Kündigung wegen Verkauf des Grundbesitz

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Auch bei beabsichtigtem Verkauf oder Umbau einer vermieteten Wohnung oder eines Haus, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit das Mietverhältnis zu kündigen. Dieser Beitrag erläutert die wesentlichen Voraussetzungen einer solchen Kündigung.

Grundlage einer Kündigung wegen angemessener wirtschaftlicher Verwertung des Grundbesitz ist § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Zweck der Norm ist die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des Eigentümers über sein Eigentum. Als Voraussetzung müssen folgende 4 grundsätzliche Tatbestandsmerkmale kumulativ vorliegen:

  • Die Mietsache soll anderweitig verwertet werden.

  • Die vorgesehene Verwertung muss nach den Gesamtumständen angemessen sein.

  • Der Bestand des Mietverhältnisses muss der Verwertung entgegenstehen.

  • Durch die Hinderung der Verwertung müssen erhebliche Nachteile eintreten. Im Einzelnen dazu Folgendes.

 

Anderweitige Verwertung der Mietsache

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundbesitz gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung eine höhere Miete zu erzielen, wird vom Gesetz nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung angesehen; ebenso nicht die Veräußerung im Zusammenhang mit einer bereits erfolgten oder beabsichtigten Begründung von Wohnungseigentum. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist die Veräußerung eines Hauses oder einer Wohnung eine mögliche angemessene wirtschaftliche Verwertung, welche die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann. Auch der Abriss eines z.B. alten unrentablen Mietshauses mit der anschließenden Errichtung eines Neubaus kann eine angemessene Art der Verwertung sein.  

 

Verwertung muss nach den Gesamtumständen angemessen sein

Die wirtschaftliche Verwertung kann eine Kündigung nur rechtfertigen, wenn sie angemessen ist. Eine solche Angemessenheit ist zu bejahen, wenn die Verwertung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftig und sinnvoll und nicht lediglich spekulativ ist. Bei Prüfung der Angemessenheit muss dem Eigentümer im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ein Entscheidungsspielraum zugestanden werden, insbesondere dann, wenn die Verwertung in Form des Verkaufs erfolgen soll, da die Ausübung der Verfügungsbefugnis durch Verkauf als Kern des Eigentumsrechtes auch von den Gerichten zu beachten ist.Die umfassende Sanierung eines Altbaus ist dann angemessen, wenn sie ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft ist und das Mietverhältnis nicht mehr weiterbestehen kann, weil z.B. die betreffende Wohnung durch den Umbau wegfällt. Jedoch stellt allein die Sanierung keinen Kündigungsgrund dar, weil der Mieter entsprechende Maßnahmen unter den Voraussetzungen des § 554 BGB zu dulden hat. 

 

Bestand des Mietverhältnisses muss der Verwertung entgegenstehen

Das bestehende Mietverhältnis hindert die wirtschaftliche Verwertung, wenn diese wegen des Mietverhältnisses nicht erfolgen, z. B. die Wohnung in vermietetem Zustand nicht oder nur zu einem erheblich geringeren Kaufpreis verkauft werden kann. So sollte ein Hausgründstück wenigstens kostendeckend genutzt werden können. Nur bei erheblichen Verlusten oder gravierenden Gewinneinbußen, nicht aber bereits bei geringen Mindereinnahmen kommt eine Kündigung in Betracht. Für eine Kündigung ist es auch nicht ausreichend, wenn die gegenwärtige Nutzung zwar einen angemessenen Gewinn erwirtschaftet, durch eine anderweitige Verwendung aber noch eine Steigerung möglich wäre. Hier ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 GG zu beachten. Im Falle des beabsichtigten Verkaufs des Grundstückes ist neben der Höhe des Mindererlöses von Bedeutung, welche gewichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Gründe den Vermieter zum Verkauf veranlassen. Dabei ist es ausreichend, wenn der Eigentümer verkaufen will und der Verkauf der vermieteten Wohnung wirtschaftlich sinnlos wäre (BVerfG WuM 1992, 46).  Der Vermieter welcher behauptet, seine Wohnung oder Haus seien in vermietetem Zustand unverkäuflich, oder nur mit erheblichem Verlust, muss die Einzelheiten seiner Verkaufsbemühungen mitteilen. Ansonsten wäre für den Mieter nicht erkenn – und prüfbar, dass der Verkauf in vermietetem Zustand zur Hinderung an einer angemessenen Verwertung führt. Zwingend erforderlich ist auch, dass der Vermieter die Verkaufsgründe offen legt, weil auf andere Weise die Angemessenheit der Verwertung nicht überprüft werden kann. Dies folgt daraus, dass allein der Verkauf zur Erzielung einer besonderen Rendite als berechtigtes Interesse i. S. d. § 573 Abs. 2 Ziffer 3 BGB gerade nicht ausreicht.  

