Joshiko Saibou – der fristlos gekündigte Basketballspieler – Gütetermin scheitert

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Vor dem Arbeitsgericht Bonn fand am heutigen 26.08.2020 der Gütetermin vor der Einzelrichterin im Rechtsstreit um die fristlose Kündigung des Basketballspielers Joshiko Saibou gegen seinen Arbeitgeber – dem Verein Telekom Baskets – statt.

Saibou wurde 1990 in Köln geboren und ist in Berlin aufgewachsen, seine Karriere begann er beim BSC Berlin; von 2009 bis 2011 spielte er für die erste Mannschaft von Alba Berlin, und wieder von 2017 bis 2019, bevor er zu den Baskets Bonn wechselte; 2011, 2018 und 2019 wurde er Deutscher Vizemeister mit Alba; er spielt zudem in der Deutschen Basketball Nationalmannschaft.

Die Baskets hatten den 30-jährigen Saibou fristlos wegen Verstößen gegen Vorgaben des laufenden Arbeitsvertrags als Profisportler gekündigt, nachdem Saibou an einer Demonstration gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Berlin mit ca. 20.000 Demonstranten teilgenommen hatte.

Der Verein verkündete die Kündigung medienwirksam und teilte dazu mit, dass Saibou wiederholt auf Social-Media-Kanälen seine Haltung zur Pandemie oder zum Virus an sich geäußert habe und am vergangenen Wochenende bei einer Großdemonstration auch praktiziert habe, indem er vorsätzlich gegen die bekannten Schutzregeln verstoßen habe.

Der Geschäftsführer der BonBas GmbH Wolfgang Wiedlich sagte zur Kündigung: „Die Vereine der BBL arbeiten gerade akribisch an Hygienekonzepten für die Zuschauer in der nächsten Saison und an speziellen Arbeitsschutzrichtlinien für die Aktiven. Deshalb können wir ein permanentes Infektionsrisiko, wie es der Spieler Saibou darstellt, weder gegenüber seinen Arbeitskollegen in unserem Team noch gegenüber anderen BBL-Teams im Wettkampf verantworten.“

In einem Video auf seinen Social-Media-Kanälen führte Saibou nach der ausgesprochenen Kündigung aus: „Wenn ich eine polarisierende Meinung habe, ist Gegenwind verständlicherweise vorprogrammiert. Daraufhin jedoch meinen Job zu verlieren, ist totalitär und ein Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit. Ich habe immer geglaubt, bei den Baskets steht Toleranz an oberster Stelle, aber jetzt wird mir hiermit das Gegenteil bewiesen."

Saibou bezeichnete die fristlose Kündigung als Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit und reichte eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bonn ein.

Vor dem Arbeitsgericht Bonn erschien der Basketballspieler Joshiko Saibou mit seinem Rechtsanwalt und begleitet durch seine Lebensgefährtin, die Top-Weitspringerin Alexandra Wester.

Für den Arbeitgeber, dem Verein Telekom Baskets aus Bonn, erschien ebenfalls ein Rechtsanwalt und der Vereinspräsident Wolfgang Wiedlich.

Außerdem war reichlich Presse im Bonner Arbeitsgericht.

Der Verein verwies vor dem Arbeitsgericht Bonn darauf, dass Saibou sich durch sein Verhalten selbst sowie alle Mitspieler und Konkurrenten gefährdet habe.

Dem widersprach Saibou mit dem Hinweis darauf, dass sich die Mannschaft zu der Zeit der Anti-Corona-Demonstration in Berlin gar nicht im Training befand und damit auch kein Infektionsrisiko für irgendjemanden bestand.

Saibou führte auch an, dass er auch momentan keine anderen Spieler anstecken könne, weil das Training noch immer nicht wieder aufgenommen wurde.

Wenn das Training wieder beginnt, würde der Verein zudem von jedem Spieler zwei negative Corona-Tests fordern.

Saibou räumte die Teilnahme an der Demonstration ohne Mund-Nasen-Schutz ein, versicherte aber, er habe zu jeder Zeit auf den Mindestabstand geachtet.

