Mitarbeiterinformation und Kontrolle notwendig: Nach einstweiliger Verfügung Ordnungsgeld vermeiden

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Es gibt gute Gründe, keine strafbewehrte Unterlassungserklärung nach einer Abmahnung abzugeben. Eine wirksame Unterlassungserklärung enthält immer eine Vertragsstrafe zugunsten des Abmahners für den Fall der Zuwiderhandlung. Zudem ist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sehr lange wirksam. Die Motivation des Abmahners, eine abgegebene Unterlassungserklärung zu überprüfen und dann eine Vertragsstrafe geltend zu machen ist hoch: die geforderte Vertragsstrafe, sollte tatsächlich ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung vorliegen, geht direkt in die Kasse des Abmahners. Hinzukommt, dass bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung erneut abgemahnt werden kann. In der Rechtsprechung wird angenommen, dass die ursprünglich geforderte und abgegebene Unterlassungserklärung nach einem Verstoß nicht ausreichend ist. Im Rahmen einer dann möglichen neuen Abmahnung kann dann eine Unterlassungserklärung, z.B. mit einer höheren Vertragsstrafe gefordert werden.


Gerade bei Verstößen, die häufig vorkommen können, bietet es sich nicht an, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Wenn es z.B. um fehlerhafte oder fehlende Grundpreise geht, sind es häufig Anbieter, die viele, wenn nicht sogar ausschließlich grundpreispflichtige Produkte anbieten. Rein statistisch gesehen ist ein Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung sehr wahrscheinlich. Hinzukommt, dass die geforderte Unterlassungserklärung sich in der Regel nicht auf die Plattform beschränkt, die Gegenstand der Abmahnung war, sondern ganz grundsätzlich z.B. auf die Angabe von Grundpreisen bei grundpreispflichtigen Produkten.


Betroffen sein können somit auch Angebote auf anderen Plattformen oder in der Werbung.


Keine Unterlassungserklärung kann ein gerichtliches Verfahren zur Folge habe


Ziel einer Abmahnung ist die Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens. Ein gerichtliches Verfahren im Wettbewerbsrecht sieht in der Regel so aus, dass die Unterlassungsansprüche im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Dies ist ein gerichtliches Eilverfahren.  Da das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet ergeht ein Beschluss, der aus formellen Gründen über einen Gerichtsvollzieher zugestellt wird.


In einer einstweiligen Verfügung oder einem Unterlassungsurteil gibt es keine Vertragsstrafe mehr, stattdessen wird dem Abgemahnten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro angedroht bzw. für den Fall, dass dies nicht vollstreckt werden kann, Ordnungshaft.


In der Praxis sind sehr hohe Ordnungsgelder von bis zu 250.000 Euro selten. Hinzukommt, dass das Gericht eine einstweilige Verfügung oder ein Unterlassungsurteil nicht von sich aus überprüft. Dies muss der Abmahner tun und dann einen Bestrafungsantrag bzw. einen Ordnungsgeldantrag nach § 890 ZPO stellen.


Die Motivation, einen Ordnungsgeldantrag auf Seiten des Abmahners zu stellen, ist häufig gering: Das Ordnungsgeld geht in die Staatskasse, der Abmahner hat vereinfacht gesagt, davon keine finanziellen Vorteile. Dies sieht bei einer Vertragsstrafe durchaus anders aus.


Einstweilige Verfügung einhalten


Wenn der Abmahner nicht zustellbevollmächtigt durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, wird die einstweilige Verfügung als formellen Gründen über einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Die einstweilige Verfügung ist somit mit Zustellung wirksam. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss gewährleistet sein, dass die einstweilige Verfügung auch eingehalten wird. Da der einstweiligen Verfügung in der Regel eine Abmahnung vorausgeht, hat der Abgemahnte jedoch, wenn er keine Unterlassungserklärung abgibt, Zeit, sich auf die einstweilige Verfügung vorzubereiten. Diese Zeit kann genutzt werden, indem z.B. Angebote überprüft und überarbeitet werden.


Mitarbeiter informieren und kontrollieren


Bereits mit Zustellung einer einstweiligen Verfügung sollte der Abgemahnte Vorbereitungen treffen, die später Einfluss auf ein mögliches Ordnungsgeldverfahren haben können. Neben anderen Faktoren ist für die Höhe des Ordnungsgeldes auch das Verschulden ein wichtiger Faktor. Es kommt in diesem Zusammenhang darauf an, was der sogenannte Schuldner in einem derartigen Verfahren unternommen hat, um Verstöße zu beseitigen.


