Kündigung wegen Beleidigung – was tun?

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Wenn ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten, Kollegen oder gar Kunden beleidigt, muss er mit einer – auch fristlosen - Kündigung rechnen. Hier erfahren Sie, wann eine solche Kündigung wirksam ist und wie Sie darauf reagieren müssen

Wann liegt eine Beleidigung als Kündigungsgrund vor?

Die Beleidigung wird als rechtswidriger Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe von Miss- oder Nichtachtung verstanden. Die Ehre stellt sich dabei als das Interesse eines Menschen auf Achtung seiner Persönlichkeit dar. Dieses Interesse kann verletzt werden durch eine wörtliche Äußerung oder eine Handlung (z. B. Anspucken).

Dagen steht die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit als zentrales Element der Demokratie. Sie erlaubt es, Zustände sachlich zu kritisieren. Die Meinungsfreiheit findet indes bei der bewussten Behauptung unwahrer Tatsachen und der bewussten Schmähung ihre Grenzen. Auch die Einkleidung an sich sachlicher Kritik in beleidigende Sprache kann zur Kündigung führen.

Beispiel: Wirft ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber vor, er habe „keinen Arsch in der Hose“, suggeriert er, dass es dem Arbeitgeber an jeglichem Rückgrat fehle. Auch wenn die Aussage mit sachlicher Kritik verbunden sein mag, handelt es sich um eine Beleidigung.

Die Bedeutung einer Äußerung/Handlung kann variieren und von verschiedenen Personen unterschiedlich verstanden werden. Um eine bedeutsame Beleidigung zu erreichen, die als verhaltensbedingter Kündigungsgrund an sich anerkannt wird, muss die ehrverletzende Aussage also eine gewisse Schwelle überschreiten. Zudem muss sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen oder ausgesprochen werden, weil das Verhalten des Arbeitnehmers in seiner Freizeit kündigungsrechtlich unbeachtlich ist. Deswegen kann er unter Umständen auch bei einer Äußerung gegenüber einem Arbeitskollegen auf die Vertraulichkeit verweisen.

Weiter spielt die Arbeitsumgebung eine Rolle, weil in einigen Branchen ein rauer Umgangston herrscht, in dem bestimmte Ausdrücke nicht als diffamierend betrachtet werden.

Beispiel: Bei gleicher Ausdrucksweise kann eine Kündigung wegen Beleidigung in einem Dienstleistungsbetrieb eher in Betracht kommen als im Baugewerbe.

Im Ergebnis kommt es also auf den Einzelfall an.

Ist eine Abmahnung wegen Beleidigung notwendig?

Eine Abmahnung soll dem Arbeitnehmer vergangenes Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihn für die Zukunft zu vertragsgerechtem Verhalten zu motivieren. Darin kündigt der Arbeitgeber ernsthafte Konsequenzen an, wenn der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten wiederholt. Nur so ist gewährleistet, dass die Kündigung das letzte Mittel ist. Also muss ein Arbeitgeber vor einer Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung wegen des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers aussprechen.

Beispiel: Nachdem der Arbeitnehmer nach einem angespannten Personalgespräch aus dem Büro des Arbeitgebers geschmissen wird, bezeichnet er diesen als „Psychopathen“, der „eingesperrt werden“ müsse. Das LAG Rheinland-Pfalz hielt die fristlose Kündigung für unwirksam, weil eine Abmahnung ausgesprochen werden musste. Die emotionale Aussage nach dem Personalgespräch könne den Betriebsfrieden nicht nachhaltig stören, zumal sie unter vertrauten Kollegen gefallen sei.

Bei einem besonders schwerwiegenden Fehlverhalten, bei dem der Arbeitnehmer keinesfalls mit einer Duldung durch den Arbeitgeber rechnen konnte, ist eine Abmahnung jedoch ausnahmsweise entbehrlich.

Beispiel: Der Arbeitnehmer bezeichnet seinen Vorgesetzten vor der Belegschaft als „Nazi“.

Dies kann auch der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer erforderliche Umgangsformen ernsthaft und ausdrücklich verweigert und eine Abmahnung deshalb aussichtlos ist.

Letztlich kommt es auch hier immer auf den Einzelfall an. Wurde eine Kündigung ohne Abmahnung ausgesprochen, bestehen aber häufig gute Chancen, erfolgreich dagegen vorzugehen.

Fristgerechte oder fristlose Kündigung wegen Beleidigung?

Eine Beleidigung kann sowohl zu einer ordentlichen, fristgerechten als auch zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung führen. Welche Kündigungsform der Arbeitgeber wählt, hängt insbesonere von der Schwere der Beleidigung ab. Daran schließt sich de Frage an, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung bis zum Auslaufen der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist.

Als grobe Beleidigung, die einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt, sind anerkannt worden:

  • „arrogantes Schwein“ oder „ein paar in die Fresse hauen“ (LAG Köln Sa 1623/05)
  • das „Götz-Zitat“ (LAG Köln 10 SA 307/10) 
  • „soziale Arschlöcher“ (LAG Schleswig-Holstein 3 Sa 244/16
  • „Menschenschinder“, „Ausbeuter“ (LAG Hamm 3 Sa 644/12
  • rassistische Beleidigungen oder direkte Assoziationen mit dem Nationalsozialismus

Neben den Umständen, die zur Beleidigung geführt haben, werden zusätzlich die Interessen beider Parteien abgewogen, ob eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist. Hierbei finden insbesondere folgende Kriterien Berücksichtigung:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Schwere, Häufigkeit der Beleidigung
  • Grund und Umstände der Beleidigung
  • Affektsituation oder wohlüberlegtes Handeln
  • Reue, zB in Form einer Entschuldigung
  • frühere Abmahnungen

Beispiel: Das Arbeitsgericht Berlin (88 Ca 5714/01) hielt die Kündigung eines Arbeitnehmers für unwirksam, der seinen Chef als „Arschloch“ bezeichnet hatte, nachdem dieser seit mehreren Monaten keinen Lohn gezahlt hatte.

Abfindung nach Kündigung wegen Beleidigung?

Ist die Kündigung wegen Beleidigung rechtmäßig, ist eine Abfindung grundsätzlich nicht geschuldet. Häufig ist die Beweislage jedoch schwierig, so dass der Ausgang des Verfahrens ungewiss ist. Möchte sich der Arbeitgeber aber unbedingt vom Arbeitnehmer trennen, kann dies zu einem gerichtlichen Vergleich führen, in dem der Arbeitnehmer die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung akzeptiert.

Die Höhe der Abfindung hängt meist von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem zuletzt erzielten Bruttolohn und den Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage ab. Bei entsprechenden Verhandlungen ist die Vertretung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht also ratsam.

Fazit

  • Nicht jede Kritik und scharfe Äußerung ist eine Beleidigung, die zur Kündigung berechtigt.
  • In einigen Fällen ist eine Kündigung wegen Beleidigung nur wirksam, wenn vorher abgemahnt wurde.
  • Ob sogar eine fristlose Kündigung wirksam ist, hängt von der Schwere der Beleidigung ab.
  • Ein Anspruch auf eine Abfindung nach Kündigung wegen Beleidigung besteht nicht. Häufig einigt man sich vor Gericht aber darauf.
Foto(s): T.Jannack

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