In-Game-Kauf durch ein Kind – wann dürfen Eltern das Geld zurückfordern?

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In-App- oder In-Game-Käufe durch Kinder 

Immer mehr Apps und Games locken mit In-App- bzw. In-Game-Käufen, die dem Spielenden viele Vorteile versprechen. Gerade für Kinder erscheinen diese Angebote sehr verlockend. 

Aus diesem Grund kommt es immer wieder dazu, dass Kinder diese Käufe abschließen, ohne sich den rechtlichen und finanziellen Konsequenzen bewusst zu sein. 

Wann Sie als Eltern für die In-App- oder In-Game-Käufe Ihrer Kinder einstehen müssen und wie Sie das Geld aus In-Game Käufen des Kindes zurückfordern können, erfahren Sie im folgenden Beitrag. 

Regelmäßig kommt kein Vertrag mit dem Kind zustande

Zunächst ist die Frage zu stellen, ob ein wirksamer Vertrag zwischen dem Anbieter und dem Kind zustande gekommen ist.

Dies hängt von der Geschäftsfähigkeit des Kindes ab. Diese ist in den §§ 104 ff. BGB geregelt. 

Demnach sind Kinder bis zur Vollendung des siebenten Lebensjahres geschäftsunfähig (vgl. § 104 Nr. 1 BGB). Kinder unter sieben Jahren können also keine wirksamen Verträge schließen. Das folgt schon daraus, dass die Willenserklärung eines Kindes unter sieben Jahren nicht wirksam ist, § 105 Abs. 1 BGB. 

Gegenüber der Geschäftsunfähigkeit ist die beschränkte Geschäftsfähigkeit zu sehen. Gemäß § 106 BGB ist ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt. Das heißt, dass er nur unter bestimmten Voraussetzungen Verträge schließen kann. 

Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung grundsätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vertrag für den Minderjährigen einen lediglich rechtlichen Vorteil mit sich bringt. 

Da der Minderjährige bei In-App- oder In-Game-Käufen nicht nur einen Vorteil erlangt, sondern als Gegenleistung einen Kaufpreis bezahlen muss, sind diese Käufe nicht als lediglich rechtlich vorteilhaft zu qualifizieren und bedürfen daher einer Einwilligung der Eltern. 

Liegt keine vorherige Einwilligung in den Vertragsschluss vor, so ist dieser zunächst schwebend unwirksam. Diese Unwirksamkeit kann durch die nachträgliche Genehmigung des Vertrages im Sinne des § 108 Abs. 1 BGB wieder aufgehoben und der Vertrag somit wirksam werden. 

Was ändert der Taschengeldparagraph?

Eine Ausnahme zu dem Genehmigung- und Einwilligungserfordernis im Sinne der §§ 107, 108 BGB bildet der sogenannte Taschengeldparagraph nach § 110 BGB. 

Demnach gilt ein von einem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind. 

Wenn der Minderjährige die Leistungen mit seinem Taschengeld vollständig bewirkt, so ist der Vertrag auch ohne die Einwilligung bzw. Genehmigung der Eltern wirksam.

Allerdings muss hier deutlich gemacht werden, dass § 110 BGB einen besonderen Fall der Einwilligung darstellen soll. Denn viele sehen in der Überlassung des Taschengeldes die konkludente Einwilligung der Eltern in etwaige Käufe des Kindes. 

Dieser Ansicht kann so jedoch nicht gefolgt werden. Vielmehr muss Taschengeld dem Kind gerade zum Zweck der In-Game-Käufe oder zur freien Verfügung überlassen worden sein. 

Auch, wenn das Geld zur freien Verfügung überlassen wurde, so sind die In-Game-Käufe dennoch unwirksam. Denn immer dann, wenn der Minderjährige annehmen muss, dass sich die in der Überlassung liegende Einwilligung seiner Eltern auf ein konkretes Geschäft nicht beziehen soll, so ist ein solcher Vertrag selbst dann nicht von § 110 BGB gedeckt, wenn er ihn mit an sich zur freien Verfügung überlassenen Mitteln erfüllt (AG Freiburg, Urteil vom 24.10.1997, 51 C 3570-97).

