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Unberechtigte Inkasso-Forderung nach Identitätsdiebstahl & Datendiebstahl

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Zunehmend erhalten Opfer von Identitätsdiebstahl und Datendiebstahl unberechtigte Inkassobriefe bzw. Inkasso-Forderungen. So fordern Inkassobüros etwa mehrere hundert Euro für Handyverträge oder Warenkäufe, die man selbst nicht getätigt hat. Mitunter sind es auch mehrere tausend Euro für angebliche Käufe auf Kryptobörsen oder Abos auf Datingportalen.

Zunächst rätselt und grübelt man als Empfänger eines solchen Inkassoschreibens noch, was dahintersteckt. Spätestens beim zweiten Inkassobrief im Hinblick auf einen weiteren angeblichen Vertragsschluss weiß man aber: Da muss ein Identitätsdiebstahl bzw. Datendiebstahl oder sonstiger Identitätsmissbrauch hinter stecken (oder allgemein: eine Personenverwechselung).

Was Rechtslaien bei diesen ungerechtfertigten Inkasso-Forderungen aber regelmäßig noch nicht wissen bzw. sich fragen: Wie soll ich mich nun „taktisch“ klug verhalten?

Datenklau? Inkasso-Widerspruch statt Schockstarre und überstürzter Zahlung!

  1. Briefkasten auf...
  2. Brief raus...
  3. Blick rein...
  4. Inkasso-Brief?! Oh Schreck!

Genau diesen Schockmoment machen sich viele Inkassobüros zunutze und setzen kurze Fristen mit dem Ziel einer überhasteten Reaktion (Zahlung). Zudem wird mit weiteren Kosten gedroht, es werden gerichtliche Schritte in Aussicht gestellt und natürlich auch mit einer Meldung an SCHUFA oder andere Auskunfteien kokettiert. Vereinzelt wird parallel per Telefon weiterer Druck auf den vermeintlichen Schuldner ausgeübt.

Daher erstmal ganz wichtig: Sind Sie sich sicher, dass Sie keinen entsprechenden Vertrag geschlossen haben, lässt es sich erstmal ganz tief durchatmen!

Denn nicht Sie – als Opfer der gestohlenen Daten – sind in der Bringschuld, sondern das Inkassounternehmen. Namentlich: Das Inkassobüro muss Ihnen den Vertragsschluss nachweisen. Aber da Sie im Falle der geklauten Daten keinen Vertrag geschlossen haben, wird dies dem Inkassobüro naturgemäß nicht gelingen. Dass Ihre Daten „unter einem Vertrag“ stehen, reicht natürlich nicht für einen wirksamen Vertragsschluss. 

  • Denn Ihre Daten sind nicht in der Lage, einen Vertrag zu schließen
  • Sondern allein Sie selbst (mit Ihren Daten)
  • Mit Ihrem vollen eigenen "Willen"!

Widerspruch gegen unberechtigte Inkasso-Forderung auch bei Identitätsdiebstahl und Datendiebstahl sinnvoll

Gänzlich unberücksichtigt bzw. unbeantwortet lassen sollten Sie das Inkasso-Schreiben allerdings auch im Falle eines eindeutigen Datenklaus nicht. Mit dem Inkasso-Widerspruch machen Sie die unberechtigte Inkasso-Forderung nämlich insbesondere „bestritten“. Eine solche bestrittene Inkasso-Forderung darf nicht von der SCHUFA verwendet werden (siehe § 31 Abs. 2 BDSG).

Zudem würden sehr wahrscheinlich weitere Mahnungen etc. durch das Inkassobüro folgen, wenn Sie überhaupt nicht reagieren. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Inkassounternehmen keine prinzipiellen Bösewichte sind. Aus Sicht eines Inkassounternehmens erscheinen viele Forderungen (die sie ggf. im Auftrag jeweiliger Auftraggeber bzw. der angeblichen Vertragspartner einziehen) plausibel und berechtigt. Auch das Inkassobüro weiß meist nichts von dem Identitätsdiebstahl oder Datendiebstahl.

Wenngleich Inkassobüros gemäß der jüngsten Rechtsprechung im Hinblick auf Identitätsdiebstahl besonders aufmerksam sein müssen, so sie sich nicht des Vorwurfs einer Irreführung ausgesetzt sehen möchten (BGH, Urt. v. 20.10.2021, Az. I ZR 17/21).

