Häufig gestellte Fragen und Rechtsirrtümer im Familienrecht

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Das Familienrecht ist in fast allen Lebenslagen einer Ehe relevant und bschränkt sich nur nur auf die bloße Trennung oder Scheidung. Wenn das gemeinsame Zusammenleben endet, stellen sich meist viele Fragen.

Über die Trennung / Scheidung und ihre Folgen kursieren auch viele populäre Rechtsirrtümer.

1. "Wenn ich nicht zustimme, kannst Du Dich gar nicht von mir scheiden lassen!"

Irrtum! Die Scheidung der Ehe hängt nicht allein davon ab, ob der andere Ehepartner zustimmt, sondern davon, ob die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere ob die Ehe zerrüttet ist. Von dieser wird ausgegangen, wenn beide Ehepartner die Scheidung beantragen oder der andere Partner der Scheidung zustimmt und das Trennungsjahr verstrichen ist. Wenn der Partner die Scheidung nicht will, kann die Scheidung dennoch erfolgen, wenn das Trennungsjahr abgelaufen ist. Nach einer Trennungszeit von drei Jahren spielt es sogar gar keine Rolle mehr, was der Partner will, denn dann wird von Gesetzes wegen von der Zerrüttung der Ehe ausgegangen. Übrigens ist es unter bestimmten engen Voraussetzungen auch möglich, dass die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der Fortbestand der Ehe für den Scheidungswilligen einen Härtefall darstellen würde, was etwa bei Misshandlungsfällen der Fall sein kann.

2. "Kurze Ehen können einfach annuliert werden!"

Eine Ehe kann auch dann nicht annuliert werden, wenn die Ehegatten sich breits nach sehr kurzer Zeit wieder trennen. Auch in diesem Fall muss grundsätzlich das Trennungsjahr abgewartet werden.

3. "Wir müssen ein Jahr in getrennten Haushalten leben!"

Beim Trennungsjahr wird oft angenommen, dass die Ehepartner ein Jahr vor der Scheidung in getrennten Haushalten leben müssen. Es ist jedoch auch ausreichend, dass diese in einem Haushalt getrennt gewirtschaftet und sozusagen getrennt von "Tisch und Bett" gelebt haben. Allerdings sollte dies auch rein praktisch möglich sein und müsste im Streitfalle auch bewiesen werden.

4. "Ein Anwalt kann beide Ehepartner vertreten!"

Ein weiterer populärer Irrtum ist, dass beide Ehegatten sich von einem Anwalt gemeinsam vertreten lassen können. Dies ist nicht möglich! Richtig ist aber, dass für eine Scheidung ein Anwalt ausreichen kann. Durch den gesetzlichen Anwaltszwang muss der Scheidungsantrag von einem Rechtsanwalt gestellt werden. Dieser darf aber niemals beide Ehegatten vertreten. Will der andere Ehegatte aber der Scheidung nur zustimmen, braucht er dafür keinen eigenen Anwalt, so dass das Verfahren mit einem Anwalt möglich ist (der nur einen der beiden Ehegatten vertritt).

5. "Bei einer Scheidung regelt das Gericht immer alles automatisch mit!"

Falsch! Mit der Scheidung regelt das Gericht zunächst nur den Versorgungsausgleich, also den Ausgleich der während der Ehe erwirtschafteten Rentenansprüche. Weitere Fragen regelt das Gericht nur, wenn ein entsprechender Antrag einer der Ehepartner gestellt wird. Das können z.B. Unterhaltsfragen, Umgangsrechte, Sorgerecht und/oder Zugewinnausgleichsansprüche sein. 

6. "Ich hafte für die Schulden meines Ehepartners!"

Dies ist auch einer der häufigsten Irrtümer im Scheidungsrecht. Weder können Schulden mitgeheiratet werden, noch haftet Mann/Frau für die Schulden des Anderen während der Ehe. Eine Ausnahme gibt es nur bei sog. Geschäften des täglichen Lebens nach § 1357 BGB. Etwas anderes gilt natürlich auch dann, wenn beide Eheleute einen Vertrag gemeinsam unterschrieben haben. Dann haften beide in der Regel als Gesamtschuldner, aber nicht aufgrund der Ehe, sondern weil dies so vertraglich vereinbart worden ist.

7. "Ich bekomme die Häfte von allem, was meinem Partner gehört!"

Auch dies ist ein Irrtum. Haben die Eheleute nichts anderes vereinbart, so leben sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass im Falle einer Scheidung ein Zugewinnausgleich stattfindet. Der finanziell schlechter gestellte Partner bekommt die Hälfte von dem, was der Partner während der Ehe zusätzlich an Vermögen angesammelt hat. Das Vermögen vor der Eheschließung bleibt dabei ausser Ansatz. Nicht ausgeglichen werden aber auch Schenkungen und Erbschaften, die der Partner während der Ehe bekommen hat. Hier kann allenfalls der Wertzuwachs berücksichtigt werden.

8. "Eine Scheidung kostet immer mehrere tausend Euro!"

Dieser Irrtum scheint auch weit verbreitet zu sein. Tatsächlich richten sich die zu zahlenden Gerichts- und Anwaltskosten nach den Einkommensverhältnissen beider Ehepartner. Wer über ein geringes Einkommen verfügt oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhält, kann Verfahrenskostenhilfe erhalten. In diesem Fall würden evtl. gar keine Kosten anfallen. 

Das Familienrecht ist eine komplexe Materie. Mit der Scheidung sind meist noch weitere Folgesachen, wie z.B. die Zahlung von Kindes- und Ehegattenunterhalt, die Zuweisung der Ehewohnung, die Hausratsverteilung und das Sorge- und Umgangsrecht der Kinder klärungsbedürftig.

In all diesen Fragen ist es wichtig, sich möglichst frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen.










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