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Passagiere dürfen auch ohne Gepäck abheben

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Flugreisende dürfen mit einem Anschlussflug auch ohne ihr Gepäck weiterfliegen, wenn sie zwischenzeitlich nicht darauf zugreifen konnten. Bei Nichtbeförderung besteht Anspruch auf Entschädigung. Die Sicherheitsbestimmungen im Luftverkehr verbieten es, Flugreisende und ihr Gepäck in verschiedenen Flugzeugen zu transportieren - allerdings mit Ausnahmen. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar.

Passagiere verlangen Entschädigung für eintägige Zwangspause

Anlass für das Urteil war die verweigerte Weiterbeförderung mehrerer Reisender auf dem Weg von München nach Curaçao mit Zwischenstopp Amsterdam. Eine Verspätung beim Abflug in München sorgte dafür, dass die Fluggäste ihren Anschlussflieger, zwar zwanzig Minuten später als geplant, aber dennoch hätten erreichen können. Für ihre Koffer und Taschen galt das wegen des noch notwendigen Umladens allerdings nicht. Ein  vom später beklagten Flugunternehmen fehlerhaft angenommenes Sicherheitsrisiko sorgte dafür, dass auch die Gepäckinhaber zunächst am Boden bleiben mussten. Erst mehr als 24 Stunden später konnten sie mit dem Gepäck weiterreisen. Einer von ihnen klagte daraufhin eigene Ansprüche und von acht seiner Mitreisenden ein. Die entsprechende Fluggastverordnung sieht in diesem Fall einerseits eine pauschale Entschädigung von 600 Euro je Person vor. Zudem können Schadensersatzansprüche wegen der hier notwendigen Übernachtung und Selbstversorgung bestehen.

Sicherheitsrisiko nur bei möglichem Einfluss des Passagiers aufs Gepäck

Zumindest, was die Ausgleichsleistung von 600 Euro betrifft, erhielt der Kläger nun recht. Das hatten ihm die beiden Vorinstanzen noch verwehrt. Ein Sicherheitsrisiko besteht nur, wenn Reisende auf ihr Reisegepäck Einfluss nehmen konnten. Bei dem Flug, um den sich der Streit drehte, war das jedoch ausgeschlossen. Denn das Gepäck war bereits in München für den gesamten Flugverlauf bis Curaçao eingecheckt - ein zwischenzeitlicher Zugriff damit unmöglich. In diesem Fall müssen auch die Passagiere selbst nicht spätestens 45 Minuten vor dem Start nochmals einchecken, wie es die Fluggastverordnung vorsieht - der Weiterflug wäre mit den bereits in München ausgehändigten Bordkarten problemlos möglich gewesen. Das Flugunternehmen muss daher die pauschale Entschädigung zahlen.

Über den ebenfalls geltend gemachten Schadensersatz aufgrund der unnötigen Übernachtung, Beschaffung von Ersatzkleidung wegen des nicht verfügbaren Gepäcks und notwendiger Verpflegung muss allerdings noch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entscheiden, da es hierfür noch weiterer Feststellungen bedarf.

(BGH, Urteil v. 28.08.2012, Az.: X ZR 128/11)

(GUE)

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