Keine Anfechtung eines Abwicklungsvertrages wegen Überrumpelung

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LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.07.2015 - 5 Sa 24/15

Ein direkt im Anschluss an eine Kündigung übergebener Abwicklungsvertrag mit dem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage kann zulässig sein!

Kein Anfechtungsgrund, wenn der Arbeitnehmer sich lediglich überrumpelt fühlt aber nicht durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst wird.

Der Geschäftsführer bat den Kläger in sein Büro und händigte ihm eine schriftliche Kündigungserklärung aus. Er begründete die Kündigung damit, dass er dringend Kosten einsparen müsse. Der Geschäftsführer übergab dem Kläger anschließend einen bereits vorbereiteten Abwicklungsvertrag, den beide Parteien unterzeichneten und in dem der Mitarbeiter erklärte, dass er den Abwicklungsvertrag sorgfältig gelesen und nach reiflicher Überlegung freiwillig unterzeichnet habe.

Später hat der Kläger den Abwicklungsvertrag angefochten, da er überrumpelt worden sei. Bereits wenige Minuten nach Übergabe der Kündigung habe ihm der Geschäftsführer den Abwicklungsvertrag vorgelegt, den er noch im Schockzustand unterzeichnet habe.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat im Abwicklungsvertrag wirksam auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet.

Der Kläger kann den Abwicklungsvertrag vom 18.01.2014 nicht erfolgreich beseitigen, da ihm kein Widerrufsrecht zustehe.

Ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag ist nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- bzw. Widerrufsrecht eingeräumt und ihm auch das Thema des beabsichtigten Gesprächs vorher nicht mitgeteilt hat (BAG 27.11.2003 - 2 AZR 177/03 - ; BAG 30.09.1993 - 2 AZR 268/93 - ).

Eine arglistige Täuschung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen.

Bei der vom Kläger behaupteten Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten, er müsse wegen „erheblichen“ Umsatzrückgangs dringend Kosten einsparen, handelt es sich um eine substanzlose allgemeine Aussage, die ihrem Inhalt nach unbestimmt ist, nicht aber um eine Täuschung durch die unrichtige Angabe konkreter Umsatzzahlen, die objektiv nachprüfbar und einem Beweis zugänglich sind.

Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne jede arbeitgeberseitige Kompensation - etwa in Bezug auf den Beendigungszeitpunkt, die Beendigungsart, die Zahlung einer Entlassungsentschädigung oder den Verzicht auf eigene Ersatzansprüche - stellt nach der Rechtsprechung des BAG, i. d. R. eine unangemessene Benachteiligung iSv.§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar (BAG 25.09.2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22 a. a. O.; BAG 06.09.2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, NZA 2008, 219).

Im vorliegenden Fall war dies wegen einer entgeltlich vereinbarten Freistellung nach Auffassung des Gerichts aber nicht gegeben. Die Berufung blieb erfolglos. 

Anja van der Broeck, Fachanwältin für Arbeitsrecht


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