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Kein Urlaub für geladene Zeugen?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Während Risikofreudige ihren Urlaub in der letzten Minute buchen, ziehen viele es vor, ihre Ferien so früh wie möglich zu planen. Je früher jedoch der Urlaub gebucht wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Reise, z. B. wegen Terminüberschneidungen oder anderen unvorhergesehenen Vorfällen, nicht angetreten werden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein Frühbucher seine Ferien vorzeitig abbrechen bzw. gar nicht erst antreten darf, wenn er vom Gericht als Zeuge zu einer Verhandlung geladen wurde, die ausgerechnet in die Reisezeit stattfindet.

Zeuge will lieber in den Urlaub fahren

„Endlich Urlaub!“, dachte sich wohl auch ein Mann, der während seiner Ferien für knapp zwei Wochen quer durch Deutschland touren wollte. Etwa drei Monate vorher hatte ihn das Landgericht, das seinen Sitz am Wohnort des Urlaubswilligen hatte, allerdings als Zeuge zu einer Verhandlung geladen, die an seinem letzten Ferientag stattfinden sollte. Er schrieb daher das Gericht an und erklärte, den Termin nicht wahrnehmen zu können. Als das Gericht nun eine Buchungsbestätigung verlangte, die seine urlaubsbedingte Abwesenheit bestätigt hätte, gab der verhinderte Zeuge an, diese nicht vorlegen zu können, da er verschiedene Orte in ganz Deutschland bereise.

Nachdem er vom Gericht hierauf keine Antwort mehr erhalten hatte, trat der Zeuge seinen Urlaub wie geplant an und erschien dementsprechend auch nicht zur Verhandlung. Das Gericht unterbrach nun die Sitzung und beraumte ca. zwei Wochen später einen Fortsetzungstermin an – schließlich hatte der Zeuge nicht verhört werden können und der Verteidiger des Angeklagten die Anhörung weiterer Zeugen beantragt.

Ferner legte es dem Säumigen sämtliche Kosten auf, die er durch seine Abwesenheit verursacht hatte und verhängte gegen ihn darüber hinaus ein Ordnungsgeld. Das wollte sich der Zeuge nicht bieten lassen. Schließlich hätte der Abbruch des Urlaubs nicht nur zu immensen Mehrkosten für ihn geführt, sondern auch seiner Erholung entgegengestanden. Letztendlich hatte das Gericht ihn auch nicht darüber informiert, dass er trotz Entschuldigung am Verhandlungstag erscheinen musste.

Vorzeitiger Urlaubsabbruch war zumutbar

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden musste der Zeuge zwar das Ordnungsgeld nicht zahlen, sehr wohl aber die Kosten tragen, die durch sein Fernbleiben von der Verhandlung entstanden sind, z. B. für die Ladung zum Fortsetzungstermin.

Grund hierfür ist zunächst, dass dem Angeklagten bei Verurteilung nur die Kosten auferlegt werden dürfen, die er veranlasst hat. Ferner muss der verhinderte Zeuge dafür „bezahlen“, dass er gegen seine staatsbürgerliche Pflicht, vor Gericht auszusagen, verstoßen hat, vgl. § 51 I StPO (Strafprozessordnung). Die Richter stellten zunächst klar, dass private und berufliche Pflichten hinter der staatsbürgerlichen Pflicht zurücktreten. So sind etwa Geschäftsreisen – wenn möglich – zu verschieben. Im Übrigen hat ein Beschäftigter ohnehin Anspruch auf Sonderurlaub, wenn er während der Arbeitszeit als Zeuge vor Gericht muss. Fällt der Verhandlungstermin in den Urlaub, kann nichts anderes gelten: Die Ferien müssen regelmäßig also entweder verschoben, abgebrochen oder unterbrochen werden, sofern dem Zeugen hieraus keine unverhältnismäßigen Nachteile entstehen.

Vorliegend hatte das Gericht seinen Sitz am Wohnort des Zeugen, sodass dieser lediglich einen Tag früher aus seinem Urlaub hätte kommen können, ohne auch noch einen Umweg auf sich nehmen zu müssen. Der Verlust eines Ferientags führt auch nicht dazu, dass der Erholungseffekt der gesamten Reise unterbrochen wird. Im Übrigen hätte der Zeuge etwaige Mehrkosten nach den §§ 19 I Nr. 1, 5 V JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) erstattet verlangen können.

Zeuge war nicht genügend entschuldigt

Zwar kann sich ein Zeuge entschuldigen – so führt eine genügende Entschuldigung nach § 51 II StPO zum Entfallen der Zahlungspflicht. Allerdings muss das Gericht dann davon überzeugt sein, dass der Zeuge aus gutem Grund nicht kommen konnte, etwa wegen Krankheit oder eines Unfalls. Zwar hätte das Gericht vorliegend den Urlaub sogar als entschuldbaren Hinderungsgrund anerkannt – der Zeuge legte aber die verlangte Buchungsbestätigung nicht vor.

Damit hätte er nach wie vor zur Vernehmung erscheinen müssen. Die fehlende Reaktion des Gerichts auf das letzte Schreiben des Zeugen entband diesen schließlich nicht von seiner staatsbürgerlichen Pflicht. Im Übrigen hätte er bei Unklarheiten einfach beim Gericht anrufen und nachfragen können, ob er trotz Entschuldigung zum vorgesehenen Termin kommen muss.

Da die Richter vorliegend jedoch das Verschulden des Urlaubers als gering einstuften und sich sein Nichterscheinen auf den Prozess nicht ausgewirkt hat – es waren schließlich weitere Zeugen zum Fortsetzungstermin geladen worden –, erließen sie ihm die Zahlung eines Ordnungsgeldes.

(OLG Dresden, Beschluss v. 24.02.2015, Az.: 2 Ws 82/15)

(VOI)

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