Härtefallpatienten können Anspruch auf sofortige Corona-Impfung haben

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Nach einem Bericht des Onlinemagazins SPIEGEL vom 16.1.2021 hat eine Hamburgerin nach EInschaltung eines Rechtsanwalts in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren durchsetzen können, dass sie jetzt eine Corona-Schutzimpfung erhält, obwohl sie nach der entsprechenden Verordnung des Bundes noch nicht an der Reihe gewesen wäre. 

Nach dem Bericht war die Patientin zwischen 60 und 70 Jahre alt und bei ihr wurde vor kurzem ein Tumor festgestellt, der jetzt operiert werden sollte, um danach die Chemotherapie einzuleiten. 

Bei diesen Rahmendaten wäre die Patientin der 3. Gruppe zugeordnet gewesen. Der Ratschlag der Ärzte lautete, jetzt die erste Impfung vorzunehmen, dann zu operieren und vor dem Beginn der Chemotherapie die zweite Impfung vorzunehmen.

Die Patientin beantragte daher beim Gesundheitsamt, dass sie entsprechend des Behandlungsplans vorgezogen und jetzt geimpft würde. Dies wurde vom Amt abgelehnt. Anwaltlich vertreten hat sie dann beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz gesucht. Wohl auch auf Initiative des Gerichts hat das Amt letztendlich dem Antrag entsprochen, so dass keine Entscheidung gefällt wurde. 

Dies ist im Ergebnis zu begrüßen, offenbart aber dennoch Schwächen der momentanen Rechtslage.

Zum einen wird von Juristen bemängelt, dass die Reihenfolge der Impfgruppen in einer Verordnung und nicht in einem parlamentarischen Gesetz geregelt wurde. Dies ist zwar auf den ersten Blick ein recht staatstheoretisches Argument, könnte aber dazu führen, dass die Verordnung nicht oder nicht abschließend anzuwenden ist. 

Eher von praktischer Bedeutung ist das Argument, dass es in der Verordnung keine Härtefallregelung gibt. Denn nach dem Sachverhalt lag bei der Patientin ein Härtefall vor. 

Allerdings hat das Gericht (wohl) und dann richtigerweise vertreten, dass auch ohne Härtefallregelung eine Ermessensentscheidung gefällt werden kann/muss. Dies bedeutet, dass die Reihenfolge nach der Verordnung nicht bindend sein kann, sondern dass das Gesundheitsamt dennoch eine Abwägung fällen muss. 

Im Ergebnis hat das Gesundheitsamt dann nachgegeben, was in der Sache zu begrüßen ist. 

Dennoch wird sich in Zukunft jedenfalls die Frage stellen, unter welchen Voraussetzung ein Härtefall anzunehmen ist, der berechtigt, dass der Antragssteller bevorzugt geimpft wird. Eine abschließende gesetzliche Regelung hierzu wird es nicht geben können, so dass es im Wesentlichen auf die Schwere der Gefährdung, die gesundheitlichen Gesamtumstände oder sonstige wichtige Gründe ankommen wird. 

Schon aus prinzipiellen Gründen wird dabei die Auseinandersetzung mit den Gesundheitsämtern keine einfache sein, denn diese werden ein Interesse daran haben, keine "Vielzahl von Härtefällen" zu produzieren. 

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt




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