Mindestlohn macht müde Arbeitgeber munter!

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Zu Jahresbeginn 2015 wurde per Gesetz der sogenannte flächendeckende Mindestlohn eingeführt. Dies hat bei Arbeitgebern zum Teil zu sehr viel Fantasie und Kreativität im Hinblick auf die „Ausgestaltung“ der Arbeitsverhältnisse geführt. In vielen Fällen wurde Arbeitnehmern vorgegaukelt, es sei zur Erlangung des höheren Stundenlohnes der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages notwendig, was definitiv nicht richtig sein konnte, weil es sich ja um einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers handelt. In diesen neuen Arbeitsverträgen waren dann aber neben dem Stundenlohn teilweise die Arbeitszeit und auch andere wesentliche Vertragsbestandteile „umgestaltet“ oder ganz neue eingeführt worden, welche für die Arbeitnehmer eine Verschlechterung darstellen. 

Es wurden Befristungen eingefügt, Gebühren für die Nutzung von Arbeitsmitteln erhoben oder der Urlaubsanspruch nach unten korrigiert. Der Arbeitnehmer braucht dies selbstverständlich nicht hinzunehmen, sondern darf an seinem bestehenden Vertrag festhalten, ohne dass es die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat, wie das ArbG Berlin (Urt. v. 17.04.2015, Az. 28 C 2405/15) festgestellt hat. Hier wurde ein Hausmeister durch Kündigung dafür bestraft, dass er sich geweigert hatte zu akzeptieren, dass der Arbeitgeber den Mindestlohn nur zahlt, wenn sich die Arbeitszeit reduziert. 

Dem Urteil zufolge stellt die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Forderung des gesetzlichen Mindestlohns eine verbotene Maßregelung nach § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und ist damit unwirksam. Weiterer Streitpunkt, der die Arbeitsgerichte beschäftigt, ist die Frage, was genau zum Mindestlohn gehört und ob Zulagen, Gratifikationen und vor allem Trinkgelder darin bereits enthalten sein dürfen oder zusätzlich gezahlt werden müssen. Leistungen ohne Entgeltcharakter (z.B. Arbeitskleidung, Werkzeug) oder Dritter, wie Trinkgelder dürfen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, sondern sind dem Arbeitnehmer zusätzlich auszuzahlen. Ebenso verhält es sich bei Leistungen, wie Kost und Logis oder einem Dienstwagen. Zulagen oder Zuschläge sind nach dem MiLoG auch zusätzlich zu leisten. 

Wie sich diese Regelung zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Spätschichtenzuschlägen bei tariflichem Mindestlohn verhält, bleibt abzuwarten. Hier war noch vor Inkrafttreten des Gesetzes entschieden worden, dass diese Zuschläge Entgeltbestandteile sein können. Man kann sich im Moment den Grundsatz merken, dass der Großteil der zu zahlenden Zulagen und Zuschläge keine Anrechnung auf den Mindestlohn finden darf. Es ist aber stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vor der Unterzeichnung eines Vertrages eine angemessene Zeit zur Prüfung geben. Wird auf eine schnelle Unterschrift gedrängt, ist Vorsicht geboten! 

Antje Wigger, Rechtsanwältin im Arbeitsrecht


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