Keine Kostenübernahme für Kinderwunschbehandlung im Ausland

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Keine Kostentragungspflicht der GKV für im Ausland erfolgte künstliche Befruchtung bei Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz

17.2.2022

von RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Die Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die Kosten für eine künstliche Befruchtung von der Krankenversicherung (gesetzlich oder privat) erstattet werden müssen, beschäftigt seit Jahrzehnten die Rechtsprechung. Anders als in der privaten Krankenversicherung ist in der gesetzlichen Krankenversicherung in § 27 Abs. 1 Satz 3 SGB V ausdrücklich geregelt, dass die Kinderwunschbehandlung zur Krankenbehandlung zählt. Dass jedoch nicht in jedem Fall die Kosten übernommen werden, zeigt eine Entscheidung des Sozialgericht München vom 26.01.2022, Az. S 7 KR 242/21. 

Die Klägerin des Verfahrens und ihr Ehemann hatten sich einer medizinisch notwendigen intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterzogen. Zuvor hatten sie den Behandlungsplan eingereicht und es war grundsätzlich von der Krankenkasse eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben worden. Die Klägerin ließ die Behandlung nicht in Deutschland, sondern in Österreich durchführen und verlangte dann Erstattung der von ihr aufgewandten Behandlungskosten in Höhe von ca. 9.000 EUR. Die Krankenkasse verlangte dann von der Klägerin die Vorlage einer Bestätigung, dass im Rahmen der Behandlung die Regelungen des deutschen Embryonenschutzgesetzes (ESchG) eingehalten worden sind. Die Klägerin antwortete hierauf, dass sie eine derartige Bestätigung nicht beibringen könne, weil die Behandlung unter der Geltung des österreichischen Rechts, hier also des Fortpflanzungsmedizingesetzes erfolgt sei. Die beklagte Krankenkasse wies den Antrag auf Kostenerstattung dann zurück, weil nach ihren Vorgaben die ärztliche Bestätigung notwendig sei, dass die Regelungen des ESchG eingehalten wurden. Hiergegen erhob die Klägerin erfolglos Widerspruch. Daraufhin erhob die Klägerin Klage gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid und verfolgte die Kostenerstattung weiter.

Vor Gericht hatte sie jedoch keinen Erfolg.  

Grundsätzlich führte das Sozialgericht (SG) aus, dass auch Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in einem anderen Europäischen Land nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V erstattungsfähig sein können, wenn die weiteren Voraussetzungen der Norm vorliegen.

Dazu gehört nach den Ausführungen des SG aber auch, dass die Behandlung als solche in Deutschland zulässig ist und dass, wenn sie in Deutschland durchgeführt würde, ein Erstattungsanspruch besteht. In Deutschland gilt jedoch das Embyonenschutzgesetz, dass im Hinblick auf die Vorgaben der Behandlung ein Verbotsgesetz darstellt. Insofern kann die Krankenkasse im Rahmen der Prüfung ihrer Erstattungspflicht verlangen, dass ihr eine ärztliche Bescheinigung vorliegt, dass die Vorgaben des ESchG eingehalten wurden. An die Stelle des ESchG tritt dann nicht die entsprechende Regelung des Landes, in dem die Behandlung durchgeführt wird.

Anders als die Krankenkasse prüfte das SG dann jedoch, ob im Rahmen der Behandlung materiell die Vorgaben des ESchG eingehalten worden sind. Nach den Feststellungen war dies jedoch nicht der Fall, weil (bewusst) mehr Embryonen befruchtet wurden, als in einem Zyklus der Klägerin hätten eingesetzt werden sollen. Dies ist nach dem ESchG verboten.

Ergänzend wurde dann noch geprüft, ob die Krankenkasse unter Umständen deshalb die Kosten übernehmen müsste, weil ihr im Rahmen des Antragsverfahrens und der Kostenübernahmeerklärung, die vor Durchführung der Behandlung erfolgte, das Problem hätte sehen und dahingehend hätte beraten müssen, dass eine Kostenerstattungspflicht nur besteht, wenn das ESchG beachtet wird. Hier sah das Gericht aber keinen Ansatz für ein Verschulden der Krankenkasse.

Im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zu prüfen war dann, ob der behandelnde Arzt ggf. wegen eines Beratungsverschuldens zum Schadenersatz verpflichtet sein könnte. Nach deutschem Recht ist anerkannt, dass den Behandler dann eine Hinweispflicht trifft, wenn ihm erkennbar ist, dass eine Erstattungspflicht nicht bestehen könnte und der Patient faktisch aber von einer Kostentragung durch den Krankenversicherer ausgeht. In der Praxis trifft dies häufiger Zahnärzte oder Betreiber von sogenannten gemischten Anstalten, deren Kosten von dem privaten Krankenversicherer nur nach vorheriger schriftlicher Kostenbestätigung erstattet werden. Ob ein derartiger Anspruch besteht, richtet sich aber nach dem Ort der Behandlung.


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