Duldet Arbeitgeber Überstunden im Arbeitszeitkonto, muss er sie ggf. bezahlen!

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Überstunden sind bei Duldung im Arbeitszeitkonto ggf. zu bezahlen!

Das Arbeitsgericht Emden hat in seiner Entscheidung  v. 24.9.2020 – 2 Ca 144/20 die Darlegungslast der Arbeitnehmer deutlich verbessert. Der Arbeitgeber kann auch zur Bezahlung von Überstunden verpflichtet sein, wenn er deren Anzahl gar nicht genau kennt. 

Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht, BAG,  gilt eine sogenannte abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer genügt auf der ersten Stufe der Vortragslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten habe. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen dieser von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist. 

Auf der zweiten Stufe der Prüfung, ob arbeitnehmerseitig geltend gemachte Überstunden von der Arbeitgeberin zu bezahlen sind, ist sodann zu erörtern, ob Überstunden dem Arbeitgeber zurechenbar bzw. von ihm veranlasst sind. Grundsätzlich haben dann hier die Arbeitnehmer ihre Schwierigkeiten bekommen, weil der Arbeitgeber genau das bestritten hatte. 

Das Arbeitsgericht Emden hat hier in dem vorliegenden Fall die Rechte von Arbeitnehmern im Überstundenprozess deutlich gestärkt. Das Bestreiten einer arbeitgeberseitigen „Veranlassung“ der streitgegenständlichen Überstunden durch die Beklagte sei vorliegend nicht hinreichend erfolgt. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, EuGH (v. 14.5.2019 – Rs. C-55/18 ) werde die Darlegungslast im Überstundenprozess insoweit modifiziert. Die vom Bundesarbeitsgericht BAG bislang (BAG, Urt. v.10.4.2013 – 5 AZR 122/12) geforderte – positive – Kenntnis als Voraussetzung für eine „Duldung“ der Leistung etwaiger Überstunden und damit für eine Zurechenbarkeit bzw. arbeitgeberseitige Veranlassung sei jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber sich die Kenntnis der Arbeitszeiten der Arbeitnehmer durch Einsichtnahme in die Arbeitszeiterfassung, zu deren Einführung, Überwachung und Kontrolle er verpflichtet ist, hätte verschaffen können. 

Fazit: wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeitkonten nicht überwacht und der Anhäufung von Überstunden nicht auf den Grund geht, dann wird ihm die Möglichkeit der Einsichtnahme in dieses Konto als positive Kenntnis zugerechnet und er duldet die darin enthaltenen Überstunden. 



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