Personenschaden im Straßenverkehr: Welche Schadenspositionen können geltend gemacht werden?

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Unfälle im Straßenverkehr sind alltäglich Ereignisse. In den meisten Fällen entsteht nur geringer Sachschaden, der bei klarer Rechtslage zügig vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ausgeglichen wird.

In anderen Fällen geht der Unfall nicht so glimpflich aus. Gerade bei Unfällen zwischen Autos und Fußgängern oder Radfahrern oder bei Unfällen bei hoher Geschwindigkeit auf der Landstraße oder Autobahn kommt es fast immer zu Verletzungen mindestens eines Unfallbeteiligten. Je nach Schwere der Verletzungen stellt sich dann die Frage, was der Verletzte vom Unfallgegner als Schadensersatz verlangen kann. Dieser Rechtstipp soll einen kleinen Überblick über die möglichen Schadenspositionen ermöglichen und an entsprechender Stelle auf Fallstricke bei der Regulierung hinweisen.

Schmerzensgeld

Das Schmerzensgeld ist sicher die allgemein geläufigste Schadensposition bei der Regulierung eines Unfallschadens. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann bei Haftung dem Grunde nach wegen der Verletzung des Körpers, der Gesundheit und bestimmter anderer Rechtsgüter eine billige Entschädigung in Geld auch für den Schaden gefordert werden, der nicht Vermögensschaden ist. Das bedeutet, es besteht die Möglichkeit, für die erlittenen Ängste, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Minderungen der Lebensqualität usw. einen Ersatz in Geld zu verlangen. Diese Ausgleichsfunktion umfasst sämtliche immateriellen Schäden bis zum Abschluss des Heilungsprozesses. Außerdem deckt es die Dauerfolgen des Unfalls ab, sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht.

Dem Schmerzensgeld kommt auch eine Genugtuungsfunktion zu. Das bedeutet, der Geschädigte soll mit dem Schmerzensgeld gegenüber dem Schädiger auch eine bestimmte Genugtuung vermittelt bekommen, sozusagen einen gefühlsmäßigen Ausgleich für das Erlittene. Diese Funktion ist insbesondere bei der Berechnung des Schmerzensgeldes bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens von Belang. Ein Schmerzensgeld, das auf Verletzungen aus einer Vorsatztat herrührt, muss wegen seiner Genugtuungsfunktion deshalb höher angesetzt werden, als eines für die gleichen Verletzungen, wenn sie lediglich fahrlässig verursacht worden sind.

Üblicherweise steht am Ende des Heilungsprozesses eine Vereinbarung der Parteien über das Schmerzensgeld. Diese kann in einer Einmalzahlung als Abgeltung des Schmerzensgeldanspruchs bestehen. Es gibt auch die Möglichkeit eine Schmerzensgeldrente, sog. Leibrente, zu vereinbaren, oder beide Formen zu kombinieren. Abgegolten werden können aber auch durch einen Abfindungsvergleich nur solche Schmerzensgeldansprüche, die unfallbedingte Verletzungen oder Verletzungsfolgen zum Gegenstand haben, die zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits vorlagen oder aus medizinischer Sicht für die Zukunft möglich erscheinen. Später auftretende Beschwerden, deren zukünftiges Auftreten zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht absehbar war, führen zu einem neuen, mit dem Vergleich nicht abgegoltenen Schmerzensgeldanspruch.

Schmerzensgeld, ob in einer Summe oder als Leibrente gezahlt, muss nicht versteuert werden.

Haushaltsführungsschaden

Der Haushaltsführungsschaden findet erst in neuerer Zeit immer mehr statt in der Schadensregulierung. Er betrifft den Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Verletzter seinen Aufgaben im Haushalt nicht mehr oder nicht mehr wie vor dem Unfall nachkommen kann, und die Aufgaben deshalb durch eine andere Person erledigt werden müssen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass dabei tatsächlich Kosten entstehen. Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens ist sehr kompliziert. Das hat oftmals zur Folge, dass bei kleineren Schäden mittels einer einvernehmlichen Schätzung ein Pauschalbetrag ermittelt wird. Bei längerem Ausfall des Geschädigten lohnt es sich aber, auch beim Haushaltsführungsschaden genauer hinzusehen. Nicht selten kommen dabei vierstellige Beträge heraus.

