Führerschein weg: was hilft - und was nicht

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Sobald es um die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis geht, agiert die Justiz gern schnell. Im gelben Umschlag fordert ein richterlicher Beschluss die bisherigen Autofahrer knapp auf, den Führerschein abzugeben und bis auf Weiteres zu Fuß zu gehen.

Ausgangspunkt der richterlichen Eile ist in der Regel ein strafrechtlicher Vorwurf im Straßenverkehr, etwa des Fahrens unter erheblichem Alkoholeinfluss oder des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (also die „Fahrerflucht“). Aber auch das grob falsche und andere gefährdende Fahren, die so genannte Straßenverkehrsgefährdung, und neuerdings die vorgeworfene Teilnahme an einem illegalen Rennen, gehören hierher.

Entzug der Fahrerlaubnis ab sofort, unverzüglich. 

Grundlage für die vorläufige Entziehung ist § 111a der Strafprozessordnung (StPO). Die Regelung ermöglicht es, schon lange vor einer späteren Verhandlung die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Hintergrund sind Überlegungen zur sogenannten Gefahrenabwehr: wer voraussichtlich ungeeignet zum Autofahren ist, soll zum Schutz aller möglichst schnell von der Straße.

So nachvollziehbar der Wunsch schneller Reaktion ist, so bedenklich erscheint es, auf welch schmaler und oft noch völlig offener Tatsachengrundlage solche für den Einzelnen äußerst belastenden Entscheidungen zwangsläufig getroffen werden. Denn der 111a-Beschluss, den man keinesfalls mit einem temporären Fahrverbot etwa nach einer Geschwindigkeitsübertretung verwechseln darf, ergeht üblicherweise allein nach Aktenlage am richterlichen Schreibtisch. Das steht in krassem Missverhältnis zu den für die Betroffenen weitreichenden, vielfach existenzgefährdenden Konsequenzen. Für Außendienstler, Berufskraftfahrer und Landwirte sowieso, in Zeiten der Pandemie aber auch für die meisten anderen. Zumal es nicht um Tage oder Wochen, sondern in den allermeisten Fällen (mindestens!) um viele Monate ohne Führerschein geht.

"Das Ziel des Rechts ist der Friede, das Mittel dazu der Kampf."

Deshalb gilt es, die eigenen Interessen konsequent wahrzunehmen. Dazu ist in der Regel unabdingbar, genau zu wissen, wie der Vorwurf lautet und schnellstmöglich Akteneinsicht zu nehmen. Dabei handelt es sich um eines der zentralen Beschuldigtenrechte. Denn nur mit Aktenkenntnis lässt sich effektiv für die eigenen Rechte und einen guten Ausgang des Verfahrens kämpfen. Schon der Jurist Rudolf von Ihering wusste 1872: "Das Ziel des Rechts ist der Friede, das Mittel dazu der Kampf." 

Vor allem müssen die durch die Polizei getroffenen Feststellungen, die sich aus der Akte ergeben, genau überprüft werden. Gleiches gilt für ärztliche Protokolle, etwa zu Blutalkoholwerten oder körperlichen Mängeln.  Und nicht zuletzt gilt es, der Justiz ins Gedächtnis zu rufen, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vom Gesetzgeber nicht als eine Art „Naturgesetz“ ausgestaltet worden ist. Vielmehr kann das Gericht die Fahrerlaubnis bei bestimmten Regelfällen entziehen, es muss dies aber nicht in jedem Fall tun, und vor allem auch nicht für alle Arten von Fahrzeugen.

Wichtige Weichen werden oft ganz am Anfang gestellt.

Keinesfalls unterschätzen dürfen Betroffene, dass das Gericht mit seiner vorläufigen Entscheidung jedenfalls schon einmal signalisiert, dass es die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis am Ende des Verfahrens für wahrscheinlich hält. Damit wird oft der Ton für das weitere Verfahren gesetzt.

Rechtsmittel der Beschwerde: Vielfach kontraproduktiv

Gegen Kritik an der oft sehr schnellen vorläufigen Entziehung wird gern eingewandt, dass Betroffene ja jederzeit Beschwerde zur nächsten Instanz, dem Landgericht, einlegen könnten. Das indes ist in der Praxis ein „zweischneidiges Schwert“ und nur in seltenen Fällen auch ratsam. Denn mit der Beschwerde geht ein vorübergehender Wechsel der Zuständigkeit einher: weg vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht und hin zu einer Kammer am Landgericht. Schon das verlangsamt das bis dahin so zügig geführte Verfahren, und zwar meist, ohne dem Beschuldigten dann auch eine tatsächliche Perspektive auf Aufhebung des Beschlusses zu schaffen. Denn ohne Kenntnis des konkreten Vorwurfs und der genauen Aktenlage lässt sich kaum etwas Sinnvolles vortragen, das die neuen Richter in der Kürze der Zeit zu einer anderen Auffassung als die Kollegen vom Amtsgericht kommen ließe.

Engagierte und erfahrene Fachanwälte für Verkehrsrecht können hier helfen, das Verfahren in die richtige Bahn zu lenken und den Zeitverlust zu minimieren.




Über den Autor: Christian Wiese ist Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er war langjährig tätig in einer überörtlichen Rechtsanwalts- und Notariatssozietät im Hamburger Umland. Anschließend in einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Rechtsanwalts- und Steuerberatungspartnerschaft in Hamburg. Heute in eigener Kanzlei am Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) in Hamburg-Poppenbüttel.

Die Kanzlei Christian Wiese versteht sich als modernen Rechtsdienstleister mit Schwerpunkten in der multidisziplinären Rechts- und Unternehmensberatung. Zu unseren Mandanten zählen bundesweit anspruchsvolle Privatleute und erfolgreiche Unternehmer, die individuelle Betreuung, vorausschauende Beratung und den unbedingten Willen zum Erfolg schätzen.




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