Kann der „Zahlvater“ eigene Unterhaltsansprüche geltend machen?

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Unterhaltsberechtigung wegen Belastung mit Kindesunterhalt: Diese Besprechung befasst sich mit dem Beschluss des BGH vom 11.11.2015 (Aktenzeichen: XII ZB 7/15).

In einer Trennung oder Scheidung, in der beide Ehegatten über Einkommen verfügen, kommt es immer wieder zu folgender Situation: Der zur Zahlung des Barunterhalts (für die beim anderen Ehegatten lebenden gemeinsamen Kinder) verpflichtete Ehegatte verfügt aufgrund der Bezahlung des Kindesunterhalts über weniger Einkommen als der andere Ehegatte. Bislang war in der Praxis unklar, ob dadurch der barunterhaltspflichtige Ehegatte Anspruch auf Trennungsunterhalt oder Nachscheidungsunterhalt gegen den anderen Ehegatten, der die gemeinsamen Kinder betreut, geltend machen kann.

In der Entscheidung des BGH hatte die Ehefrau, die die beiden gemeinsamen Kinder betreut und über eigene Einkünfte verfügt, zunächst Trennungsunterhalt geltend gemacht. Der Ehemann hat durch einen Widerantrag für sich Trennungsunterhalt geltend gemacht mit der Begründung, wegen der Bezahlung des Kindesunterhalts stehe ihm ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass bei der Berechnung des verfügbaren Einkommens des Ehemanns zunächst und vorab der von ihm bezahlte Kindesunterhalt abzuziehen ist. Diese Situation habe die Lebensverhältnisse geprägt. Der Aufstockungsunterhalt knüpfe lediglich an das höhere Einkommen eines Ehegatten an und habe die Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards zum Ziel.

Im Ergebnis hat der BGH dem Ehemann einen Unterhaltsanspruch zugesprochen, der erst dadurch entstanden ist, dass er zunächst Kindesunterhalt an die betreuende Ehefrau bezahlen muss. Im Einzelfall ist immer zu prüfen, ob das Einkommen der – die Kinder betreuenden – Ehefrau in vollem Umfang anzusetzen ist, oder ob es sich dabei ganz oder teilweise um überobligate Einkünfte handelt, weil die Mutter parallel zur Erwerbstätigkeit noch die Kinder zu betreuen hat. Im konkreten Fall hat der BGH dies verneint und die Einkünfte der Ehefrau in vollem Umfang herangezogen, weil die beiden von ihr betreuten Kinder 13 bzw. 14 Jahre alt waren. In diesem Fall habe sogar eine Obliegenheit zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit bestanden.

Betroffene sollten gegebenenfalls prüfen lassen, ob sie selbst Unterhaltsansprüche geltend machen können.


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