Geschlossener Fonds rückabwickelbar wenn zugehörige(r) Kredit o. Lebensversicherung widerruflich?

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Bereits ab den 1990er Jahren haben sich viele Privatanleger an geschlossenen Immobilienfonds, meist auf Anraten von Provisionsvermittlern, beteiligt. Dazu sind diese regelmäßig als Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (KG) beigetreten. Da viele Kleinanleger die Einlagensumme, die oft per Einmalzahlung zu begleichen war, nicht auf dem Konto zur Verfügung hatten, nahmen sie häufig extra einen Kredit auf. Im Kreditvertrag haben die Verbraucher den Banken regelmäßig Sicherheiten gewährt, z.B. Abtretung der Ansprüche aus Arbeitseinkommen, Bestellung einer Grundschuld auf das Eigenheim, Verpfändung des zu finanzierenden KG-Anteils sowie die Abtretung der extra auf Veranlassung der Bank abgeschlossenen Lebensversicherung.

Zudem haben Verbraucher teilweise zuvor eine Risikolebensversicherung für den Fall des Todes eines Versicherungsnehmers mit der Bezugsberechtigung des jeweils anderen Ehegatten abgeschlossen, welche der Bank ebenfalls abgetreten wurde. Die Kapitallebensversicherung wurde dabei geschlossen für die Tilgung der Verpflichtungen aus der Kommanditbeteiligung. Bezüglich der Lebensversicherung wurde den Versicherungsnehmern häufig ein 2wöchiges Widerspruchsrecht eingeräumt.  

Auswirkungen der Widerruflichkeit des einen Vertrages auf die anderen Verträge

Es fragt sich, ob die Widerrufsmöglichkeit des einen Vertrages (Lebensversicherung, Darlehensvertrag oder Beitritt zur Kommanditgesellschaft) Auswirkungen auf die anderen Verträge hat.

Wenn der verbundene Darlehensvertrag noch widerrufen werden könnte, ist der Anleger gegenüber der darlehensgebenden Bank nicht zur Darlehensrückzahlung, sondern lediglich zur Übertragung seines Anspruches auf das Auseinandersetzungsguthaben oder seiner sonstigen Rechte aus dem fehlgeschlagenen Beitritt verpflichtet. Er würde in diesem Falle seine an den Darlehensgeber geleisteten Zahlungen zurück erhalten, nicht dagegen die diesem zugeflossenen Fondsausschüttungen. Unverfallbare und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile müsste sich der Anleger dagegen anrechnen lassen, sofern er nicht die Ersatzleistung versteuern muss.
 Das Risiko der Uneinbringlichkeit des Auseinandersetzungsanspruches trägt der Darlehensgeber und ebenso die Beweislast für dessen Höhe.

Kann dann die Bank die Kommanditbeteiligung rückabwickeln und das geleistete Kommanditkapital zurück fordern?

Dies ist nicht möglich. Das einmal in Kraft getretene Gesellschaftsverhältnis (hier die Kommanditbeteiligung und Leistung einer Kommanditeinlage) kann nach dem Bundesgerichtshof nur mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst werden. Den Gesellschaftern ist eine Rückabwicklung des bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaftsverhältnisses verwehrt. Damit bleibt der Gesellschafter (bzw. der Bank nach Widerruf des mit der KG-Beteiligung verbundenen Darlehens) auf einen Anspruch auf außerordentliche Kündigung der Beteiligung verwiesen.

Diese Beschränkung soll den schutzwürdigen Interessen der Mitgesellschafter dienen, denn im anderen Fall könnte die Rückabwicklung der Beteiligung zu einem Wettlauf der Gesellschafter um das Gesellschaftsvermögen auf Kosten einzelner Auseinandersetzungsguthaben führen. Dies wäre nicht mit der gesellschaftsrechtlichen „Treuepflicht“  vereinbar.
Mit anderen Worten: Bei geschlossenen Fonds führt ein solcher Widerruf nicht dazu, dass die empfangenen Leistungen rückabzuwickeln sind, sondern der Widerruf wirkt wie eine sofortige Kündigung der Beteiligung. Dies bedeutet, dass der Gesellschafter das Recht hat, sofort aus der Gesellschaft auszuscheiden.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds in der Vergangenheit bis zum Ausscheiden muss sich der Gesellschafter aber entgegenhalten lassen.
Mit anderen Worten: Nach dem Widerruf bekommt der Gesellschafter nicht das gesamte eingezahlte Kapital zurück, sondern nur den aktuell noch vorhandenen Stück vom Kuchen. Dies kann auch zu einem negativen Auseinandersetzungsguthaben führen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft vom Beitritt bis Austritt verlustreich war (was häufig der Fall ist).

