Internationale Kindesentführung – Deutsche und englische Version

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Kindesentführung bei Trennung bzw. Scheidung:

Kindesentführung verursacht oft eine schreckliche Unsicherheit über den Verbleib und die Sicherheit des Kindes. Die Entführung ins Ausland wird gewöhnlich durch die Ersetzung einer fremden Kultur und eines ausländischen Rechtssystems sowie durch erhebliche praktische und finanzielle Probleme begleitet. Natürlich darf nicht übersehen werden, dass die entführten Kinder, die aus ihrer gewohnten Umgebung herausgenommen wurden, meist enormen psychischen Belastungen ausgesetzt sind.

Wenn es um Entführungen durch Fremde (Dritte) geht, werden die Eltern sich natürlich schnell an die Justiz (Polizei) wenden, um die Suche und Strafverfolgung einzuleiten: Kindesentführung ist eine Straftat. Das stopp-Änderungsgesetz 1999 – StVÄG 1999 – vom 01.04.1998 führt zu folgender Neufassung des

§ 235 StGB [Entziehung Minderjähriger]:

„(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Person unter achtzehn Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder

2. ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger

1. entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder

2. im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat. (...)“

§ 238 StGB a. F. wurde abgeschafft, aber auch nach der Neufassung des § 235 StGB wird Kindesentführung in den meisten Fällen nur auf Antrag verfolgt.

Wenn die Entführung durch den anderen Elternteil erfolgt, was eher der Fall ist, hoffen die verlassenen Eltern in der Regel, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann und zögern daher, im Gegensatz zur Entführung durch Dritte eine Strafanzeige einzureichen. Darüber hinaus werden solche Fälle in der Praxis von der Polizei/Justiz oft als (nicht strafbare) interne Familienstreitigkeiten abgewiesen und, wenn überhaupt, nur sehr zögerlich verfolgt. Es besteht eine erhebliche Unsicherheit über die Auswirkungen des Sorgerechts auf die Rechtslage.

Nach der bisherigen deutschen Rechtspraxis führt eine Kindesentführung häufig zu häuslicher Gewalt, wenn sie, wie so oft, von einem Elternteil ausgeführt wird. Auch dann kommt (auf Wunsch) nur eine mögliche und höchstwahrscheinliche Strafe nach § 235 Abs. 1 Satz 1 in Betracht. Vielmehr kann Kindesentführung durch Aufenthalt an einem abgelegenen Ort im Land genutzt werden, um das Zugangsrecht vom zurückgelassenen Elternteil zu nutzen, da die Zeit dafür und die von ihm allein zu tragenden Kosten sehr effektiv sind.

Dem sollen internationale Übereinkommen entgegenwirken. Das wahrscheinlich wichtigste ist das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, dem weltweit eine große Zahl von Staaten angehören:

Hague Convention on the Civil Aspects of International Child Abduction

(Offiz. Text der Konvention in Englisch und Französisch, deutsche Übersetzung auszugsweise auch online.) Dieses Übereinkommen will eine rasche Rückführung entführter Kinder in ihren Heimatstaat erreichen. Eventuelle Sorgerechtsentscheidungen sollen dann ausschließlich durch das für den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zuständige Gericht getroffen werden.

Da die elterliche Sorge und damit das Recht, den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen, beiden Elternteilen gemeinsam und gleichberechtigt zusteht (kein Vorrecht für Mütter, auch wenn die Kinder klein sind), wird das Sorgerecht des einen Elternteils verletzt, wenn der andere Elternteil das Kind eigenmächtig an einen anderen Ort bringt. Dies gilt gleichermaßen, egal, ob beide Eltern bis dahin zusammen oder getrennt gelebt haben. Kindesentziehung ist nach § 235 des Strafgesetzbuches mit Freiheitsentzug bis zu 10 Jahren strafbar. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist ein Antrag der Person, deren Elternrecht verletzt wird.

Wenn Sie weitere Informationen sowie eine anwaltliche Beratung und Verteidigung wünschen, wenden Sie sich jederzeit an uns.


English version:

Child abduction at separation/divorce

Child abduction often causes a terrible uncertainty about the child's whereabouts and safety. The kidnapping abroad is usually accompanied by the replacement of a foreign culture and foreign legal system, as well as considerable practical and financial problems.

Of course, it must not be overlooked that the kidnapped children who have been taken out of their usual environment are usually exposed to enormous mental stress.

When it comes to kidnapping by strangers (third parties), of course, parents will quickly turn to the judiciary (police) to initiate search and prosecution:

Child abduction is a criminal offense. The StPO Amending Law 1999 – StVÄG 1999 – of 1 April 1998 leads to the following new version of the

§ 235 StGB [deprivation of minors]:

(1) With imprisonment of up to five years or a fine is punished who retracts

1. a person under the age of eighteen by force, by threat of a delicate evil or by cunning, or

2. a child, without being a relative,

from the parents, a parent or the guardian.

(2) Also punished is who

1. withdraws a child from the parents, a parent or the guardian to transfer it abroad, or

2. withholds the child abroad after having it transferred there or after it went there itself. (...)

§ 238 StGB a. F. was abolished, but even after the new version of § 235 StGB, in most cases child abduction is pursued only on request.

If the kidnapping is done by the other parent, which is usually the case, the abandoned parents usually hope that a consensual solution can be found and are therefore reluctant to file a criminal complaint as opposed to an abduction by a third party. Moreover, in practice, such cases are often dismissed by the police/judiciary as (non-punishable) internal family disputes and, if anything, only very slowly pursued. There is considerable uncertainty about the impact of custody on the legal situation.

According to previous German legal practice, child abduction often leads to domestic violence if, as so often, it is done by a parent. Even then, only a punishment according to § 235 Abs. 1 Satz 1 is possible and probable (by request). Rather, child abduction can be used by staying in a remote location in the country to seize the right of access left behind by the parent, as the time and expense alone is very effective.

This should be counteracted by international conventions. Probably the most important is the Hague Convention on the Civil Aspects of International Child Abduction, to which a large number of states worldwide belongs:

Hague Convention on the Civil Aspects of International Child Abduction

(Official text of the Convention in English and French, German version partly also online.) This Convention aims to ensure the speedy return of abducted children to their home country. Any custody decisions should then be taken exclusively by the court responsible for the place of their habitual residence.

Since parental authority and thus the right to determine the children's residence are shared equally between parents (no privilege for mothers, even if the children are small), the custody of one parent is violated if the other parent transfers the child to another location without authorization. This applies equally regardless of whether both parents have lived together or separately until then. Child abduction is punishable by deprivation of liberty up to 10 years according to § 235 of the Criminal Code. Prerequisite for a criminal prosecution is a request of the person whose parental rights are violated.

If you would like further information as well as legal advice and defense, please do not hesitate to contact us.


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