Nötigung im Straßenverkehr - wann ist der Tatbestand erfüllt?

  • 2 Minuten Lesezeit

Nötigung im Straßenverkehr: Stellt „Drängeln“ oder „beharrlich dichtes Auffahren“ bereits eine Nötigung dar? Eine Nötigung setzt nach § 240 StGB voraus, dass ein Mensch mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt wird und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht Ein spezieller verkehrsrechtlicher Tatbestand existiert trotz wiederkehrender Debatten nicht.

Strafanzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr

Frau Scholz* befuhr gegen 7:40 Uhr die Marienfelder Allee in Richtung Hildburghauser Straße. Unmittelbar vor der Hildburghauser Straße wurde sie von dem Fahrzeug von Hans Fischer* überholt. Der Fahrzeugführer schnitt sie und bremste sie aus, um sich mit seinem PKW unmittelbar vor ihren Motorroller zu setzen, sodass diese zu einer Notbremsung gezwungen wurde.

Beide Fahrzeuge bogen nach rechts in die Straße ein und anschließend stellte sich das Fahrzeug von Herrn Fischer schräg auf die Fahrbahn, sodass Frau Scholz nur mit Schwierigkeiten rechts an dem PKW vorbeifahren konnte, um in die nächste Straße, gefolgt von Herrn Fischer abzubiegen. Hans Fischer überholte die Rollerfahrerin erneut und schnitt sie. Danach trat er auf die Bremse (ausbremsen), sodass Frau Scholz erneut zu einer Gefahrenbremsung gezwungen wurde. Durch die Fahrmanöver des Fahrzeugführers fühlte sich Frau Scholz genötigt und bestand auf eine Anzeige. Auf den Schriftsatz des Verteidigers wurde das Verfahren gegen Fischer eingestellt und ein zumindest drohendes Fahrverbot vermieden.

Die anwaltliche Beratungspraxis wegen des Vorwurfs der Nötigung im Straßenverkehr

Der Tatbestand der Nötigung wird in der richterlichen Rechtsprechung teilweise unübersichtlich und großzügig gehandhabt. Danach kann ein bedrängendes Fahren, wenn der erforderliche Sicherheitsabstand wesentlich verkürzt wird, eine Nötigung darstellen. Allerdings soll nicht jede Nichtbeachtung des Sicherheitsabstandes eine Nötigung darstellen. Vielmehr liegt eine Nötigung vor, wenn das „Drängeln“ von einiger Dauer und großer Intensität ist. Die Bewertung des jeweiligen Verhaltens liegt in einer Einzelfallbetrachtung. Das sog. „Ausbremsen“ kann grundsätzlich eine Nötigung darstellen.

In gefestigter Rechtsprechung liegt jedenfalls dann Gewalt vor, wenn der Vorausfahrende eine Vollbremsung macht, die den nachfolgenden Fahrer zum Anhalten zwingt. Ebenfalls wird von einer Nötigung ausgegangen, wenn der Vorausfahrende seine Geschwindigkeit ohne verkehrsbedingten Grund massiv reduziert, um den Fahrer des nachfolgenden Fahrzeuges zu einer unangemessen niedrigen Geschwindigkeit zu zwingen und der Nachfolgende das ihm vom Täter aufgezwungene Verhalten nicht durch Ausweichen oder Überholen vermeiden kann.

Expertentipps zum Vorwurf der Nötigung

  1. Sollten Sie mit dem Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr konfrontiert werden, wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Dieser kann in Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung beratend tätig werden und Sie gegebenenfalls vertreten. Dies gilt insbesondere, sofern eine Entziehung der Fahrerlaubnis oder ein Fahrverbot angeordnet wurde.
  2. Es besteht keine Verpflichtung, einer Ladung zur polizeilichen Vernehmung nachzukommen.
  3. Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und insbesondere keine Angaben zum Halter bzw. Fahrer des Fahrzeuges.

*Namen wurden geändert.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt und Strafverteidiger Gregor Samimi | Fachanwalt für Verkehrsrecht, Versicherungsrecht und Strafrecht

Beiträge zum Thema