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Gründungszuschuss auch bei hoher Abfindung?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Jeder Beschäftigte kann im Lauf seines Lebens einmal arbeitslos werden. Bleiben die Bewerbungen um eine neue Anstellung erfolglos, ist jedoch guter Rat teuer. Viele Arbeitssuchende entscheiden sich daher für den Weg in die Selbstständigkeit. Damit der Lebensunterhalt auch für die ersten Monate der Existenzgründung gesichert ist, können Empfänger von ALG I (Arbeitslosengeld I) bei der Arbeitsagentur den sog. Gründungszuschuss beantragen. Doch besteht ein Anspruch darauf oder darf das Jobcenter eine Gewährung des Gründungszuschusses versagen?

Anspruch auf Gründungszuschuss?

Gemäß § 93 I SGB III (Sozialgesetzbuch III) können Empfänger von ALG I einen Gründungszuschuss erhalten. Das bedeutet: Arbeitsagenturen können einen Gründungszuschuss gewähren – sie müssen aber nicht. Ein Anspruch darauf besteht somit nicht.

Im Übrigen kommt eine Förderung der Existenzgründung mittels Gründungszuschuss nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 93 II SGB III erfüllt sind. So muss man unter anderem die Tragfähigkeit seines Vorhabens nachweisen, also ob man z. B mit dem zu erwartenden Einkommen der Lebensunterhalt bestreiten kann. Wichtig ist auch, dass der Hilfebedürftige entsprechende Fähigkeiten bzw. Qualifikationen besitzen muss, um die geplante Tätigkeit auszuüben. So kann etwa ein ausgebildeter Dachdecker nicht plötzlich als Innenarchitekt tätig werden.

Gewährt die Arbeitsagentur den Gründungszuschuss, wird dieser für zunächst sechs Monate gezahlt. Nach § 94 SGB III erhält der Gründer eine Förderung in Höhe des zuletzt bezogenen ALG I sowie eine zusätzliche Leistung von 300 Euro. Ferner besteht die Möglichkeit, den Bezugszeitraum für neun weitere Monate auf insgesamt 15 Monate zu verlängern. Hierzu muss der Existenzgründer jedoch erneut einen Antrag beim zuständigen Jobcenter stellen, das darüber nach freiem Ermessen entscheiden kann. Wird der Gründungszuschuss weitergewährt, erhält der Selbstständige „nur“ noch 300 Euro im Monat.

Abfindung in Höhe von 170.000 Euro

Ein Heiztechnikunternehmen verlagerte seinen Betrieb, wodurch einige Stellen wegfielen. So auch der Arbeitsplatz eines 59-jährigen Beschäftigten, der seit über 30 Jahren für das Unternehmen tätig geworden war. Er unterschrieb einen Aufhebungsvertrag und erhielt eine Abfindung in Höhe von 170.000 Euro brutto. Nachdem er einige Zeit ALG I bezogen hatte, beantragte er einen Gründungszuschuss. Er wolle zusammen mit einem Partner heiztechnische Austauschteile verkaufen und reparieren.

Das Gewerbe war längst angemeldet worden, als die Arbeitsagentur die Gewährung des Gründungszuschusses ablehnte. Aufgrund der Abfindung verfüge der Unternehmer immerhin über ausreichend finanzielle Mittel, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der 59-Jährige erwiderte, das Geld zum Ablösen mehrerer Kredite benötigt zu haben. Der Streit endete vor Gericht.

Selbstständiger erhält keinen Gründungszuschuss

Das SG (Sozialgericht) Gießen entschied, dass dem Unternehmer der Gründungszuschuss zu Recht versagt worden war.

Sinn und Zweck des Überbrückungsgelds ist schließlich die Sicherung des Lebensunterhalts des Selbstständigen während der riskanten Start-up-Phase. In dieser Anfangsphase fällt das Einkommen generell eher gering aus, was durch den Gründungszuschuss ausgeglichen werden soll. Verfügt der Antragsteller allerdings über ausreichend Vermögen, kann er davon leben, ohne in eine finanzielle Notlage zu geraten. Bei der Entscheidung, ob der Gründungszuschuss gewährt wird oder nicht, sind ferner die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen.

Vorliegend hatte der Unternehmer eine Abfindung in Höhe von 170.000 Euro erhalten. Mit diesem Betrag war es ihm problemlos möglich, trotz etwaiger Schwierigkeiten in der Start-up-Phase seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er war also auf den Gründungszuschuss nicht angewiesen. Letztendlich wird der Gründungszuschuss auch nicht gewährt, um bei der Tilgung diverser Kredite zu helfen. Somit war die Versagung des Zuschusses nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden.

(SG Gießen, Urteil v. 29.04.2015, Az.: S 14 AL 6/13, n. rkr.)

(VOI)

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