OLG Rostock: Behörde darf „Blitzerdaten“ durch priv. Unternehmen auswerten lassen

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Die Auswertung von Rohdaten einer Geschwindigkeitsmessung durch ein privates Unternehmen im Auftrag der Bußgeldbehörde begründet kein Beweisverwertungsverbot in Bußgeldverfahren. Dies hat das Oberlandesgericht Rostock mit Beschlüssen vom 17.11.2015 entschieden.

Amtsgericht: Datenauswertung durch privates Unternehmen begründet Beweisverwertungsverbot

Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hatte gegen mehrere Autofahrer Bußgeldbescheide wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen erlassen. Die Bescheide basierten auf Messergebnissen eines privaten Unternehmens, das vom Landkreis mit Auswertung der Rohmessdaten beauftragt worden war. Die Betroffenen legten Einspruch ein. Das Amtsgericht sprach sie daraufhin frei. Bei der Datenauswertung handle es sich um eine originär hoheitliche Tätigkeit, die der Landkreis dem privaten Unternehmen nicht hätte übertragen dürfen. Zudem widerspreche dies einem einschlägigen Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern. Das Amtsgericht nahm als Konsequenz ein generelles Beweisverwertungsverbot an. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde ein.

Oberlandesgericht: Beauftragung eines privaten Unternehmens mit Datenauswertung möglich

Das OLG hat der Rechtsbeschwerde stattgegeben und die Sache zurückverwiesen. Nach seiner Ansicht ist die Praxis des Landkreises nicht zu beanstanden. Die Überlassung der Rohmessdaten durch die Bußgeldbehörde an ein privates Unternehmen zur Aufbereitung und Auswertung für das weitere Verfahren sei nicht grundsätzlich unzulässig. Nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz sei die Beauftragung von Sachverständigen mit der Auswertung ordnungsgemäß erlangter Beweismittel rechtlich möglich, in zahlreichen anderen Verfahrensordnungen vorgesehen und gängige Praxis.

Einschaltung privater Sachverständiger auch in anderen Fällen üblich

Als Beispiel nennt das OLG Blutprobenanalysen zur Bestimmung der Alkoholkonzentration oder zum Nachweis des Konsums illegaler Drogen, DNA-Analysen zur Identitätsfeststellung oder auch die Auswertung elektronisch gespeicherter Daten in Fällen sogenannter Cyberkriminalität. Auch dafür zögen Ermittlungsbehörden und Gerichte regelmäßig Sachverständige hinzu oder befragten sachverständige Zeugen, die nicht notwendig im öffentlichen Dienst beschäftigt sein müssten.

Private Unternehmen müssen PTB-Vorgaben für Datenauswertung erfüllen

Laut OLG sieht auch der Erlass des Wirtschaftsministeriums die Möglichkeit vor, die Aufbereitung und Auswertung von Blitzerdaten vertraglich an private Dienstleister zu übertragen. Voraussetzung sei, dass die privaten Unternehmen die einschlägigen Vorgaben der physikalisch-technischen Bundesanstalt für die Datenauswertung und bestimmte Qualitätsanforderungen – auch in datenschutzrechtlicher Sicht – erfüllen.

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