Saibou führte aus, er sei kein Corona-Leugner.

Vor dem Arbeitsgericht Bonn wurde von Seiten Saibous die Vermutung geäußert, dass die Begründung des Vereins für die fristlose Kündigung ein vorgeschobenes Argument sei, da es vor einiger Zeit schon eine Anfrage des Vereins an Saibou gab, ob dieser nicht woanders spielen möchte, weil Saibou sehr teuer sei.

Es besteht somit der Verdacht, dass der Arbeitgeber seinen aus seiner Sicht teuren Arbeitnehmer durch eine fristlose Kündigung und nun auch mit Abfindungsangebot im Gütetermin "billig" loswerden will.

Der kündigende Verein als Arbeitgeber erwiderte, dass der Verein in Sachen Corona eine Vorgeschichte habe, weil es auf der Geschäftsstelle fünf infizierte Arbeitnehmer gegeben habe und eine Arbeitnehmerin beatmet wurde.

Der Gütetermin, der dazu dient zwischen den Parteien eine Einigung auszuloten, scheiterte.

Der kündigende Arbeitgeber (Verein) bot 3-4 Bruttomonatsgehälter als Abfindung an, wenn der Basketballspieler die Kündigung akzeptiert.

Der Basketballspieler lehnte dieses Angebot ab und forderte eine Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende des Arbeitsvertrages zum 30.06.2021 mit der Sprinterklausel / Turboklausel, wobei der Arbeitsvertrag vorzeitig beendet werden kann, wenn der Basketballspieler einen neuen Arbeitgeber (Verein) gefunden hat und die dann ersparte Vergütung als Abfindung ausgezahlt wird; insgesamt forderte Saibou damit 11 Bruttomonatsgehälter von seinem Verein.

Ein Bruttomonatsgehalt von Saibou soll ca. 10.000 € betragen.

Keines der Angebote wurde von der Gegenseite akzeptiert.

Das Arbeitsgericht Bonn bestimmte sodann einen Kammertermin auf den 11.11.2020.

Der Kammertermin findet im Gegensatz zum Gütetermin nicht vor der Einzelrichterin statt, sondern ihr zur Seite sitzen dann zwei ehrenamtliche Richter/innen - jeweils einer von Arbeitgeberseite und einer von Arbeitnehmerseite bei.

Wenn auch im Kammertermin keine Einigung gefunden wird, entscheidet das Arbeitsgericht durch Urteil.

Die fristlose Kündigung, die ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen wurde, ist nur dann rechtmäßig, wenn dem Verein ein wichtiger Grund zur Seite stand und eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorlag, die eine fristlose Kündigung als einziges Mittel rechtfertigt und damit verhältnismäßig ist.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht bestehen im konkreten Fall massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung.

Bei einem Verhalten eines Arbeitnehmers in dessen Freizeit, das dem Arbeitgeber unlieb ist, kommt eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis einwirkt oder den Arbeitgeber oder andere Arbeitnehmer schädigt - z.B. im Ruf oder in der Gesundheit.

Der Verein hat vor dem Arbeitsgericht erklärt, dass keinerlei Interesse mehr besteht Saibou weiterzubeschäftigen und deshalb die Freistellung von Saibou durch den Verein weiter bestehen bleibt.

Saibou konnte sich bereits denken, dass von seinen des Vereins kein Interesse besteht, ihn zu beschäftigen.

Im Übrigen konnte sich Saibou auch realistisch ausmalen, wie seine Chancen auf sportliche Einsätze gewesen wären - nämlich bei Null und auf der Bank.

Saibou führte aus, dass seine Suche nach einem neuen Club wegen der fristlosen Kündigung deutlich erschwert werde, weil er als Corona-Leugner, Corona-Gegner und Schutzmaßnahmen-Verweigerer gelte und dies potentielle neue Vereine als Arbeitgeber abschrecke.

Foto(s): kanzlei JURA.CC

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