Gilt in der Krankentageversicherung die Residenzpflicht bei Arbeitsunfähigkeit?

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Der Anspruch auf Krankentagegeld in der Privaten Krankentagegeldversicherung

Für privat Krankenversicherte ist die Krankentagegeldversicherung ein wichtiger Baustein zur Absicherung gegen Verdienstausfall bei erkrankungsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Die Voraussetzungen sind dabei höher als für das vergleichbare Krankengeld in der gesetzlichen Krankenversicherung. Üblicherweise wird eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit verlangt.

Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und Ausschlusstatbestände

Daneben hat der Versicherte bestimmte Pflichten, die sogenannten Obliegenheiten zu erfüllen. Verletzt er diese, kann er seinen Anspruch auf Krankentagegeld verlieren. Zusätzlich gibt es bestimmte Ausschlusstatbestände, bei denen der Anspruch auf Krankentagegeld entfällt, obwohl erkrankungsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Diese sind tückisch für den nicht versicherungsrechtlich versierten Versicherungsnehmer, da sich ihre Sinnhaftigkeit keinesfalls von alleine erschließt und sie den meisten Versicherten auch schlichtweg unbekannt sein dürften. Leider versäumen es die Versicherungsunternehmen häufig auch, darauf hinzuweisen.

Die unbekannte Residenzpflicht aus § 5 Abs. 1 f) MB/KT

Zu den überraschenden Ausschlusstatbeständen gehört die sogenannte Residenzpflicht. Danach gehört es – sofern nichts anderes vereinbart wurde – zu den Pflichten des Versicherungsnehmers, sich während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit an seinem „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ aufzuhalten. In älteren Versicherungsbedingungen wird auch der Begriff des Wohnsitzes verwandt, der synonym zu verstehen ist. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall der stationären Krankenhausbehandlung oder der medizinisch bedingten Unfähigkeit zur Rückreise bei einer Erkrankung im Ausland. Sinn und Zweck der Klausel ist es, dem Versicherungsunternehmen es zu ermöglichen, den Gesundheitszustand des Versicherten zu überprüfen, etwa durch ein persönliches Gespräch zu Hause oder der kurzfristig angeordneten Vorstellung bei einem vom Versicherer bestimmten Arzt. Verstößt der Versicherungsnehmer dagegen – auch unwissentlich – weigert sich der Versicherer häufig, das Krankentagegeld zu bezahlen.

Ist die Residenzklausel wirksam?

Der Verlust des Anspruchs auf Krankentagegeld wegen Verstoßes gegen die Residenz- oder Wohnsitzklausel darf natürlich nur dann erfolgen, wenn diese Klausel wirksam ist. Dies ist bis heute ungeklärt. Die ältere Rechtsprechung hat das zwar meist unproblematisch angenommen. Allerdings stammen die hierzu veröffentlichten Entscheidungen alle aus dem vergangenen Jahrhundert, sind also meist mehr als 20 Jahre alt und stellen somit kein Präjudiz für die heutige Bewertung dar. Dies gilt umso mehr, als eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema nicht existiert. Entscheidungen aus der Zeit der Jahrtausendwende haben jedoch Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel hervorgebracht (vgl. etwa LG Berlin, 8. Mai 2001 – 7 O 506/00). Sie wurde zum Teil dann nicht mehr für anwendbar gehalten, wenn der Versicherungsnehmer sich zumindest in Deutschland aufhielt und dem Versicherer dies bekannt war, sodass eine ärztliche Untersuchung jederzeit und unproblematisch auch am tatsächlichem Aufenthaltsort möglich gewesen wäre

In der Literatur ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen höchst umstritten. Während viele keine Bedenken gegen sie hegen, gehen andere von einer vollständigen Unwirksamkeit wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB aus und verneinen auch die Möglichkeit zur teleologischen Reduktion.

Wie sollten sich Versicherungsnehmer verhalten?

Angesichts der ungeklärten Rechtslage tun die Versicherungsnehmer gut daran, sich nach wie vor bei Krankheit zu Hause aufzuhalten. Sofern notwendig und zur Förderung der Genesung sinnvoll, kann eine Abwesenheit auch mit dem Versicherer abgesprochen werden. Dessen Einverständnis sollte man sich immer in Textform bestätigen lassen. Kommt es doch zum Streitfall, ist der Gang zu einem in der Krankentagegeldversicherung versiertem und erfahrenem Rechtsanwalt meistens aber unumgänglich.

Rechtsanwalt Dr. Alexander T. SchäferFachanwalt für Medizinrecht und für Versicherungsrecht – Frankfurt am Main


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