusammen:

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um Kurzarbeitergeld zu beantragen?

Der Arbeitgeber benötigt zunächst einmal eine den Mitarbeiter bindende Vereinbarung zur Kurzarbeit. Dann müssen diverse betriebliche Voraussetzungen erfüllt sein: Das Unternehmen hat einen erheblichen Arbeitsausfall, der nur vorübergehend und unvermeidbar ist. Darüber hinaus müssen bei den betroffenen Mitarbeitern persönliche Voraussetzungen erfüllt werden.

(1)Wann ist der Arbeitgeber berechtigt seine Arbeitnehmer in Kurzarbeit zu „schicken“?

Rechtsgrundlage dafür kann ein einschlägiger Tarifvertrag sein, eine Betriebsvereinbarung oder eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Wer nicht tarifgebunden ist, keinen Betriebsrat und/oder keine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit hat und sich die Einführung auch nicht im Arbeitsvertrag (wirksam) vorbehalten hat, der muss auf seine Mitarbeiter zugehen und sie um ihre Zustimmung zur Einführung der Kurzarbeit bitten. Achtung: Auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung besteht kein Anspruch. Bei der Einführung ist also Fingerspitzengefühl zu wahren. Ein Mitarbeiter, der sich weigert, kann aber u. U. betriebsbedingt gekündigt werden.

(2) Wann liegt ein erheblicher Arbeitsausfall vor?

Antwort: Arbeitsausfall, der mindestens ein Drittel der Belegschaft betrifft (Besonderheit bei Corona bedingten Arbeitsausfall genügt 10 % der Belegschaft) und bei diesem Teil der Belegschaft zu einem Arbeitsausfall von über 10 % ihrer Arbeit führt.

Der Mangel an Rohstoffen bzw. halbfertigen Waren zur Weiterverarbeitung und/oder Absatzmangel sind typische Gründe für einen erheblichen Arbeitsausfall.

(3) Wann ist der Arbeitsausfall vorübergehend?

Antwort: Wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist. Die vorübergehende Natur des Arbeitsausfalls muss während der gesamten Dauer des Kug-Bezuges gegeben sein.

Da wir alle unerschütterlichen Optimisten sind, gehen wir davon aus, dass es eine Zeit nach der Corona-Krise geben wird, in der wir wieder zur Normalität zurückkehren können.

(4) Wann ist der Arbeitsausfall unvermeidbar?

Antwort: Wenn er nicht überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist (trifft auf Corona bedingte Ausfälle nicht zu) und auch nicht ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht (betriebsorganisatorisch vermeidbar ist Kurzarbeit die durch Überstundenabbau und/oder einvernehmliche Urlaubsgewährung vermieden werden kann).

(5) Welche persönlichen Voraussetzungen muss der Mitarbeiter erfüllen?

Antwort: Ein Mitarbeiter, der in Kurzarbeit geschickt wird, muss

a. sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein (geht also nicht bei freien Mitarbeitern oder Minijobbern!) und

b. ungekündigt sein und

c. darf kein Krankengeld beziehen

d. hat die Regelaltersgrenze für den Bezug einer Altersrente noch nicht überschritten

Welche Fristen müssen beachtet werden?

Das Kurzarbeitsgeld wird frühestens für den Kalendermonat gewährt, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist.

In welcher Höhe besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum. Arbeitnehmer mit Kindern erhalten 67 %. Hilfen für die Berechnung des KuG finden Sie hier in einer Tabelle der Bundesagentur: https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug050-2016_ba014803.pdf

Wie lange kann ich Kurarbeitergeld beziehen?

Kurzarbeitsgeld wird grundsätzlich nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung für bis zu 12 Monate gewährt (Verlängerung auf 24 Monate ist durch Rechtsverordnung bei besonderen Umständen möglich; ob sie in der Corona-Krise erforderlich sein wird, muss sich erst noch zeigen). Bei einer Unterbrechung von mindestens 1 Monat kann sich die Bezugsfrist verlängern.

Was gilt ist mit dem Urlaubsanspruch?

Der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer reduziert sich nach herrschender Meinung für jeden vollen Kalendermonat mit Kurzarbeit „Null“ um 1/12 des Jahresanspruchs (EuGH Urteil vom 08.11.2012, C-229/11 u. C 230/11 nach Vorlage ArbG Passau mit derselben Ansicht). Ohne Kurzarbeit „Null“ bleibt der Urlaubsanspruch aus dem Kurzarbeitszeitraum bestehen und wird durch Urlaubsgewährung während des Kurzarbeitszeitraums auch abgebaut.

Wie läuft das Antrags- und Bewilligungsverfahren und die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes genau ab?

(1) Arbeitgeber zeigt Kurzarbeit mit folgendem Formular schriftlich an: https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf Unterschriebenes Fax oder Scan des unterzeichneten Formulars, das per Mail gesendet wird, reicht aus! Hilfe dazu unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba039765.pdf

(2) Arbeitgeber beantragt Kurzarbeitergeld schriftlich mit folgendem Formular https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf Unterschriebenes Fax oder Scan mit Unterschrift, der per Mail gesendet wird reicht aus! Hilfe dazu: S.o.

(3) Arbeitgeber rechnet den anteiligen Bruttolohn für die verbleibende Arbeit ganz normal ab und führt Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab (entfällt bei Kurzarbeit 100 %)

(4) Arbeitgeber berechnet selbständig jeden Monat in Abhängigkeit von dem tatsächlichen Arbeitsausfall das Kurzarbeitergeld und finanziert es vor, d. h. zahlt es zusammen mit dem Nettolohn nach (3) an den Arbeitnehmer aus. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten 60 % und mit Kindern 67 % des während der Kurzarbeit ausgefallenen Nettolohns. Eine Aufstockung des KuG durch den Arbeitgeber ist übrigens zulässig (und manchmal auch notwendig, um die Mitarbeiter zu einer Unterzeichnung der Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit zu motivieren).

(5) Arbeitgeber berechnet selbständig die Sozialversicherungsbeiträge auf das durch Arbeitsausfall entfallende fiktive Arbeitsentgelt und finanziert die Beiträge (fiktives Arbeitsentgelt x 80 % x individuelle Beiträge zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung) vor, d. h. führt es an die Einzugsstellen ab.

(6) Bundesagentur gewährt Kurzarbeitergeld innerhalb weniger Wochen über vorläufigen Bescheid gem. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III und erstattet dem Arbeitgeber das verauslagte KuG und – Besonderheit bei Corona bedingten Arbeitsausfall bis zum 31.12.2020 – 100 % der Sozialversicherungsbeiträge auf das fiktive Arbeitsentgelt. Der endgültige Bescheid wird ca. 7 Monate nach dem Ende der KuG Bezugsdauer und eingehenderer Prüfung der Lohn und Arbeitszeitunterlagen erlassen. 

Haben Sie weitere Fragen: RA Jens-Arne Former steht Ihnen gerne zur Verfügung.


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