Mitarbeiter informieren und genaue Vorgaben machen


Von großer Wichtigkeit ist es, dass Mitarbeiter, die z.B. mit der Produktpräsentation im Internet befasst sind, vom Abgemahnten nach Erhalt einer einstweiligen Verfügung schriftlich darüber informiert werden, was konkret zu veranlassen ist.


Die schriftliche Mitarbeiterinformation ist ein wichtiges Dokument, um später im Falle eines Ordnungsgeldverfahrens nachweisen zu können, dass der Abgemahnte und Schuldner des einstweiligen Verfügungsverfahrens alles unternommen hat, um spätere Verstöße gegen die einstweilige Verfügung zu vermeiden.


Neben der konkreten Information über den Inhalt der einstweiligen Verfügung ist es sinnvoll, ganz konkrete und sehr detaillierte Anweisungen zu geben, was zu unternehmen ist, um die einstweilige Verfügung einzuhalten. Je nachdem, um was es geht, können derartige Instruktionen sehr umfangreich sein. Es empfiehlt sich ferner, dafür Sorge zu tragen, dass nachgewiesen werden kann, dass der Mitarbeiter zu einem bestimmten Datum diese Information auch erhalten hat.


Häufiger Fehler: Urlaubsvertretung oder neue Mitarbeiter


Eine einstweilige Verfügung, bei der eine Abschlusserklärung abgegeben wurde oder ein Unterlassungsurteil sind 30 Jahre wirksam. Aus meiner Beratungspraxis sind mir durchaus Fälle bekannt, in denen Jahre später nach einer einstweiligen Verfügung ein Ordnungsgeld beantragt wurde. In der Zwischenzeit über die Jahre gesehen gibt es neue Mitarbeiter oder die Strukturen des Unternehmens haben sich verändert oder Aushilfskräfte oder eine Urlaubsvertretung bearbeitet plötzlich die Darstellung der Angebote im Internet. Es sollte unbedingt gewährleistet sein, dass alle Mitarbeiter, die z.B. mit der Produktpräsentation im Internet zu tun haben, informiert werden – und zwar schriftlich-.


Kontrolle notwendig


Der Abgemahnte bzw. z.B. die Geschäftsführung können sich rechtlich gesehen nicht einfach darauf verlassen, dass die Mitarbeiter, die Vorgaben einhalten werden. Vielmehr ist eine regelmäßige Kontrolle notwendig. Auch hier bietet es sich an, diese Kontrolle zu dokumentieren.


Wenn eine Umsetzung nicht möglich ist


Es gibt Konstellationen, bei denen ein Unterlassungstitel, gerade bei der Bewerbung im Internet nicht möglich ist, weil die Plattform die Gestaltungsmöglichkeit nicht zuverlässig zur Verfügung stellt. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ein entsprechendes Angebot nicht mehr zu nutzen. Wenn z.B. auf einer Plattform nicht rechtskonform geworben werden kann, darf das entsprechende Angebot auch nicht mehr genutzt werden.


Auf dem ersten Blick abseitige Konstellationen berücksichtigen


Es gibt gerade bei der Produktdarstellung im Internet immer wieder Konstellationen, die auf dem ersten Blick gar nicht auffalle. Es gibt Plattformen, die z.B. quasi automatisch die Angebote auch in Preissuchmaschinen darstellen, wo dann entsprechende zusätzliche Informationen ggf. ebenfalls gewährleistet sein müssen.


Bei produktbezogenen „verbotenen“ Aussagen, wie z.B. „gesundheitsbezogene Angaben beim Angebot von Lebensmitteln“ haftet der Shopbetreiber auch für Kundenrezensionen im eigenen Internetshop.


Es bietet sich daher an, gemeinsam mit dem gesamten Team zu überlegen, wo entsprechende Verstöße vorkommen können.


Und wenn es dann doch zum Ordnungsgeldantrag kommt?


Bei einem Bestrafungsantrag oder Ordnungsgeldantrag bietet sich eine anwaltliche Vertretung an.


Abgesehen davon, dass im Ordnungsgeldverfahren vor einem Landgericht Anwaltszwang herrscht, d.h. eine Vertretung ist ausschließlich über einen Rechtsanwalt zulässig, besteht in derartigen Fällen die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge darzulegen. Nicht jeder Ordnungsgeldantrag ist  berechtigt. Sollte er berechtigt sein, gibt es verschiedene Faktoren, die einen erheblichen Einfluss auf die Höhe des dann festgesetzten Ordnungsgeldes haben können.


Zu mir und meiner Tätigkeit:


Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.


Sie haben auch einen Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes erhalten?


Wenn Sie einen Bestrafungsantrag bzw. einen Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes  erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:


  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).



  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.



Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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