Opferschutz – Tötung auf Verlangen – LG-Bezirk Augsburg

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Die Tötung auf Verlangen ist nicht straflos. Nach der gesetzlichen Regelung des § 216 StGB wird der Täter, der durch ausdrückliches und ernsthaftes Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden ist, mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Für den Täter bedeutet dies gegenüber dem Totschlag mit einer Strafandrohung von mindestens fünf Jahren oder Mord mit lebenslänglicher Strafandrohung eine erheblich kürzere Haftdauer. Liegen die Voraussetzungen der Tötung auf Verlangen vor, so ist auch eine Bewertung der Tat als Mord ausgeschlossen (vgl. RG 53, 293). Der Bundesgerichtshof hat sich bereits vor Jahren im Fall des „Kannibalen von Rothenburg" mit dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen befasst.

Der Verfasser dieses Rechtstipps ist seit über 10 Jahren im Schwerpunkt als Zeugenbeistand und Opferbeistand tätig. Er ist langjähriges Mitglied im „Weissen Ring" und verfügt über die theoretischen Qualifikationen eines Fachanwalts für Strafrecht. In Fällen, wie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2011, in welchem ein Paar vermeintlich den Freitod gewählt hatte, sollte genau geprüft werden, ob die Einsichts- und Willensfähigkeit des Opfers beeinträchtigt war. Ein Opferanwalt kann hier weitergehende Unterstützung bei der Ermittlung der Umstände mit den Angehörigen bieten. Auch Angehörige und Hinterbliebene eines Opfers können kostenfreien Rechtsschutz erhalten.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 14.09.2011 - 2 Str 145/11 - seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach das Tötungsverlangen des Opfers, welches den Täter zur Tat bestimmt, ausdrücklich und ernsthaft sein muss: „Ernstlich ist ein derartiges Verlangen nur, wenn es auf fehlerfreier Willensbildung beruht. Der seinen Tod verlangende Mensch muss dazu die Urteilskraft besitzen, um die Bedeutung und Tragweite seines Entschlusses zu überblicken und abzuwägen. Dementsprechend ist einem Tötungsverlangen die Anerkennung im Sinne des Privilegierungstatbestands für den Täter zu versagen, wenn das Opfer durch eine Erkrankung in seiner natürlichen Einsichts- und Willensfähigkeit beeinträchtigt war und es deshalb die Tragweite seines Entschlusses, sich töten zu lassen, nicht überblickte. Unbeachtlich ist aber auch ein Tötungsverlangen in depressiver Augenblicksstimmung, zumindest wenn es nicht von innerer Festigkeit und Zielstrebigkeit getragen wird (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2010 - 3 StR 168/10)." Der 2. Senat des Bundesgerichtshofs bestätigte die Erwägungen des Landgerichts Wiesbaden vom 01.10.2010: „Einen solchen Fall hat das Landgericht mit Hinweis darauf ausgeschlossen, dass der Angeklagte die Tat planmäßig in Etappen ausgeführt habe, ein Impulskontrollverlust nicht eingetreten sei, Empathie vorgelegen habe, die Wahrnehmung des Geschehens und seine Erinnerung hieran nicht beeinträchtigt gewesen sei, der Notarzt sein Verhalten kurz vor der Tat als normal beschrieben habe und erst nach der Tat eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome eingetreten sei."


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