LG Essen: unwirksame Beitragsanpassungen in der Krankenversicherung

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LG Essen, Urteil vom 30.01.2019: Ist eine Beitragsanpassung unwirksam, weil es an einer wirksamen Anpassungsmitteilung fehlt, so kann sich diese Unwirksamkeit nur für den Zeitraum bis zum Zugang der nächsten (wirksamen) Anpassungsmitteilung auswirken. 

Seit einigen Jahren streiten Versicherer und Versicherungsnehmer darüber, ob die regelmäßig ergehenden Beitragserhöhungen in der Krankenversicherung wirksam sind oder nicht. 

In dem hier entschiedenen Fall ging es nicht darum, ob die Beitragserhöhungen deshalb unwirksam sind, weil der Krankenversicherer keinen „unabhängigen Treuhänder“ mit der Berechnung der Beitragserhöhungen beauftragt hat, sondern darum, ob die Beitragserhöhung wirksam ist, wenn das entsprechende Schreiben beim Versicherungsnehmer nicht eingeht.

In dem entschiedenen Fall verlangte der Kläger von der Beklagten Rückzahlung zu viel erhobener Versicherungsprämien im Rahmen einer privaten Krankenversicherung. Die Beklagte als Krankenversicherer verlangte von dem Kläger einen höheren Beitrag und sandte diesen zwei Mahnschreiben über die Differenz des nunmehr erhöhten Beitrages zu. 

Da dem Kläger eine Beitragserhöhung nicht bekannt war, bat er den Versicherer um entsprechende Mitteilung und zahlte die geltend gemachten Beitragsrückstände unter Vorbehalt. Da der Krankenversicherer an der Beitragserhöhung festhielt und eine weitere Beitragserhöhung vornahm, erhob der Kläger gegen die Beklagte Zahlung zu viel gezahlter Versicherungsprämien.

Das Landgericht Essen gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte auf Rückzahlung der erhöhten Versicherungsprämie im Zeitraum des erstmaligen Erhöhungsverlangens, welche dem Kläger nicht zuging, bis zu der weiteren Prämienerhöhung. Dieser Anspruch resultierte aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Das Gericht begründete dies damit, dass der Beklagten das Recht zuständig, vereinbarte Beiträge seiner Krankheitskostenversicherung einseitig zu erhöhen (§ 203 VVG). Die Beklagte jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen, dass dem Kläger das Beitragserhöhungen Schreiben zugegangen war. 

Den Entreicherungseinwand des Versicherers ließ das Gericht nicht durchgehen und begründet dies damit, dass die Beiträge noch im Vermögen der Beklagten vorhanden war. Das Gedicht begrenzte jedoch den Rückzahlungsanspruch bis zu dem Zeitpunkt, in dem ihn ein weiteres Erhöhungsschreiben zuging.

Das Landgericht ist der Auffassung, dass nur die Berechnungsgrundlage ohne die konkrete zahlenmäßige Angabe der eingetretenen Veränderung mitgeteilt werden müsse. Dies widerspricht großen Teilen der erstinstanzlichen Rechtsprechung (LG Neuruppin, VersR 2018, 469; LG Berlin, VersR 2018, 453, u. a.), die unter Heranziehung des Sinn und Zweck der Vorschrift ableiten, der Versicherungsnehmer müsse mindestens in die Lage versetzt werden, die konkrete Erhöhung anhand der Angaben des Versicherers unter die in § 203 Abs. 2 VVG genannten Voraussetzungen zu subsummieren. 

Nur so sei der Versicherungsnehmer in der Lage, zumindest einen Plausibilitätskontrolle der Beitragserhöhung durchzuführen. Es sei daher erforderlich, dass dem Versicherungsnehmer mitgeteilt werde, welche der nach § 203 Abs. 2 S. 1 und 3 VVG möglichen Berechnungsgrundlagen sich verändert hätten, d. h. die Versicherungsleistungen oder die Sterbewahrscheinlichkeiten und in welcher konkreten Höhe.


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