Erwerbsschaden

Eine der am schwierigsten zu berechnenden, im Einzelfall für den Betroffenen aber oftmals existenziellen Schadenspositionen bildet der Erwerbsschaden. Diese Schadensposition betrifft diejenige Einkommenseinbuße, die der Geschädigte aufgrund einer unfallbedingten verminderten Arbeits- oder Berufsfähigkeit erleidet. Der schwer an der Hüfte verletzte Geschädigte, der bleibende Schäden zurückbehält, wird nach dem Unfall kaum seine bisherige Arbeit als Facharbeiter bei der Montage von Autoteilen in einer Fertigungsstraße eines großen Pkw-Herstellers wieder ausüben können. Erleidet er dadurch Einkommenseinbußen, sind ihm diese vom Unfallgegner zu ersetzen. Wie im Einzelnen der Verdienstausfall zu berechnen ist, ist Geschmackssache.

Letztendlich gibt es drei anerkannte Wege der Berechnung. Alle drei haben als Ziel, dass der Geschädigte am Ende seinen Nettoverdienst unter Berücksichtigung sämtlicher anderer unfallbedingten Zahlungen, etwa einer Rente aus einer privaten oder gesetzlichen Unfallversicherung, auf das alte Niveau aufgestockt bekommt und die auf diese Aufstockung entfallenden Steuern vom Unfallgegner getragen werden.

Unter Umständen kann der Geschädigte sogar die Kosten für eine Umschulung erstattet verlangen.

Äußerst kompliziert und unter Schadensrechtlern heftig umstritten ist die Berechnung des Erwerbsschadens eines Selbstständigen. Hier muss oftmals festgestellt werden, welche Einbußen überhaupt vorliegen und ob diese durch den unfallbedingten Ausfall des Geschädigten verursacht wurden. Gegebenenfalls muss der Geschädigte sogar jemanden anstellen, der seine Aufgaben in der Zeit seines unfallbedingten Ausfalls übernimmt. Der Erwerbsschaden des Selbstständigen ist deshalb in den meisten Fällen nicht gerichtsfest darstellbar.

Heilbehandlungskosten und vermehrte Bedürfnisse

Unfallbedingte Heilbehandlungskosten sind zu ersetzen, soweit sie nicht vom Sozialversicherungsträger (Krankenversicherung oder Berufsgenossenschaft) getragen werden und medizinisch gesehen erforderlich sind. Erwähnenswert sind hierbei die Besuchskosten naher Angehöriger, bei Krankenhausaufenthalt des Geschädigten.

Vermehrte Bedürfnisse sind solche unfallbedingten Mehraufwendungen für die persönliche Lebensführung, die den Zweck haben, solche Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten aufgrund eines erlittenen körperlichen Dauerschadens entstehen. Dies betrifft insbesondere die Finanzierung von Hilfsmitteln für die körperliche Fortbewegung, des behindertengerechten Umbaus der Wohnung des Geschädigten oder die Kosten einer Pflegekraft. Dabei muss wieder die Erforderlichkeit der Maßnahme feststehen, und es sind bei der Geltendmachung die Aufwendungen der Sozialversicherungsträger zu beachten.

Bei Eintritt des schwersten denkbaren Personenschadens, der Tötung eines Unfallbeteiligten, sind weitere Schadenspositionen, wie etwa der Unterhaltsausfallschaden bis zum Unfall Unterhaltsberechtigter oder der Schockschaden naher Angehöriger zu berücksichtigen. Die Schadensregulierung nach der Tötung eines Unfallbeteiligten ist allerdings so komplex, dass ich bei Gelegenheit einen eigenen Rechtstipp darüber verfassen werde.

Diese Darstellung erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit und soll lediglich einen Eindruck von denjenigen Schadenspositionen vermitteln, an die im Regelfall gedacht werden sollte.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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