Leistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung beantragen – so klappt es!

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Wer berufsunfähig wird und Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung haben möchte, muss ein kompliziertes und langwieriges Antragsverfahren durchlaufen. Viele Versicherer senden dem Versicherungsnehmer hierzu zunächst ein zum Teil 20 oder mehr Seiten umfassendes Formular zu. Hinzu kommen Zusatzformulare bei psychischen Erkrankungen oder Selbstständigen. Der kranke Versicherungsnehmer wird hier erheblich gefordert, da die Angaben äußerst gewissenhaft gemacht werden müssen, also vollständig und wahrheitsgemäß.

Dies klingt einfach, ist es in der Praxis dann aber häufig nicht. Neben der schieren Menge an Daten, die meistens auch noch mit Nachweisen belegt werden müssen, erkennt der juristisch unerfahrene Versicherte zudem auch nicht, welche „Fallstricke“ mit der Antragstellung verbunden sein können.

Die nachfolgenden Tipps und Hinweise zeigen einige der Probleme auf. Sie gelten nicht nur für die klassische private Berufsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, sondern auch für Sonderformen wie Dienstunfähigkeitsversicherungen, Fluguntauglichkeitsversicherungen, Schulunfähigkeitsversicherungen, Erwerbsunfähigkeitsversicherungen und Berufsunfähigkeitsrenten berufsständischer Versorgungswerke.

1. Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten

Ist der Vertrag noch keine zehn Jahre alt und/oder ist der Versicherungsfall innerhalb von zehn Jahren seit Abschluss eingetreten, wird der Versicherer prüfen, ob es für ihn eine Möglichkeit gibt, den Vertrag anzufechten oder anderweitig zu beenden (Rücktritt, Kündigung). Ansatzpunkt sind hier falsche oder unvollständige Angaben zu Vorerkrankungen und anderen gefahrerheblichen Umständen bei Vertragsabschluss.

Häufig sind bei Vertragsabschluss frühere Krankheiten und Behandlungen nur unzureichend erwähnt worden. Auch wenn dies aus Gedankenlosigkeit und ohne böse Absicht geschah, kann sich dies nunmehr bitter rächen. Deshalb sollten die gemachten Angaben unbedingt genau überprüft werden, bevor man den Antrag stellt. Zeigen sich dabei Lücken und ähnliches, muss unbedingt anwaltlicher Rat in Anspruch genommen werden, bevor man einen Antrag auf Leistungen stellt!

2. Widersprüchliche Angaben zur durchschnittlichen Arbeitszeit

Entscheidend für die Frage, ob Leistungen wegen Berufsunfähigkeit gewährt werden, ist, ob der vertraglich vereinbarte Grad der Berufsunfähigkeit erreicht wird. Die meisten Verträge sehen hier eine Schwelle von 50 Prozent vor. Der wesentliche Maßstab hierfür ist die wöchentliche Arbeitszeit. Je höher diese liegt, umso eher kann von Berufsunfähigkeit ausgegangen werden. Hier werden häufig Fehler gemacht. So wird die An- und Abfahrtzeit zur Arbeitsstelle nicht bedacht oder Selbstständige vergessen, dass die Buchhaltung häufig noch von zu Hause erledigt wird.

Nicht selten unterlaufen widersprüchliche Angaben zur täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit. Im besten Fall führt dies „nur“ zu Nachfragen des Versicherers und Verzögerungen bei der Bearbeitung. Läuft es aber schlecht, nutzt der Versicherer dies zur Verweigerung der Leistungen aus.

3. Schweigepflichtentbindungen und andere Einverständniserklärungen

Im Rahmen der Leistungsprüfung wird vom Versicherungsnehmer die Zustimmung zur Weitergabe seiner Daten an Dritte und zur Einholung von Auskünften durch den Versicherer verlangt. Hierbei stehen aber verschiedene Modelle zur Auswahl. Häufig unbekannt ist, dass der Versicherungsnehmer (ärztliche) Unterlagen und Auskünfte auch selbst beschaffen kann und es dem Versicherer nicht gestatten muss, diese Daten selbst zu erheben. Die eigenverantwortliche Beschaffung notwendiger Informationen hat für den Versicherungsnehmer den Vorteil, dass er diese nochmals auf Fehler und Vollständigkeit hin überprüfen kann, bevor die Daten an den Versicherer weitergeleitet werden.

4. Ärztliche und psychologische Untersuchungen

In vielen Fällen genügen dem Versicherungsunternehmen die Atteste und Nachweise der eigenen Ärzte nicht. Das gilt vor allem bei psychischen Erkrankungen wie Depression und „Burnout“, die heutzutage häufig zu einer Berufsunfähigkeit führen. Hierbei finden immer auch testpsychologische Zusatzuntersuchungen statt, die von vielen Probanden als unangenehm empfunden werden. Das ist auch nicht verwunderlich, denn diese Tests dienen auch dazu, Simulanten zu überführen. Leider wird dabei manchmal „übers Ziel hinausgeschossen“ und die Antragsteller über Gebühr unter Druck gesetzt. Hier hilft es, wenn man im Vorfeld eine ungefähre Vorstellung von dem hat, was einem erwartet.

Fazit

Die Beantragung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gleicht nicht selten einem Marathonlauf. Das Verfahren zieht sich zudem über Monate hin. Zahlreiche Nachfragen durch die Versicherung belasten den erkrankten Versicherungsnehmer zusätzlich. Hier kann es sehr hilfreich sein, wenn man die Antragstellung von Anfang an in die Hände eines spezialisierten Rechtsanwaltes, idealerweise einem Fachanwalt für Versicherungsrecht, gibt. Dadurch werden nicht nur Fehler, die schwerwiegende Konsequenzen haben können, vermieden, sondern auch die Belastungen durch das Antragsverfahren reduziert.

Daneben kommt auch eine kontinuierliche Beratung durch den Anwalt im Hintergrund in Betracht, wenn man nicht möchte, dass dieser gegenüber dem Versicherer offen in Erscheinung tritt. Traut man sich die Durchführung des Antragsverfahrens selbst zu, sollte man aber mindestens zu Beginn der Antragstellung und vor Abgabe des Antragsbogens ein ausführliches Beratungsgespräch mit einem Anwalt vereinbaren.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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