Kurzarbeit: Was ist das? Wie geht das? Was bringt das?

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Gerade im Zuge der Covid-19-Pandemie stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, wie die regelmäßigen Kosten des Unternehmens möglichst gering gehalten beziehungsweise reduziert werden können. Neben benötigten Rohstoffen, Energie und Miete stellt die Arbeitnehmerschaft meist einen wesentlichen Kostenfaktor dar.

Ein mögliches Mittel, um die Personalkosten zu dämpfen, ist die Kurzarbeit.

Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit bedeutet, dass die an sich nach dem Arbeitsvertrag geschuldete, regelmäßige Arbeitszeit für den gesamten Betrieb oder einzelne Teile verkürzt wird. Charakteristisch ist, dass es sich um eine nur vorübergehende Verringerung der Arbeitszeit handelt. Grund dafür kann ein (erheblicher) Auftragsrückgang (oder sonstige wirtschaftliche Gründe) sein, aber auch ein unabwendbares Ereignis.

Wie kommt es zur Kurzarbeit?

Kurzarbeit kann grundsätzlich nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Auch der Arbeitgeber muss sich an die einmal im Arbeitsvertrag getroffenen Regeln – hierzu gehört auch die Arbeitszeit – halten. Besteht ein Betriebsrat, so hat dieser ein (erzwingbares) Mitbestimmungsrecht, § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Es kann allerdings eine Klausel im Arbeitsvertrag vereinbart werden, die dem Arbeitgeber die einseitige Anordnung gestattet. 

Gibt es keinen Betriebsrat und keine arbeitsvertragliche Klausel, so muss im Einzelfall mit jedem Arbeitnehmer gesondert Kurzarbeit vereinbart werden. Eine vorsorgliche Regelung bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bietet sich also an.

Bei Bestehen eines Betriebsrats wird eine Betriebsvereinbarung erforderlich. Das kostet natürlich Zeit, sodass es sinnvoll ist, sich frühzeitig mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. 

Das Problem mit Kurzarbeit

Kurzarbeit dient dazu, eine wirtschaftlich schwierige Situation zu meistern, ohne Arbeitnehmer entlassen zu müssen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber mit der Anordnung von Kurzarbeit auch die Vergütung für die Arbeitnehmer entsprechend reduzieren wird. 

Dies kann in Extremfällen für Arbeitnehmer existenzbedrohend wirken.

Was kann ich als Arbeitgeber tun, um meine Arbeitnehmer abzusichern?

Damit Arbeitnehmer in ihrer Existenz abgesichert sind, hat der Gesetzgeber im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), das den Bereich der Arbeitsförderung regelt, festgelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeitergeld durch staatliche Stellen gezahlt wird.

Das Kurzarbeitergeld entspringt daher dem Grundgedanken, dass vorübergehende Kurzarbeit gegenüber einer Kündigung oder einer sonstigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vorzugswürdig ist. 

Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes

Nach § 95 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

  1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt
  2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind
  3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind
  4. der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Soweit die gesetzliche, wenig aussagekräftige Regelung. Was aber bedeutet das genau?

Die Bezeichnung „Arbeitnehmer“ greift zu kurz, da auch Auszubildende Kurzarbeitergeld erhalten können. Gleiches gilt für Leiharbeiter.

Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt dann vor, wenn mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer einen Arbeitsausfall von 10 Prozent erleiden. Dieser Arbeitsausfall muss vorübergehend sein. 

Die betrieblichen Voraussetzungen bedeuten lediglich, dass in dem Betrieb wenigstens ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin beschäftigt sind. Betrieb kann dabei auch eine Betriebsabteilung sein.

Die persönlichen Voraussetzungen bestehen darin, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die Beschäftigung fortsetzt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder aufgelöst ist und kein Ausschluss vom Kurzarbeitergeldbezug vorliegt.

Der Arbeitsausfall muss der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit außerdem angezeigt worden sein, § 99 SGB III. Die Anzeige kann durch den Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung erfolgen. Zeigt der Arbeitgeber an, so ist eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Die Angaben müssen glaubhaft gemacht werden. 

Das Kurzarbeitergeld

Kurzarbeitergeld kann für die Dauer von bis zu 12 Monaten ausgezahlt werden. Die Auszahlung erfolgt durch die Agentur für Arbeit. 

In Abhängigkeit der individuellen Voraussetzungen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin beläuft sich das Kurzarbeitergeld auf 60 oder 67 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum, § 105 SGB III. Die konkrete Berechnung des Kurzarbeitergeldes ist einigermaßen kompliziert, sodass eine Darstellung im Rahmen dieses Rechtstipps unterbleibt. Auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit finden sich insoweit allerdings Tabellen.

Weitere Besonderheiten

Das Kurzarbeitergeld kommt auch als sogenanntes Saison-Kurzarbeitergeld in Betracht. Es kann – etwa in der Baubranche – als „Schlechtwettergeld“ gezahlt werden. Bei derartigen saisonbedingten Arbeitsausfällen ist während der Saison der Bezug von „normalem“ Kurzarbeitergeld ausgeschlossen. Die Saison dauert dabei vom 1. Dezember bis zum 31. März, § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Auch andere Branchen kommen in Betracht, wenn sie entsprechend betroffen sind.

Auch bei Arbeitskämpfen (Streik) kommt unter der Maßgabe des § 100 SGB III der Bezug von Kurzarbeitergeld in Betracht. Möglich ist der Bezug allerdings nur dann, wenn die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an dem Arbeitskampf nicht beteiligt sind. 

Außerdem können Heimarbeiter Kurzarbeitergeld beziehen, § 103 SGB III.

Und wie geht das jetzt genau?

Erforderlich ist neben der – schriftlichen – Anzeige der Kurzarbeit auch ein schriftlicher Antrag bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Die Antragsformulare finden Sie auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit. Es bietet sich an, die Formulare unmittelbar online zu bearbeiten. 

Auf die Anzeige des Arbeitgebers hin ergeht ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, ob ein erheblicher Arbeitsausfall und die betrieblichen Voraussetzungen vorliegen. Dies muss unverzüglich geschehen.

Dem Antrag ist eine schriftliche Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen.

Kurzarbeitergeld kann dann frühestens von dem Monat an gezahlt werden, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Bei unabwendbaren Ereignissen gelten Sonderregeln.

Die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist also kein Hexenwerk, muss aber sorgfältig erfolgen. Dies betrifft auch bereits die betriebliche Einrichtung von Kurzarbeit. Die Möglichkeiten sollten rechtzeitig geschaffen werden, damit im Bedarfsfall auch unmittelbar reagiert werden kann und nicht unnötig Zeit verschwendet wird.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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