Muster für Inkassowiderspruch hilfreich – Aber nicht immer „erfolgreich“ 

Die Verbraucherzentralen stellen durchaus hilfreiche Musterschreiben im Hinblick auf die Abwehr unberechtigter Inkasso-Forderungen zur Verfügung. In eindeutigen Fällen kommt man damit bisweilen zum Ziel. Und man hat seine Ruhe. 

Die Erfahrung zeigt aber, dass viele Inkassobüros selbst „glasklare“ Widersprüche nicht so einfach hinnehmen und evtl. darauf spekulieren, dass sich der (nicht anwaltlich vertretene) Rechtslaie doch noch zu einer Zahlung bewegen lässt. Trotz Identitätsmissbrauch und absoluter Schuldlosigkeit. Nicht selten widersprechen Betroffene einer unberechtigten Inkasso-Forderung aber auch nicht hinreichend deutlich bzw. legen dem Inkassobüro nicht hinreichend „glaubhaft“ dar, dass sich hinter der angeblichen Forderung ein Datendiebstahl oder Identitätsbetrug verbirgt.

In diesen Fällen ist anwaltliche Unterstützung mitunter sinnvoll. Bezeichnenderweise – man könnte in Richtung Inkassobüros auch sagen: traurigerweise – scheint bisweilen allein ein anwaltlicher Briefkopf auf dem Inkasso-Widerspruch Wunder zu bewirken. Erst dann vermag manch Inkassounternehmen locker zu lassen.

Beispiele, bei denen Identitätsmissbrauch naheliegt

Folgende Fälle liegen mir aktuell vor, bei denen mitunter ein Identitätsmissbrauch vorliegen dürfte (man findet jeweils einige parallele Schilderungen im Internet):

  1. Diverse Datingportale und Singlebörsen (z.B. www.verbotenefrauen.com oder www.leichteluder.com | jeweils geltend gemacht durch INKASSOvonMORGEN.de)
  2. Kryptobörsen und Handelsplattformen (z.B. Bitpanda | letztlich geltend gemacht durch Inkasso Merkur GmbH)
  3. Amazon | geltend gemacht durch die Paigo GmbH

An dieser Stelle nochmal wichtig zu betonen: In diesen Konstellationen sind sowohl das Portal (der Forderungssteller bzw. das Inkassobüro) als auch Sie (der Empfänger solcher unberechtigten Forderungs-Schreiben) grundsätzlich Opfer. 

Teilweise handelt es sich bei den vorgenannten Beispielen sogar um Konstellationen, bei denen Betrüger einen Rechtsanwalt (für diesen unbewusst) in Ihren Betrug einzubinden versuchten. 

Klarstellend: Viele Forderungen der vorgenannten Firmen und Anbieter werden auch berechtigt sein. Dann bringt es nichts (außer berechtigtem Ärger und Zusatzkosten), sich mit einem angeblichen Identitätsdiebstahl oder Datenmissbrauch aus der berechtigten Forderung „herausreden“ zu wollen. 

Kostenlose Ersteinschätzung bzgl. Ihrer unberechtigten Inkasso-Forderung | Forderungsabwehr

  1. Gerne überprüfe ich Ihre unberechtigte Inkasso-Forderung bzw. das Vorgehen des Inkassobüros. Senden Sie hierzu einfach eine unverbindliche E-Mail an info@nocon-recht-digital.de.
  2. Meist genügt bereits die Übersendung der Schreiben des Inkassounternehmens mitsamt einer kurzen Darlegung, was wirklich dahinter steckt bzw. dahinter stecken könnte.
  3. Im Bedarfsfall ließe sich sodann in erster Linie ein effizienter anwaltlicher Inkasso-Widerspruch an die zu Unrecht fordernde Seite übersenden. Mit vergleichsweise überschaubarem Kostenaufwand (insbesondere, wenn ein Anspruch auf Beratungshilfe besteht oder eine Rechtsschutzversicherung greift).
  4. In Einzelfällen sind Widerspruch und weitere Maßnahmen auch schon gar nicht nötig, wenn ersichtlich ist, dass es sich um ein betrügerisches „Inkassounternehmen“ handelt und kein Datendiebstahl oder Identitätsdiebstahl der Inkasso-Forderung zugrunde liegt. Sondern die Inkasso-Forderung selbst der versuchte Diebstahl bzw. Betrug ist.

RA Robin Nocon, Recht. Digital.



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