Gewerberaummietrecht: Welche Rechte und Pflichten bestehen während der Covid-19-Pandemie?

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Aufgrund der Leitlinie von Bund und Ländern vom 16.03.2020 wurde die Schließung u. a. von Einzel- sowie Großhandelsgeschäften, Restaurants und Speisewirtschaften beschlossen.

Maßnahmen, die derzeit zum Schutz gegen die weitere Ausbreitung des Covid-19-Virus dienen sollen, können für den Einzel- und Großhandel, die Gastronomie und viele Unternehmen den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Um diese Folgen so gering wie möglich zu halten, hat die Bundesregierung einen Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Daneben werden milliardenschwere Hilfspakete erlassen, aus denen die betroffenen Unternehmen eine finanzielle Unterstützung erhalten können. Mit derartigen Maßnahmen versucht die Bundesregierung, die Betroffenen finanziell aufzufangen.

Nachdem als erstes deutsche Unternehmen Adidas angekündigt hat, seine Mietzahlungen für die Gewerbemietflächen einzustellen und Deichmann sowie H&M nachziehen wollen, stellt sich die Frage, inwieweit das erlassene Gesetz geeignet sind, auf die aktuelle Situation adäquat zu reagieren.

Im Folgenden sollen die verschiedenen Szenarien in Bezug auf Gewerbemietverhältnisse dargestellt werden:

Mietzahlungen

Eine Folge der Krise wird es sein, dass Unternehmen ihren Mietzahlungsverpflichtungen nicht mehr ausreichend nachzukommen können. Im Internet wird bereits dargestellt, man müsste aufgrund der Krise keine Mieten mehr zahlen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Schutz gegen die weitere Ausbreitung des Covid-19-Virus soll es einen Paragraphen zur Beschränkung der Kündigung bei Miet- und Pachtverträgen geben. Eine Differenzierung von Wohnraum- und Gewerbemietverträgen wird nicht vorgenommen. Das Gesetz gilt explizit für alle Verträge. Dies ergibt auch Sinn. Zwar müssen bei Wohnraummietverträgen die betroffenen Personen um ihr Dach über dem Kopf bangen. Gewerberaummieter dürften jedoch mindestens genauso hart betroffen sein. In Gastronomiebetrieben sowie dem Einzel- und Großhandel fallen aufgrund der untersagten Öffnung die gesamten Monatseinnahmen weg. Aus diesem Grund wurde in dem genannten Gesetz eine Kündigung aufgrund von Mietrückständen, die aufgrund der Corona-Pandemie entstanden sind bzw. entstehen werden, ausgeschlossen. Dies betrifft derzeit Mietrückstände zwischen dem 01.04.2020 bis 30.06.2020. Der Mieter muss glaubhaft machen, dass er die Mieten gerade aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht begleichen kann. Auf Mietrückstände aus anderen Gründen kann weiterhin eine Kündigung gestützt werden. Klarzustellen bleibt, dass der Mietanspruch weiterhin bestehen bleibt und bis spätestens zum 22.06.2022 beglichen werden muss.

Mietmangel

Vielfach diskutiert wird die Frage, ob aufgrund der Schließung nicht systemrelevanter Einrichtungen dem Gewerbemieter das Recht auf die Berufung auf einen Mietmangel zusteht. 

Nach dem Mietrecht und der geltenden Rechtsprechung gehört es zu den Verpflichtungen des Gewerberaumvermieters, dem Mieter ein baurechtlich ordnungsgemäßes Mietobjekt zu überlassen. Betriebsbezogene Einflüsse, wie z. B. öffentlich-rechtliche Beschränkungen, liegen im Risikobereich des Mieters und begründen daher keinen Mietmangel, den der Mieter dem Vermieter entgegenhalten und damit die Miete mindern kann.

In einem Gewerberaummietvertrag wird jedoch nicht selten der konkrete Nutzungszweck genau beschrieben. Kann aufgrund einer behördlichen Anordnung dieser Nutzungszweck nicht mehr erreicht werden, könnte darin eine Unmöglichkeit einer vertraglichen Verpflichtung, nämlich der Gewähr zum vertraglich vereinbarten Zweck, gesehen werden. Konsequenz daraus könnte sein, dass der Mieter von seiner Pflicht zur Mietzahlung für den entsprechenden Zeitraum vollständig befreit ist.

Dies berücksichtigt jedoch nicht die Risikoverteilung im Falle einer Pandemie. Diese liegt nämlich weder in dem Einflussbereich des Mieters noch des Vermieters. Die Berufung auf einen Mietmangel oder gar eine Unmöglichkeit würde jedoch eine Risikoverteilung zu Lasten des Vermieters vornehmen.

Störung der Geschäftsgrundlage

Interessengerechter dürfte daher die Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage sein. Diese kennzeichnet sich dadurch, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätte, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dieser Rechtsgedanke passt bereits aus dem Grund besser als eine Minderung, als dass auf Umstände außerhalb des Mietverhältnisses Bezug genommen wird. Der Gesetzgeber wollte den Vertragsparteien damit eine Handlungsmöglichkeit für Umstände geben, die nicht der Risikosphäre einer Vertragspartei zugeordnet werden kann. Rechtsfolge bei einer Störung der Geschäftsgrundlage kann eine angemessene Anpassung des Vertragsverhältnisses sein. Diesbezüglich kann sodann eine Lösung gefunden werden, die sowohl das Mieter- als auch das Vermieterinteresse berücksichtigt und aus diesem Grund gerade keine Reduzierung der Miete auf null hat.

Sind Sie als Gewerberaumvermieter oder als Mieter von dieser Thematik betroffen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne beratend zur Verfügung.

Ninja Lorenz

Fachanwältin Miet-/ Wohnungseigentumsrecht

Kanzlei Schwede, Gewert & Kollegen


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