Fristlose Kündigung wegen Datenklau

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Weiterbeschäftigungsanspruch trotz erheblicher Pflichtverletzung

Beitrag zum Urteil des BAG vom 08.05.2014 – 2 AZR 249/13

Ausgangslage:

Arbeitgeber werden immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob sie einen Mitarbeiter trotz erheblicher Pflichtverletzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beschäftigen müssen oder ob wegen der Pflichtverletzung nicht eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt.

Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten in der Finanzbuchhaltung beschäftigt. Die Beklagte als Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt mit dem Hinweis, ihre Gesellschafterin habe zwischenzeitlich die Aufgaben des Klägers und Mitarbeiters im Bereich der Buchhaltung übernommen, sodass sein Arbeitsplatz weggefallen sei. Gegen diese betriebsbedingte Kündigung hat der Mitarbeiter Klage erhoben. Nachdem die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht gescheitert war, trug der Mitarbeiter erstmals vor, die Kündigung sei willkürlich erfolgt. Der Arbeitgeber habe ihn als lästigen Mitwisser loswerden wollen, nachdem dieser Informationen über zweifelhafte Geschäfte des Arbeitgebers hatte. Der Mitarbeiter teilte über seinen Rechtsanwalt dem Arbeitgeber mit, dass er diese Informationen an das Arbeitsgericht weiterleiten würde, sofern man nicht noch einmal die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Regelung erörtern würde. Nachdem der Arbeitgeber hierauf nicht reagierte, legte der Mitarbeiter in dem laufenden Arbeitsgerichtsprozess dem Arbeitsgericht verschiedene Unterlagen vor, die die zweifelhaften Geschäfte dokumentieren sollten. Von diesen Unterlagen hatte der Mitarbeiter ohne Einverständnis seines Arbeitgebers Kopien angefertigt. Daraufhin erklärte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die außerordentliche Kündigung des Vertrags wegen Pflichtverletzung. Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob dem Mitarbeiter fristlos gekündigt werden kann, weil er ohne Einverständnis seines Arbeitgebers sich betriebliche Unterlagen angeeignet hatte, um sie zu seinen Gunsten im Kündigungsrechtsstreit mit seinem Arbeitgeber zu verwerten.

Urteil des BAG:

Das BAG hat in der vorbezeichneten Entscheidung folgende Orientierungssätze aufgestellt:

1.
Droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nachteilige Folgen mit dem Ziel an, umstrittene eigene Forderungen durchzusetzen, kann darin – je nach den Umständen des Einzelfalls – eine erhebliche, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigende Verletzung seiner Pflicht liegen, auf berechtigte Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.

2.
Ein Arbeitnehmer handelt nicht rechtswidrig, wenn er sich bei zweifelhafter Rechtslage dem Arbeitgeber gegenüber auf einen objektiv vertretbaren Rechtsstandpunkt stellt, um diesen zum Einlenken in einem Kündigungsschutzprozess zu bewegen.

3.
Ein Arbeitnehmer darf sich nicht ohne Einverständnis des Arbeitgebers diesem gehörende betriebliche Unterlagen aneignen oder entsprechende Schriftstücke und/oder Daten für betriebsfremde Zwecke vervielfältigen. Ob eine rechtswidrige und schuldhafte Zuwiderhandlung gegen diese Vorgabe einen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses bildet, hängt insbesondere von der Motivation des Arbeitnehmers und möglichen nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber ab.

Anmerkung RA Müller:

Sofern Mitarbeiter sich ohne Erlaubnis Unterlagen und Daten des Arbeitgebers aneignen, laufen sie Gefahr, fristlos gekündigt zu werden, auch wenn sie diese Unterlagen ausschließlich dazu verwenden, um ihre Rechtsposition in einem Rechtsstreit gegenüber dem Arbeitgeber zu unterstreichen oder zu verbessern. Grundsätzlich hat nämlich jede Partei in einem Prozess die Möglichkeit, über das Gericht die Vorlage von Unterlagen vom Prozessgegner zu fordern. Deshalb empfehle ich Arbeitgebern, einen Mitarbeiter zu kündigen, sofern dieser sich ohne Einverständnis betriebliche Unterlagen oder Daten aneignet, unabhängig davon, zu welchem Zweck er dies tut.


Rechtsanwalt Daniel Müller LL.M. Eur.


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