Das Kind kann also ohne Einwilligung bzw. Genehmigung der gesetzlichen Vertreter grundsätzlich keine Verträge bzgl. der In-Game-Käufe schließen.

Wann müssen Eltern für die In-Game-Käufe ihres Kindes haften?

Wenn der Game-Entwickler seine Forderungen nicht gegenüber dem Kind geltend machen kann, könnte er im nächsten Schritt an die Eltern herantreten. Dabei stellt sich die Frage, wann diese für die Käufe des Kindes haften müssen. 

Eine Einstandspflicht der Eltern besteht nur, wenn der Vertrag zwischen den Eltern und Softwareanbieter geschlossen wurde oder wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. 

Vertrag zwischen Eltern und Software-Anbieter

Wenn der Vertragsschluss durch das Kind erfolgt ist, kann dieser den Eltern im Rahmen des Stellvertretungsrechts gemäß § 164 ff. BGB zugerechnet werden. Dazu müsste das Kind eine Vollmacht der Eltern bekommen haben, die Willenserklärung stellvertretend für diese abzugeben.

Eine solche ausdrückliche Vollmacht wird in der Regel nicht vorliegen. Daher gehen die Softwareanbieter von einer „Anscheinsvollmacht“ aus. Für die Annahme einer solchen Vollmacht müssen die Eltern dem Kind eine Stellung eingeräumt haben, die den Anschein erweckt, dass das Kind zu dem streitgegenständlichen Rechtsgeschäft bevollmächtigt war. 

Eine solche Anscheinsvollmacht nehmen die Gerichte in aller Regel erst dann an, wenn die Eltern ihrem Kind die Zahlungsdaten leichtfertig überlassen und es somit wiederholt Kaufverträge abschließt. 

Wenn Ihr Kind also erstmalig solche Verträge geschlossen hat, wird in der Regel keine vertragliche Haftung von Ihnen als Eltern für die Käufe Ihres Kindes gerichtlich durchsetzbar sein. 

Deliktische Haftung der Eltern bei Verletzung der Aufsichtspflicht 

Betrachtet man das Deliktsrecht, so haften die Eltern für die Schäden, die das Kind einem Dritten zufügt, wenn die Eltern vorsätzlich oder fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, vgl. § 832 BGB. 

Gerade bei beschränkt geschäftsfähigen Kindern, die bereits das 7. Lebensjahr vollendet haben, stellt, sich die Frage, inwieweit eine Aufsichtspflicht besteht. Da Kinder grundsätzlich zur Selbstständigkeit erzogen werden sollen, kann hier keine Verletzung der Aufsichtspflicht angenommen werden, wenn das Kind an Zahlungsdaten etc. der Eltern gelangt. 

Was passiert, wenn die Beträge bereits beglichen wurden?

In der Regel werden die In-Game-Käufe über die Telefon- oder Mobilfunkrechnung abgerechnet. Es werden aber auch Zahlungen per PayPal, Kreditkarte oder Guthabenkarte (bzw. Guthaben auf dem jeweiligen Konto) akzeptiert. Regelmäßig wird es vorkommen, dass die Beträge aus den In-Game-Käufen bereits beglichen wurden und die Transaktionen einige Zeit zurückliegen. 

Hier greifen die oben genannten Regelungen zum Minderjährigenrecht. Haben die Eltern in den Vertragsschluss weder eingewilligt, noch ihn nachträglich genehmigt, ist dieser nicht wirksam zustande gekommen. 

Somit besteht in diesem Fall eine Rückzahlungspflicht des Zahlungsempfängers gegenüber den Eltern des Kindes und/oder gegenüber dem Kind (je nachdem, von welchem Account die Zahlung getätigt wurde). 

Bei bestimmten Zahlungsarten (z. B. via Kreditkarte) lohnt sich eine Kontaktaufnahme zum Zahlungsdiensteanbieter (etwa zum Kreditinstitut), um dort die Modalitäten der Rückbuchung des Geldes zu erfragen.



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