Öffentlich-rechtliche Beschränkung (Covid-19) als Mangel im Gewerberaummietrecht

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Die Covid-19-Pandemie hat nicht nur gesundheitliche und gesellschaftliche Auswirkungen, sondern auch ganz erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen.

Diese wirtschaftlichen Folgen treten häufig im Rahmen von Gewerberaummietverträgen zu Tage, da durch öffentlich-rechtliche Beschränkungen die Nutzung der Mietobjekte erheblich eingeschränkt wird und sich für die Mieter die Frage stellt, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, dem wirtschaftlichen Verlust entgegenzuwirken.

Wie diese öffentlich-rechtlichen Beschränkungen rechtlich zu bewerten sind und ob sich hieraus Ansprüche bzw. Rechte gegenüber dem Vermieter herleiten lassen, war in jüngster Zeit häufig Gegenstand obergerichtlicher Entscheidungen.

Insbesondere stellt sich die Frage, ob dem Mieter Minderungsrechte zustehen.

I. Entscheidung Oberlandesgericht Hamm vom 24.09.2021

Das OLG Hamm hatte in einem Verfahren die Frage zu entscheiden, ob öffentliche-rechtliche Beschränkungen Mängel darstellen und die Voraussetzungen einer Mietminderung gegeben sind.

1. Sachverhalt

Der/ die Mieter/in hatte Gewerbeflächen und Werkstatträume für den Ankauf und die Bewertung von Fahrzeugen gemietet. In der Zeit vom 18.03.2020 bis zum 20.04.2020 war die Geschäftsräume aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geschlossen.

Der/ die Mieter/in  minderte während des Mietverhältnisses die Miete mit der Begründung, dass wegen der öffentlich-rechtlichen Beschränkungen das Mietobjekt nicht nutzbar sei und damit mangelhaft im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB.

2. Entscheidung 

Das OLG Hamm stellte in seinem Urteil fest, dass die Voraussetzungen einer Minderung der vertraglich geschuldeten Miete im vorliegenden Fall nicht vorliegen.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Voraussetzung hierfür, dass die durch die gesetzgeberischen Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache in Zusammenhang steht.

Zwar seien durch die behördlichen Schließungen und Einschränkungen anlässlich der Pandemie faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden verhindert oder beschränkt worden.

Nach Auffassung des Gerichts war aber nicht die räumliche Lage und Erreichbarkeit des Mietobjektes, also seine körperliche Beschaffenheit selbst betroffen. Auch die Überlassung des Mietobjekts an sich war nicht untersagt. Vielmehr war durch die behördlichen Anordnungen lediglich die Art der Durchführung des Geschäftsbetriebes und des im Mietobjekt stattfindenden Publikumsverkehrs eingeschränkt und geregelt.

II. Entscheidung Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 19.03.2021

Eine ähnliche Frage hatte das OLG Frankfurt im März 2021 zu entscheiden, wobei hier ein Mietobjekt zum Betrieb eines Einzelhandels für Damenoberbekleidung betroffen war.

Auch das OLG Frankfurt entschied, dass der Mieter nicht wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache berechtigt war, den Mietzins gemäß § 536 Abs. 1 BGB zu mindern. Denn nach Auffassung des Gerichts wies die Mietsache trotz der behördlichen Beschränkungen weder einen Mangel auf, noch fehlte ihr eine zugesicherte Eigenschaft.

III. Gestaltungsmöglichkeiten

Diese Entscheidungen stellen die Mieter vor erhebliche Probleme. Denn häufig werden Gewerberaummietverträge mit festen Laufzeiten abgeschlossen, sodass das ordentliche Kündigungsrecht sowohl für den Mieter als auch den Vermieter ausgeschlossen ist.

In dieser wirtschaftlichen schwierigen Situation lohnt es sich, den Vertrag auf mögliche Schwachstellen überprüfen zu lassen. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf das Schriftformerfordernis bei langfristigen Mietverträgen gelegt werden.

Denn bei langfristigen Mietverträgen ist das Formerfordernis gemäß § 550 BGB von erheblicher Bedeutung.

§ 550 BGB lautet wie folgt:

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig. 

Im Falle eines Formfehlers liegt also kein langfristiger (befristeter) Mietvertrag vor, sondern ein unbefristeter Mietvertrag, der unter  Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden kann.

Sollte in dem Vertrag also ein Schriftformmangel vorliegen, wäre also eine Schriftformkündigung das „Mittel der Wahl“, wenn ein langfristiges Mietverhältnis vorzeitig beendet werden soll.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass selbst dann, wenn die ursprüngliche Urkunde schriftformkonform war, im Laufe einer längeren Mietzeit häufig Vertragsänderungen vereinbart wurden, die in einen Schriftformverstoß und damit in eine Kündigungsmöglichkeit münden. Insbesondere bei vermeintlich „unwichtigen Vertragsänderungen“.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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