Manche Menschen leben im Wohnwagen – der Einbruchsdiebstahl

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Wohnmobile und Wohnwagen sind jedenfalls dann Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, wenn sie Menschen zumindest vorübergehend zur Unterkunft dienen.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung, Beschluss vom 11.10.2016, Az.: 1 StR 462/16, mit der Frage zu befassen, ob Wohnmobile oder Wohnwagen auch vom Tatbestandsmerkmal „Wohnung“ im Rahmen von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst werden.

Sachverhalt

Die Angeklagten brachen nachts auf Autobahnparkplätzen geparkte Wohnmobile und Wohnwagen auf, in denen deren Insassen schliefen. Die Angeklagten entwendeten anschließend aus den Innenräumen Wertgegenstände wie Smartphones, Ringe und Bargeld. Die Insassen bemerkten erst am nächsten Tag, dass die Gegenstände fehlten. Durch das Aufbrechen der Türen sind jeweils erhebliche Sachschäden entstanden.

Rechtliche Bewertung

Die Angeklagten wurden von der Vorinstanz wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung verurteilt. Diese Verurteilung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt.

Durch das Entwenden der Gegenstände aus den Wohnwagen haben sich die Angeklagten wegen Diebstahls gemäß § 242 StGB strafbar gemacht. Wegen Diebstahls macht sich gemäß § 242 StGB strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Als Strafrahmen gibt das Gesetz eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Zu klären war jedoch, ob der Diebstahl gemäß § 244 StGB qualifiziert war.

Eine Qualifikation nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB kann der einfache Diebstahl dadurch erfahren, dass der Täter einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält (Wohnungseinbruchdiebstahl). 

In einem solchen Fall droht dem Täter eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war die Frage bislang nicht geklärt, ob das Eindringen in einen Wohnwagen auch den Qualifikationstatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls erfüllen kann. Allerdings war bereits anerkannt, dass Wohnwagen „Wohnungen“ im Sinne von § 306a StGB (besonders schwere Brandstiftung) darstellen können.

Anlass für Schaffung der Qualifikation des Wohnungseinbruchdiebstahls war nach dem Willen des Gesetzgebers somit nicht etwa der erhöhte Schutz besonders sicher aufbewahrten Gegenständen in einer Wohnung, sondern die mit einem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der Privatsphäre des Tatopfers. Ausgehend vom Schutzzweck der Norm können auch Wohnmobile und Wohnwagen grundsätzlich eine Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB darstellen. 

Denn bei ihnen handelt es sich um umschlossene Räumlichkeiten, die einen erhöhten Eigentums- und Gewahrsamsschutz bieten und die, wenn sie Menschen zu Unterkunft dienen, eine räumliche Privat- und Intimsphäre vermitteln.

Allerdings jedes Wohnmobil und jeden Wohnwagen stets als Wohnung anzusehen wird dem Wortlaut Wohnung nicht gerecht. Daher ist als weiteres Kriterium notwendig, dass der konkrete Wohnwagen zumindest vorübergehend als Unterkunft genutzt wird; beispielsweise auf einer Urlaubsreise, aber auch bei einer dauerhaften Wohnnutzung durch Dauercamper. Nicht für einen Wohnungseinbruchdiebstahl ausreichend ist dagegen, wenn der Wohnwagen gänzlich ungenutzt abgestellt wird.

Durch das Aufbrechen der Türen des Wohnwagens wurden diese beschädigt oder gegebenenfalls auch zerstört, wodurch auch ein nicht nur unerheblicher Sachschaden entstanden ist. Folglich wird hier eine Sachbeschädigung im Sinne von § 303 Abs. 1 StGB mitverwirklicht.

Fazit: Der Bundesgerichtshof hat in Abgrenzung zu einer stark vertretenen Lehrmeinung auch Räumlichkeiten als Wohnungen anerkannt, die nicht nur der sogenannten „Kernwohnung“ zuzuordnen sind, also dauerhaft dem Kernbereich der privaten Lebensführung dienen.

Diese Rechtsprechung führt allerdings im Einzelfall zu Problemen, wenn eine Räumlichkeit nur sehr selten als „Wohnung“ genutzt wird. Die Frage ist dann, ob das Tatbestandsmerkmal „Wohnung“ nur für den Zeitraum der tatsächlichen Nutzung anzunehmen ist oder ungeachtet einer Nutzungsunterbrechung dauerhaft.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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