 

Erhebliche Nachteile durch die Hinderung der Verwertung

Für die Erheblichkeit des Nachteils kann nicht auf einen starren Prozentsatz abgestellt werden. Sie hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Umgekehrt kann man aber sagen, dass ein erheblicher Nachteil nicht erst dann vorliegt, wenn der Eigentümer in Existenznot gerät. Dem Eigentümer kann nicht zugemutet werden, ein Mietverhältnis bis an die Grenze des wirtschaftlichen Zusammenbruchs fortzusetzen. Eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Objektes durch Verkauf kann auch schon dann gegeben sein, wenn der Verkauf noch nicht zwingend erforderlich ist (LG Stuttgart, DWW 1995, 143). Die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Überwiegend wird von einem erheblicher Nachteil bei einem Mindererlös zwischen 10 % und 25 % des Kaufpreis ausgegangen. Jedoch kann im Einzelfall trotz einer hohen Kaufpreiseinbuße infolge der Vermietung das Vorliegen eines erheblichen Nachteils verneint werden, wenn bei Verkauf in vermietetem Zustand immer noch ein höherer Preis erzielbar ist als beim Erwerb der Wohnung bezahlt wurde. Ergänzend müssen aber die Gründe für den Verkauf gesehen werden. Bei einer Notlage des Vermieters, oder dringendem Geldbedarf, sind diese Faktoren erheblich. 

 

Kündigungsformalien 

Die Schriftform und Darlegung aller Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben sind selbstverständliche Formalien. Ausreichend dürfte sein, wenn die Nachteile und Vorzüge in verständlicher Weise einander gegenüberstellt werden, so dass die wirtschaftliche Kalkulation und die Situation des Vermieters im Ansatz offen gelegt ist. Bei einem Umbau oder Abriss muss dies konkret dargelegt werden und die Erforderlichkeit das die Räume nicht mit zumutbaren Mitteln wieder hergestellt werden können. Auch muss der Vermieter die Nachteile beschreiben, die bei Fortführung des Mietverhältnisses eintreten. Bezüglich der Darlegung von Verkaufsbemühungen hat das BVerfG (NZM 1998, 618) entschieden, dass es ausreichend sei, wenn sich der Vermieter in der Kündigungserklärung darauf beruft, nach Maklerauskunft sei die Wohnung aufgrund von Vergleichspreisen für Wohnungen in der Nachbarschaft nur zu einem bestimmten (geringeren) Preis zu veräußern. Allgemein gehaltene Formulierungen sind natürlich nicht ausreichend. Der allgemeine Grundsatz, dass der Mieter anhand der Angaben in der Kündigung die Möglichkeit haben muss zu prüfen, ob die in der Kündigung dargelegten Überlegungen des Vermieters dem Gesetzeszweck entsprechen, macht es erforderlich, bei der Formulierung von Kündigungserklärungen so weitgehend wie möglich vorzutragen.Soll ein in vermietetem Zustand erworbenes Objekt wegen eines bevorstehenden Verkaufes gekündigt werden, bedarf es daher einer besonders ausführlichen Darlegung der Verkaufsgründe im Kündigungsschreiben, um dem Vorwurf der Spekulationsabsicht vorzubeugen. 

 

Schlussbemerkung

Die Verwertungskündigung muss sicherlich von der Rechtsprechung aufgestellte hohe, aber nicht unüberwindbare Hürden nehmen. Wichtig ist es die Umstände des jeweiligen Einzelfalles genau zu überprüfen. In Anbetracht der geschilderten formalen Anforderungen an eine Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit, sollte diese grundsätzlich erst nach eingehender juristischer Beratung erfolgen.



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