Kann die Kommanditbeteiligung widerrufen werden und somit auch der verbundenen Darlehensvertrag rückabgewickelt werden (wenn der Darlehensvertrag nicht selbständig widerruflich wäre)?

Diese Möglichkeit kommt nur in Betracht, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht hinsichtlich der eingegangenen KG-Beteiligung besteht (z.B. infolge eines Fernabsatzbeitrittes) und hierüber nicht ordnungsgemäß belehrt wurde oder wenn die vertragliche Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist. Ein gesetzliches Widerrufsrecht speziell wegen Eingehung einer Kommanditbeteiligung existiert nicht, unter anderem aus Rücksicht gegenüber der Gesellschaft, deren Gläubigern und gegenüber deren Mitgesellschaftern, welche Rechtssicherheit benötigen.

Besteht die Möglichkeit, die für eine solche Dreieckskonstellation abgeschlossene Lebensversicherung nach Widerspruch rückabzuwickeln ?

Wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein gesetzliches Widerspruchsrecht belehrt wurde oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen u.a. nicht erhalten hat, besteht grundsätzlich ein „ewiges“Widerspruchsrecht und er kann noch heute die Lebensversicherung nach Widerspruch rückabwickeln lassen. Dies ist ökonomisch aber nicht immer sinnvoll, z.B. wenn der entsprechende Fonds, in den die Lebensversicherung investiert, wirtschaftlich sehr gut gelaufen ist oder wenn eine Zinshöchststandsgarantie vereinbart wurde, an die die Versicherung heute noch gebunden ist und sofern die Vermittler- und Verwaltungskosten die Rendite nicht „aufgefressen“ haben.

Hat der wirksame Widerspruch hinsichtlich der Lebensversicherung Auswirkungen auf Darlehensvertrag und Kommanditbeteiligung?

Selbst wenn ein Widerspruchsrecht bezüglich der Lebensversicherung bestünde, hätte dies meist weder Auswirkungen auf den Darlehensvertrag noch auf den Beitritt zur KG.
Wenn eine Kapitallebensversicherung geschlossen wurde für die Tilgung eines abgeschlossenen Immobilienfonds, handelt es sich zwar wirtschaftlich um ein verbundenes Geschäft, aber nicht um ein rechtliches Geschäft im Sinne des BGB, da in solch einem Fall ein dafür notwendiger Finanzierungszusammenhang regelmäßig nicht gegeben ist.

Aber selbst wenn hier ein Finanzierungszusammenhang vorläge, könnte die Kommanditbeteiligung nicht rückabgewickelt werden.

Rechtlich verbundene Verträge mit Finanzierungszusammenhang (die den verbundenen Vertrag gleich mit „zu Fall bringen“ können) sind in diesen Konstellationen regelmäßig nur der Darlehensvertrag und die Beteiligung am Immobilienfonds. Ein verbundenes Geschäft im Rechtssinne ist dagegen nicht gegeben soweit es um den Kreditvertrag auf der einen Seite und die Lebensversicherung auf der anderen Seite geht, wenn die Versicherungsprämie nicht in Form einer Einmalzahlung zu entrichten ist, die ganz oder teilweise durch das Darlehen finanziert wird, vgl. BGH Urteil vom 5. Mai 2015 - XI ZR 406/13

Wurde das Darlehen bereits vollständig bedient, hat der Darlehensnehmer einen Anspruch auf Rückabtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung gegen die Bank, da das Sicherungsinteresse der Bank mit vollständiger Darlehenstilgung erloschen ist.

Zum Schluss:

Es bringt weder die etwaige Widerruflichkeit des Darlehensvertrages noch der Lebensversicherung in solch einer Dreieckskonstellation dem Kommanditgesellschafter das in den geschlossenen Fonds investierte (und oft „notleidende“) Kapital zurück.

Der Lebensversicherung sollte bei Vorliegen der Voraussetzungen nur widersprochen werden, wenn dies ökonomisch wirklich sinnvoll ist.


 

 



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