Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall auf Autobahnabfahrt mit Gabelung

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Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 03.06.2016 (Az.:7 U 14/16) entschieden, dass bei einer Kollision eines vorausfahrenden und einem nachfahrenden Fahrzeug beim Rechtsüberholen des Nachfahrers auf der Gabelung einer Autobahnabfahrt eine hälftige Haftung der Beteiligten angemessen ist, wenn der Vorausfahrende seiner Rückschaupflicht nicht genügt und der Nachfahrende verkehrswidrig rechts zu überholen versucht hat.

Der Fall:

Die Ehefrau des Klägers befuhr die Abfahrt Paderborn-Elsen der Bundesautobahn 33, die sich im weiteren Straßenverlauf ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen gabelt. Im Bereich der Gabelung kam es zum streifenden Zusammenstoß zwischen dem vorausfahrenden Fahrzeug des Klägers und dem von der Beklagten gesteuerten Fahrzeug. Zu dem Unfall kam es, weil das Kfz der Beklagten zur rechtsseitigen Vorbeifahrt am Fahrzeug des Klägers in den rechten Schenkel der Gabelung angesetzt hatte, während die Ehefrau des Klägers die rechte Straßenabzweigung der Gabelung ansteuerte.

Der Kläger forderte rund 4.300 Euro von den Beklagten für den entstandenen Sachschaden.

Die Entscheidung:

Das Gericht billigte dem Kläger nur ca. 2.150 Euro zu, da es der Auffassung war, dass der Unfall von beiden Fahrern mitverursacht worden ist und so eine Haftungsquote von 50 % angemessen ist:

Das Gericht führte hierzu aus, dass, wenn sich eine Straße ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen in zwei Schenkel gabelt, sich die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten danach richten, ob ein Straßenschenkel nach vernünftiger Verkehrsauffassung als Fortsetzung der bisherigen Fahrtrichtung anzusehen ist. In diesem Fall stellt das Befahren dieses Schenkels keine Änderung der Fahrtrichtung dar. Nur der Fahrer, der dann den anderen Schenkel befährt, ändert also seine Fahrtrichtung. Er hat dann die üblichen Regelungen zur Fahrbahnänderung zu beachten. Im vorliegenden Fall war es allerdings so, dass keiner der beiden Schenkel deutlich als Fortsetzung der bisherigen Straße zu erkennen war. Dies hat zur Folge, dass jeder Fahrzeugführer beim Einfahren in einen der beiden Schenkel seine Fahrtrichtung ändert. Damit hat er dies als Abbiegen unter Benutzung der Fahrtrichtungsanzeiger und durch ein Einordnen am rechten Rand der Fahrbahn anzukündigen und weiterhin auf den nachfolgenden Verkehr zu achten.

Die Ehefrau des Klägers gab in Ihrer Zeugenvernehmung an, dass sie den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet hatte und so auch nicht davon ausging rechts überholt zu werden. Der Beklagte hatte versucht, rechts zu überholen, obwohl am Fahrzeug des Klägers der linke Blinker nicht gesetzt war: Denn nur wer seine Absicht, nach links abzubiegen, angekündigt und sich eingeordnet hat, darf rechts überholt werden.

Der gut begründeten Entscheidung des Gerichts, eine Haftungsquote von 50 % anzunehmen, kann nur zugestimmt werden.

Georg Sandtner
Rechtsanwalt
Kanzlei Dr. Scholz & Weispfenning


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