Mithaftung trotz Vorfahrt – wenn man irrtümlich blinkt

  • 2 Minuten Lesezeit

Eine interessante Entscheidung zu einer recht häufigen Verkehrssituation hat das LG Saarbrücken am 7.6.13 zum A.Z. 13 S 34/13 gefällt. Der auf der Vorfahrtsstraße befindliche Pkw-Fahrer hatte an einer Einmündung kurz nach rechts geblinkt, war dann aber doch geradeaus weiter gefahren. Die Klägerin war nun, aus der untergeordneten Straße kommend, nach links in die bevorrechtigte Straße eingebogen und hatte sich aufgrund des Blinkens des späteren Unfallgegners darauf verlassen, dass sie einbiegen konnte. Es kam zum „Knall".

Wie ist nun die Haftung zu verteilen?

Das LG Saarbrücken stellte zunächst klar, dass bei JEDEM einbiegen in eine bevorrechtigte Straße der Beweis des ersten Anscheins gegen denjenigen spricht, der aus der untergeordneten Straße kommt. Dies folgt aus § 8 StVO und gilt jedenfalls dann, wenn der Wartepflichtige sich noch nicht ohne Behinderung des vorfahrtberechtigten Verkehrs eingeordnet hatte. Dann trifft den Vorfahrtsberechtigten keine Mitschuld.

Weist der Wartepflichtige aber Umstände nach, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit der Abweichung von diesem „Grund-Geschehensablauf" ergibt, ist der Anscheinsbeweis erschüttert, wie die Juristen sagen.

Was bedeutet das nun für unseren Rechtsblinker-Fall?

In dem irrtümlichen Blinken (Juristendeutsch: „Fahrtrichtungsanzeiger setzen") liegt ein Verstoß gegen § 1 II Straßenverkehrsordnung (StVO). Denn jeder Verkehrsteilnehmer ist verpflichtet, an die jeweilige Einmündung mit ausreichend Vorsicht heranzufahren. Und zwar auch dann, wenn er Vorfahrt hat. Dies hat hier der Vorfahrtsberechtigte verletzt. Man könnte sagen, er hat durch sein Blinken die Situation unübersichtlich gemacht. Er hafte daher in der geschilderten Konstellation zu - jetzt kommt es - 20% mit. So befand jedenfalls das LG Saarbrücken.

Man sollte nicht den Fehler machen, Urteile wie das oben geschilderte auf die eigene Verkehrssituation ungeprüft zu übertragen. Dies ist generell gefährlich. In Konstellationen wie der vorstehend dargestellten kommt es auf viele Faktoren an, die der Einzelfall enthält. So wird die gefahrene Geschwindigkeit eine Rolle spielen und auch die Frage, wie lange und mit welcher Wirkung auf die anderen Verkehrsteilnehmer geblinkt wurde. Zudem muss der Verstoß eben auch bewiesen werden. Hier spielt also auch eine Rolle, ob Zeugen das fälschliche Blinken gesehen haben, oder der Unfallgegner dies vielleicht sogar eingestanden hat.

Nähere Informationen zu dieser Unfallkonstellation und dem Urteil des LG Saarbrücken finden Sie unter:

www.ra-hartmann.de/vordermann-blinkt-biegt-aber-nicht-ab-haftung-trotz-vorfahrt-dr.-hartmann-partner.html

Verfasser: Dr. Henning Karl Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht (Oranienburg)

Dr. iur. Henning Karl Hartmann
Rechtsanwalt in Oranienburg bei Berlin


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Henning Hartmann

Beiträge zum Thema